Die Tarot-Karten sind wieder da! Mit dem gleichnamigen Film nimmt sich SONY PICTURES eines Themas an, das nicht zum ersten Mal Einzug in die Grusel-Filmwelt hält. Mit einem jungen Team wird hier vor allem eines umgesetzt: recht kühles Filmhandwerk. Im Vertrieb von PLAION PICTURES wurde der Teenie-Horrorstreifen jetzt im Heimkino veröffentlicht.

Originaltitel: Tarot

Regie: Spenser Cohen, Anna Halberg

Darsteller: Harriet Slater, Adain Bradley, Jacob Batalon, Avantika, Wolfgang Novogratz

Artikel von Philipp Locher

Eine Gruppe junger Erwachsener (Collegestudenten Anfang 20) mieten sich eine Villa auf dem Land, um einen Geburtstag zu feiern. Man sitzt am Lagerfeuer, trinkt Bier und spielt Spiele, bei denen es um die Deutung der Zukunft geht: Wer wird zuerst heiraten, wer wird alkoholabhängig oder wer wird wohl die meisten Kinder bekommen? Es gibt das Pärchen, welches sich insgeheim am Abend vorher getrennt hat, es gibt den pummeligen, ständig Witze reißenden Sonderling und es gibt die Anderen. Sie haben zwar Namen, aber das tut nichts zur Sache. Ohnehin werden wir uns in recht straffem Tempo von ihnen verabschieden. Plötzlich sind alle Biervorräte versiegt. Man kommt auf die Idee, das Haus nach Alkohol zu durchsuchen – denn in alten Villen muss doch Alkohol zu finden sein – altes Teenie-Slasher-Gesetz. Mir nichts dir nichts landet man im Keller. Er ist dunkel. Er ist kalt. Er ist vollgestellt mit uraltem Kram. Und hinten in der Ecke wartet ein Tarot-Deck in einer dunklen Holzschatulle darauf, ausprobiert zu werden.

So beginnt Tarot, geschrieben und inszeniert von Anna Halberg und Spenser Cohen, die auch schon bei Projekten wie der Podcast-Serie Classified, Extinction oder The Expandables 4 zusammenarbeiten durften, bei letzteren Projekten allerdings eher als Autoren und/oder Produzenten tätig waren. Als Sony Pictures dann auf sie zukam, um einen Horrorfilm in Auftrag zu geben, sei man sich schnell einig gewesen, den Roman Horrorscopes von Nicholas Adams aus dem Jahr 1992 lose als Vorlage zu nehmen, da man immer schon von Tarot fasziniert gewesen sei. In eben jenem Roman wird das Legen von Tarot-Karten mit Astrologie kombiniert, was heute tatsächlich eine weit verbreitete Praxis ist. Im Ursprung wurde Tarot jedoch, vor allem zu Beginn seiner Geschichte, vorrangig als Werkzeug zur Selbsterkenntnis und Reflexion der aktuellen Lebenssituation gebraucht. Zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Schicksal kam es erst, als sich die Okkultisten und Spiritisten der Karten annahmen. Und genau darum soll es hier gehen: um das Schicksal der Figuren. Wer sich hier an das Prinzip Final Destination erinnert fühlt hat definitiv den richtigen Riecher, denn es kommt, wie es kommen muss: Die Gruppe unbescholtener Twenty-Somethings führt, wenn auch gegen anfangs beharrlichen Widerstand der weiblichen Hauptfigur Haley (Harriet Slater), eine Tarot-Lesung durch. (Hier lautet die Regel: Verwende niemals das Deck eines anderen Lesers) Denn nur sie ist des Legens der Karten mächtig. Doch verflucht ist es, das handbemalte Kartenspiel, wie die Protagonisten kurz nach der Rückkehr ins normale Leben an eigenem Leib erfahren müssen. Dass die Karten handbemalt sind, wird zwar sehr prominent etabliert und auch immer wieder erwähnt, spielt aber im weiteren Verlauf des Films keine weitere Rolle, auch wenn sich handbemalte Tarot-Karten in der Vergangenheit wohl nur sehr wohlhabende Zeitgenossen leisten konnten. Aber das nur am Rande. – So nimmt das Schicksal seinen Lauf…

Man muss fairerweise sagen, dass der Schauspielriege, bestehend aus Harriet Slater (Pennyworth), Jacob Batalon (Spiderman: No Way Home), Avantika Vandanapu (Senior Year), Adaine Bradley (Wrong Turn – The Foundation), Alana Boden (Geek Girl), Wolfgang Novogratz (Feel The Beat), Larsen Thompson (American Cherry), Humberly Gonzalez (A Hundred Lies) und Olwen Fouéré (They See You) nicht viel übrigbleibt als das zu spielen, was genretypisch gespielt werden soll. Zwischen dem Begreifen der Situation und deren Lösungsfindung gibt es schauspielerisch nichts zu entdecken, das gibt das Drehbuch leider nicht her. Dabei wäre es doch schön gewesen, all die Charaktereigenschaften, die jeder der Figuren anfangs durch die Tarot-Karten zugeschrieben werden, auch zu sehen. Dazu hätte es allerdings einiger Szenen mehr bedurft die sich in zusätzlichen Handlungssträngen hätten entfalten müssen. Keine der Figuren hat eine Backstory bekommen, die es ermöglicht hätte, in irgendeiner Art und Weise an die Figuren anzudocken. Die zarte Liebesgeschichte die sich zu Beginn angedeutet, wird zwar am Ende erneut aufgegriffen, spielt aber letzten Endes überhaupt keine Rolle. Schon gar nicht im Bedeutungshorizont den der Film aufmacht: dem Schicksal. Dabei wäre doch gerade hier noch ein romantischer Zirkelschluss drin gewesen.

Auch in Bezug auf Kameraarbeit und Bildgestaltung gibt es keinerlei Überraschungen, sondern lediglich standardisiertes Abfilmen der genretypischen Situationen. In zwei Szenen gibt es einen Extreme-Low-Angle-Shot, der jeweils auch nur wenig Überraschendes etabliert. Leider. Vom Bildaufbau her betrachtet ist alles stets schön ausbalanciert und clean, es gibt nichts bei dem man sich unwohl fühlen könnte. Der Schnitt ist geradlinig und vorhersehbar, wenn auch rhythmisch äußerst stimmig.

Fazit:

Tarot – Tödliche Prophezeiung ist Mainstream-Horror von der Stange, der mit nichts überrascht und auf ein vor allem sehr junges Publikum abzielt, wo er sicherlich gut zu unterhalten weiß. Mit seiner straffen Dramaturgie langweilt er in seinen 89 Minuten nie, ist allerdings für ein gesetzteres und genre-erfahrenes Publikum nichts als kalter Kaffee. Thematisch bietet der Film nichts, führt aber handwerklich sauber durch seine Spielzeit, auch, wenn hier sehr offensichtlich Punkt für Punkt, Genrekonvention nach Genrekonvention zügig abgehakt werden. Das Gewaltlevel ist äußerst niedrig und beschränkt sich stark auf Jump-Scares und Grusel, nur beim ersten Kill gibt es ein paar Tropfen Blut. Kein Körper wird entstellt, keine Psyche zerstört. Damit ist der Film Popcorn-Unterhaltung im besten Sinne und bei jedem Filmabend jüngerer Teenager bestens platziert.

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