Road House ist Dirty Dancing für Männer!“ meint Kelly Lynch in den umfassenden Extras – und sie hat Recht. Irgendwann Ende der 1990er nahm ich mir Road House aus unserer Videothek mit und war überrascht, wie gut der Film ist. Produzent Joel Silver hatte damals einen Run mit seinen Produktionen (Predator, Stirb Langsam, Lethal Weapon) und spendierte dem Newcomer Rowdy Herrington 14 Millionen Dollar und ein Team der besten Leute für einen Patrick Swayze-Film, der sich an 13jährige Jungs richten sollte. Ich war damals zwar schon längst jenseits der 13, fühlte mich aber dennoch von dem Streifen voll angesprochen, der schlichtweg eine Wundertüte bester Spät-80er-Unterhaltung ist. Ob Road House auch heute noch so gut unterhält? Ist der Film gut gealtert – oder muss man sich heute für seinen Geschmack von damals schämen? Finden wir es heraus! Dank CAPELIGHT PICTURES gibt es diesen handgemachten Actionklassiker nun endlich remastert als 3-Disc Limited Collector’s Edition im UHD-Mediabook (4K Ultra HD + Blu-ray + Bonus-Blu-ray).

Regie: Rowdy Herrington

Darsteller: Patrick Swayze, Kelly Lynch, Sam Elliot, Ben Gazzara, Red West, Jeff Healey, Marshall Teague

Musik Michael Kamen

Kamera: Dean Cundey (Jurassic Park, 1993 / Apollo 13, 1995 / Zurück in die Zukunft 1-3)

Stuntkoordinator: Charlie Picerni

Fighttrainer: Benny „Jet“ Urquidez (spielt aktuell in der Cynthia Rothrock Produktion Black Creek mit)

Artikel von Kai Kinnert

James Dalton (Patrick Swayze), ein Mann mit dubioser Vergangenheit und einem Hochschulabschluss in Philosophie, arbeitet als Rausschmeißer für Lokale und Clubs. Er ist bekannt dafür, Konflikte zwischen den Gästen diskret, aber wenn nötig auch hart und kompromisslos zu lösen. Seiner Professionalität verdankt er schon bald die Stelle als Geschäftsführer im heruntergekommenen Nachtclub Double Deuce, dessen einst guten Ruf er wiederherstellen soll. Gemeinsam mit den von ihm ausgebildeten Türstehern verschafft er sich schnell Respekt, unterbindet Schlägereien und sorgt dafür, dass das Geschäft wieder floriert. Der Erfolg macht das Double Deuce jedoch für den Schutzgelderpresser Brad Wesley (Ben Gazzara) und dessen Schlägertruppe interessant, die ein lukratives Geschäft wittern und den Laden so richtig aufmischen und ausnehmen wollen – doch sie haben die Rechnung ohne Dalton gemacht!

Ja, der Film ist gut gealtert! Was mich damals angenehm überraschte, funktioniert heute noch. Highlight des Films sind wie eh und je die Actionszenen, von denen es neun an der Zahl gibt, die gute Kameraführung durch Dean Cundey (Zurück in die Zukunft 1-3, Jurassic Park, Apollo 13), der absolut hörbare Blues-Rock-Soundtrack von Jeff Healey und seiner Band, die gute Besetzung und die überraschend harten Kampfszenen Swayzes. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten war Swayze in Top-Form und wurde von der Kickbox-Legende Benny „Jet“ Urquidez trainiert, der in den Extras verrät, wie er den Kampfstil und die Bewegungen für Patrick Swayze entwickelte. „Patrick Swayze war Tänzer und als ich das erkannte, war es ganz leicht ihn zu trainieren. Wir trainierten mit Musik, jede Bewegung ist musikalisch und so übten wir immer zu Michael Jackson.“ erklärt Urquidez in den Extras.

Überhaupt spielt Kampfsport eine wichtige Rolle in der Produktion, für die der Second Unit Director und Stunt-Koordinator Charlie Picerni lauter Komparsen anheuerte, die auch in Kampfsport erprobt waren. „In der Kneipenschlägerei zu Anfang prügeln sich 42 Leute auf einmal. Wir haben mit acht Kameras gleichzeitig gedreht und als es losging, war das Set in Sekunden zerstört. Es sah aus wie auf dem Schlachtfeld! Nach dem Cut kam sofort ein Team ans Set, hat aufgeräumt und neue Requisiten aufgestellt. Das haben wir ein paarmal so gemacht. Es war toll!“ freut sich Picerni begeistert im Interview. Man merkt es dem Film an, dass hier mit Spaß an der Sache und einer großen Portion Kampfsporterfahrung gedreht worden ist. Die Schlägereien, Stürze, Tritte und Kampfsport-Combos sehen gut aus, da wurde ernsthaft zugelangt. Gerade das große Finale am Fluss zwischen Marshall Teague und Patrick Swayze ist eine toughe Nummer, bei der sich beide Schauspieler nichts geschenkt hatten. Swayze und Teague mochten sich zu Anfang der Dreharbeiten gar nicht, ignorierten sich sogar, und fanden erst im wochenlangen Training für das Finale zueinander. Die Körpertreffer im Finale sind echt, beide waren während der Dreharbeiten grün und blau geschlagen, was vor jedem weiteren Take kaschiert werden musste. Da Swayze mit nacktem Oberkörper drehte, konnte er keinen Schutz vor Schlägen tragen und bekam so von Marshall Teague ordentlich eingeschenkt, der sich im Kampfsport ziemlich gut auskennt und eher zum Straßenkampf neigt. Er zeigt seine Fähigkeiten im ersten Finale recht anschaulich mit dem Billardqueue und einigen guten Combos. Die anfängliche Abneigung beider Schauspieler zueinander wendete sich im Laufe der Dreharbeiten zu einer großen, dicken Freundschaft. Marshall Teague und Patrick Swayze wurden beste Freunde, was Teague sichtlich anrührt, denn er hat Swayzes letzte SMS, die er unmittelbar vor seinem Tode an Teague schickte, noch immer auf dem Handy. „Die Nachricht werde ich nie löschen. Er fehlt mir so sehr.“

