Für mit Sicherheit nicht wenige Leser dürfte Umberto Ecos Roman DER NAME DER ROSE (1980) eine feste Schullektüre gewesen sein. Die historische Geschichte um Glaubenskonflikte und eine düstere Mordserie in einer Abtei avancierte zum rasch zu Welterfolg, so dass eine Verfilmung nicht lange auf sich warten ließ. Bereits 1986 brachte der deutsche Erfolgsproduzent Bernd Eichinger eine auf internationalem Niveau gedrehte Filmadaption in die Kinos, mit Ex-Bond Sean Connery, Jungstar Christian Slater und Oscarpreisträger F. Murray Abraham hochkarätig besetzt. Gerade hierzulande war DER NAME DER ROSE (1986) ein großer Hit und gilt heute zumindest in unseren Breitengeraden als anerkannter Klassiker unter den Literaturverfilmungen. Nun ist der Historienkrimi von Constantin Film in 4K ausgewertet worden, u.a. als Steelbook-Edition, und ob der Whodunit hinter Klostermauern auch nach knapp 40 Jahren für Spannung sorgt, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Originaltitel: The Name of the Rose
Drehbuch: Andrew Birkin, Gérard Brach, Howard Franklin, Alain Godard; nach dem gleichnamigen Roman von Umberto Eco
Regie: Jean-Jacques Annaud
Darsteller: Sean Connery, Christian Slater, F. Murray Abraham, Michael Lonsdale, Feodor Chaliapin Jr., Valentina Vargas, Ron Perlman…
Artikel von Christopher Feldmann
Handlung:
Anno Domini 1327, letzte Novemberwoche, in einer reichen Benediktinerabtei an den Hängen des Apennin. Bruder William von Baskerville (Sean Connery), gelehrter Franziskaner aus England, kommt als Sonderbotschafter des Kaisers in delikater Mission: Er soll ein hochpolitisches Treffen zwischen der Ketzerei verdächtigten Minoriten und Abgesandten des Papstes organisieren. Doch bald erweist sich sein Aufenthalt in der Abtei als apokalyptische Schreckenszeit. William und sein Gehilfe Adson (Christian Slater) werden Zeugen der wundersamsten und für eine Abtei höchst befremdlichen Begebenheiten und Todesfälle. William wird vom Untersuchungsfieber gepackt, denn weit mehr als der Streit zwischen Kaiser und Papst interessiert ihn die Entlarvung des Mörders und dabei dringt er immer tiefer in die Geheimnisse der Abtei ein. Und er muss sich beeilen, denn sein ärgster Widersacher Bernardo Gui (F. Murray Abraham), ein erbarmungsloser Hexen- und Ketzerjäger, wähnt hinter den Vorfällen den Teufel am Werke und hat rasch seine Sündenböcke gefunden!
DER NAME DER ROSE (1986) hat in der deutschen Filmgeschichte einen besonderen Platz inne, auch wenn die Besetzung und die audiovisuellen Qualitäten nicht unbedingt vermuten lassen würden, dass das Projekt aus hiesiger Hand produziert wurde. Ursprünglich sollte die Romanverfilmung mit einer französischen Produktionsfirma umgesetzt werden, bevor Bernd Eichinger unter Erstattung der Vorkosten die alleinige Produktion übernahm. Mit einem horrenden Budget von 47 Millionen Deutsche Mark wurden internationale Stars wie Sean Connery und F. Murray Abraham engagiert, an Originalschauplätzen wie dem Kloster Eberbach im Rheingau und den Abruzzen gedreht und nahe einer Vorstadt Roms eines der größten Filmsets der europäischen Geschichte errichtet. Eichinger glaubte an das Projekt und der Aufwand wie auch die finanzielle Investition sollte Früchte tragen. Der von Jean-Jaques Annaud inszenierte Film spielte weltweit über 70 Millionen US-Dollar ein und das obwohl DER NAME DER ROSE sicher kein Mainstreamkino darstellt, sondern ein von einer Krimihandlung umrahmtes Portrait einer ganzen Epoche, in der unterschiedliche Glaubensansätze verhandelt und gegenüber gestellt wurden.
Allerdings muss man an dieser Stelle erwähnen, dass sich der zu Grunde liegende Roman von Umberto Eco wesentlich intensiver mit der Glaubensfrage beschäftigt und der Fokus auf dem philosophischen Ansatz liegt, immerhin war der italienische Schriftsteller zudem ein anerkannter Philosoph und Medienwissenschaftler. Eichingers Filmumsetzung verlagert den Schwerpunkt etwas, denn während die Krimihandlung im Roman ein zwar durchaus wichtiger aber gar nicht so essenzieller Schauplatz ist, stellt der Film diese ganz klar in den Mittelpunkt. So vergeht nicht viel Zeit, bis „William von Baskerville“ damit beginnt einen mysteriösen Todesfall zu untersuchen, auf den noch weitere folgen werden. DER NAME DER ROSE ist in Gänze ein klassischer Whodunit, in dem ein Gespann (in diesem Fall „William“ und sein Novize „Adson“) Hinweise sammeln und analysieren muss, um den Täter aufzuspüren, der sich unter den Bewohnern der Abtei befinden muss. Eco selbst war mit der Umsetzung seines Werks anscheinend relativ zufrieden, zumindest im Rahmen einer Interpretation für das Kino, und verstand sicherlich, dass man das Ganze etwas kommerzieller gestaltete, auch wenn der Stoff auch für die 1980er Jahre gar nicht kommerziell war. DER NAME DER ROSE spielt im Mittelalter, erzählt viel von Glauben, Glaubensansätzen und der Kluft zwischen den alten Gelehrten und den jungen Andersdenkenden. Es ist natürlich eine interessante Sache, immerhin erkennt man immer wieder Themen, die man auch gut auf unsere aktuelle Gesellschaft münzen könnte, gerade wenn es um Geschlechterrollen geht. Ecos Werk war seiner Zeit zwar nicht voraus, die Themen dürften allerdings zeitlos sein.
Trotzdem muss ich dem Film eine gewisse Schwerfälligkeit attestieren, zumindest wenn er den Krimiplot verlässt und sich den religiösen Themen widmet. Zuschauer und Filmliebhaber, die sich mit religiösen Fragen schwer tun, werden wahrscheinlich auch bei DER NAME DER ROSE das ein oder andere Mal aufstöhnen. Allerdings sind diese Exkurse nur von kurzer Dauer, taucht doch regelmäßig ein Toter innerhalb oder auch außerhalb des Gemäuers auf. Spätestens wenn F. Murray Abraham als Inquisitor Bernardo Gui die Bühne betritt, um vermeintliche Ketzer und Hexen grausam zur Rechenschaft zu ziehen, bringt das eine weitere Dynamik ins Spiel. Auch dies kann man sehr gut mit aktuellen Missständen in unserer aktuellen Zeit vergleichen. Die tatsächliche Auflösung des Rätsels ist vielleicht nicht zu hundert Prozent wasserdicht, rundet das Gesamtbild aber angemessen ab. Der Film ist durchgehend spannend, stellenweise auch in Sachen Härte relativ explizit und wird von einem fantastischen Ensemble getragen. Abraham, der zuvor für seine Schurkenrolle in AMADEUS (1984) den Oscar einheimste, ist ohnehin eine Bank, jedoch ist natürlich auch das Charisma eines Sean Connery unbezahlbar, der hier wunderbar aufspielt. Christian Slater war hier noch ganz am Anfang seiner Karriere und passt mit seinem knabenhaften Äußeren perfekt auf die Rolle, in Nebenrollen sind u.a. MOONRAKER-Schurke Michael Lonsdale und der damals noch völlig unbekannte Ron Perlman zu sehen.
Ein großes Plus des Films ist aber zweifellos die Inszenierung von Jean-Jaques Annaud, der das Leben hinter Klostermauern zu keiner Zeit romantisiert, sondern es als einfach, ungemütlich, trist und auch etwas gespenstisch in Szene setzt. Die Atmosphäre ist durchgehend düster und schmutzig, gleichzeitig sind die Sets aber auch betörend schön und detailverliebt gestaltet. DIE NAME DER ROSE ist audiovisuell (die Musik von James Horner soll hier nicht unter den Tisch fallen) ganz großes Kino, wahrscheinlich neben DAS BOOT (1981) sogar das Beste, was das „deutsche“ Kino je hervorgebracht hat.
Constantin Film spendierte dem Klassiker eine umfassende 4K-Restauration. Nachdem er bereits im Rahmen der „Best of Cinema„-Reihe nochmals auf der großen Leinwand zu sehen war, erschien kürzlich ein 4K-Steelbook, sowie eine Keep-Case-Auflage, als auch eine restaurierte Blu-ray. Uns lag zur Sichtung der Blauling vor und Bild-, sowie Tonqualität sind auf jeden Fall das Upgrade wert. Als Extras sind der Trailer, sowie eine Dokumentation an Bord.
Fazit:
Zumindest in europäischen Gefilden ist DER NAME DER ROSE (1986) ein großer Klassiker und auch eine adäquate Romanverfilmung, die vor allem von einem glänzend aufgelegten Sean Connery und einer spannenden Geschichte getragen wird, die aber auch Denkanstöße liefert und eine besondere Epoche gekonnt abbildet. Ein audiovisuell beeindruckender Historienkrimi, der in keiner gut sortierten Filmsammlung fehlen sollte.
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