Überhaupt, diese Extras. Um es hier kurz abzuhandeln: Der Film funktioniert auch heute noch prächtig. Dieser kleine Low-Budget-Film sieht, dank seiner sorgfältigen Umsetzung, auch heute noch gut aus. Die One-Liner sitzen, Sam Elliot ist bodenständig und charmant, Kelly Lynch süß und sexy, Jeff Healey rockt den Blues, es gibt zwei kräftige Explosionen, einen Monstertruck, vulgäre Witzchen, High-Waist Jeans und Vokuhila, Neonlicht und im entscheidenden Augenblick gut auf die Fresse. Was will man also mehr? Echtes Kino für 13jährige Jungs, Joel Silvers Vorgabe ist bestens aufgegangen und überzeugt auch heute noch den Zuschauer jenseits der 50. Mich hat der Film voll abgeholt, es war ein großer Spaß, sich diesen Streifen nach so vielen Jahren noch einmal zu geben.

Gerade die Extras sind sehr sehenswert! Zwar erzählt auch hier jeder, wie toll die Dreharbeiten waren und wie lieb man sich hatte – doch im Gegensatz zum PR-Gefasel mancher Stars glaubt man das den Beteiligten sofort. Ein wichtiger Grund für die großartige Stimmung am Set war Jeff Healy, der an jedem Drehtag die Mittagspause nutzte, der Filmcrew ein 30minütiges Konzert zu geben. Die Musik im Film kam zwar Playback vom Band, wurde aber korrekt mitgespielt und sobald der Regisseur „Cut!“ rief, wurden Verstärker und Mikrofone angeschaltet und Jeff Healy & Band spielten live bis zum nächsten Take. Angenehm auch Kelly Lynch. In den Extras erzählt sie mit ironischer Distanz von den Dreharbeiten, die auch für Regisseur Rowdy Herrington ein echtes Vergnügen waren. „Es war der größte Spaß, den ich angezogen je erlebt hatte!“ serviert der sympathische Regisseur trocken, der übrigens die gekürzte TV-Fassung für den besseren Film hält: „Ich mochte das Vulgäre und den Sexismus im Film noch nie, aber Joel Silver wollte solche Szenen im Film haben.

Road House ist pralles Spät-80er-Kino aller erste Kanone. Ein volles Pfund Genrekino, das gekonnt die Grenze zwischen guten und schlechten Geschmack bedient und auch heute noch prächtig zu unterhalten vermag. Der Film ist formvollendet kurzweilig und wirkt – trotz seiner Alters – nicht altbacken. Es gibt keine visuellen Effekte, hier wurde alles in Handarbeit erledigt. Das Finale zwischen Swayze und Teague ist mit einer der besten Faustkämpfe, die man damals in Hollywood gedreht hatte – und das ganz ohne Stuntmen. Ein Film, wie er in jede fundierte Sammlung gehört. In diesem Sinne möchte ich mit dem Zitat enden:

Lynch: „Mögen sie Schmerzen?“ – Swayze:„Schmerzen tun nicht weh…“

Das Bild der gesichteten Blu-ray war frisch, sauber, satt und klar, der Ton ebenso. Dazu gibt es jede Menge Extras. Da wären ein Audiokommentar von Regisseur Rowdy Herrington, Audiokommentar von den „Road House“-Fans Kevin Smith und Scott Mosier, Cast and Crew erinnern sich an Road House, Was würde Dalton tun?: Türsteher und Rausschmeißer erzählen von ihrer Arbeit, Originalkinotrailer, Alternativer Originaltrailer, Deutscher Trailer, auf der Bonus-Blu-ray: „Ich dachte, Sie wären kräftiger“: Das Making-of zu Road House, Eine Unterhaltung mit Regisseur Rowdy Herrington, „Schmerzen tun nicht weh“: Die Stunts in Road House, „Verdammt gut, für einen blinden weißen Jungen“: Die Musik in Road House, Erinnerungen an Patrick Swayze und ein 24-seitiges Booklet mit einem Text von Wieland Schwanebeck.

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