Nachdem PARAMOUNT PICTURES bereits letztes Jahr den Klassiker von Roman Polanski mit Mia Farrow in der Hauptrolle in scharfem 4K UHD veröffentlichte, wird dieses Jahr eine hübsche, limitierte Collectors Edition nachgelegt. 56 Jahre hat das verstörende Meisterwerk mittlerweile auf dem Buckel. Trotzdem gehört der Albtraumtrip, obwohl er auf den ersten Blick keine übliche Horrorfilmstimmung versprüht, zu den gruseligsten Filmen aller Zeiten und wirkt auch heute noch so zeitlos wie damals. Sollte bei Euch gerade eine Schwangerschaft oder zumindest ein Kinderwunsch anstehen, solltet Ihr den Film allerdings weiträumig umfahren. Warum, liegt zwar vermutlich auf der Hand, ich werde trotzdem nochmal näher auf die Gründe eingehen.

Alternativtitel: Rosemaries Baby

Regie: Roman Polanski

Darsteller: Mia Farrow, John Cassavetes, Ruth Gordon, Sidney Blackmer, Maurice Evans

Artikel von Christian Jürs

Das Ehepaar Rosemary (Mia Farrow) und Guy Woodhouse (John Cassavetes) sieht sich gemeinsam eine Wohnung im Herzen von New York an. Das Domizil im siebten Stock, welches bis vor Kurzem noch von einer älteren Dame bewohnt wurde, ist zwar nicht ganz billig, aber, zumindest in den Augen Rosemaries, traumhaft schön. Zunächst zweifelt Guy noch ob es eine gute Idee sei dorthin zu ziehen, da seine Schauspielkarriere nicht so recht in Gang geraten will. Doch seine junge Frau kann ihn schlussendlich überzeugen. Auch die mahnenden Worte ihres guten Freundes und bisherigen Vermieters Hutch (Maurice Evans), der sie vor dem sogenannten Bramfourd House warnt, verhallen im Nichts. Dort sollen laut seiner Aussage in den vergangenen Jahren diverse Menschen auf mysteriöse Art und Weise zu Tode gekommen sein. Auch ein Hexenkult befand sich, den Gerüchten nach, einst in dem Gemäuer. Doch für das junge Glück, welches wenig von Aberglauben hält, steht fest: Sie ziehen in ihr neues Zuhause um dort, sobald Guy beruflich bessergestellt ist, eine Familie mit mehreren Kindern zu gründen.

Doch schon kurz nach dem Einzug vernimmt Rosemary seltsame, chorale Gesänge aus der Nachbarwohnung. Terry (Victoria Vetri), die bei den Castevetes, einem älteren Ehepaar, welches ebenfalls im siebten Stockwerk wohnt, untergekommen ist, stürzt sich kurz nach ihrer ersten, freundschaftlichen Begegnung mit Rosemary in den Tod. Minnie (Ruth Gordon) und Roman Castevet (Sidney Blackmer), scheinen bestürzt und suchen fortan die Nähe zu ihren neuen Nachbarn. Nach anfänglichen Zweifeln, ob sie wirklich Kontakt mit dem alten Pärchen pflegen wollen, ist vor allem Guy begeistert von den zwar neugierigen, aber auch äußerst höflichen, älteren Leuten. Nur kurz darauf erhält Guy die Rolle in einem Film, für die er zuvor bereits eine Absage erhielt. Doch der eigentlich vorgesehene Hauptdarsteller (stimmlicher Cameo-Auftritt von Tony Curtis) ist urplötzlich und aus heiterem Himmel erblindet. Nun steht der gemeinsamen Familienplanung nichts mehr im Wege, doch am Abend der geplanten Zeugung erleidet Rosemary, nach dem Verzehr einer von Minnie selbstgemachten Mousse au Chocolat, einen Kreislaufzusammenbruch und fällt kurz darauf in Ohnmacht. In einem fiebertraumartigen Zustand fantasiert sie von ihren Nachbarn, die eine eigenartige Séance abhalten, bei der sie nackt vor ihnen aufgebahrt und von einem dämonischen Wesen vergewaltigt wird. Am nächsten Morgen erscheint ihr dies wie ein merkwürdiger, schlimmer Traum. Doch dann offenbart Guy ihr, dass er sich die Chance, ihren Eisprung zu nutzen, nicht entgehen lassen wollte und mit der bewusstlosen Rosemary letzte Nacht intimen Verkehr hatte. Rosemary sucht empört ihren Frauenarzt auf. Als ihr behandelnder Arzt Dr. Hill (Charles Grodin) tatsächlich eine Schwangerschaft feststellt, keimen in der jungen Frau Zweifel auf, ob Guy wirklich der Erzeuger des bevorstehenden Nachwuchses ist oder ob die Bilder, die sich vor ihren Augen abspielten, nicht doch der Realität entsprangen.

Langsam und gemächlich, aber niemals langweilig oder gar behäbig, inszenierte Roman Polanski den von William Castle produzierten Horrorfilm nach einem Roman von Ira Levin. Ein Jahr zuvor drehte der damals noch junge Regisseur den heute ebenfalls zum Kult avancierten Tanz der Vampire, der seinerzeit aber an der Kinokasse enttäuschte und erst später seinen Rum erntete. Polanski sollte sich als die richtige Wahl für den Stoff entpuppen, verstand er es doch, die aufkeimende Verzweiflung in der werdenden Mutter perfekt zu inszenieren. Mit vielen langen Einstellungen und nur wenigen Schnitten begleitet der Zuschauer die titelgebende Hauptfigur von Beginn an. Mia Farrow, die mit ihrem damals unschuldig wirkenden Äußeren der Rolle verstand Leben einzuhauchen, ist tatsächlich von Minute eins an (sie sang sogar den Titelsong) in jeder Szene zugegen, was dazu führt, dass sich der Wissensstand über die Ereignisse beim Publikum mit dem ihren deckt. In Rosemaries Umfeld scheinen ihr nur wenige Personen wohlgesonnen zu sein. Da wären ihre alten Freundinnen, zu denen sie aber nach dem Einzug in das neue Heim nur noch wenig, bis gar keinen Kontakt mehr bekommt. Ebenso zu Hutch wird der Kontakt rar und – als er hinter das Geheimnis des Gemäuers kommt – schlägt das Schicksal gnadenlos zu.

Alle anderen Charaktere um die junge Frau herum, berauben sie augenscheinlich mehr und mehr ihrer Freiheit und versuchen, sie von der Außenwelt weitestgehend abzuschneiden. So bestehen die Castevetes darauf, dass Rosemary ihren Arzt wechselt, da sie einen „mit dem Ärztepreis ausgezeichneten“ Frauenarzt kennen. Dieser Dr. Sapirstein (Ralph Bellamy) verordnet der, unter plötzlichen, schweren Schmerzen leidenden schwangeren Frau, eigenartige Kräutersäfte anstelle von herkömmlicher Medizin, die Minnie fortan täglich zusammenmischt. Vor allem aber Guy beginnt, sich in Rosemaries Gegenwart herrisch und abweisend zu verhalten. Er versucht, ihr den Umgang mit ihren Freunden zu verbieten und reagiert beispielsweise furchtbar abwertend, als seine Frau eines Tages mit einer neuen Frisur daheim auftaucht. Ein Abbild der damals langsam aufkeimenden Emanzipation der Frau, die von vielen Männern nicht gutgeheißen wurde. Ihn interessiert lediglich seine eigene Karriere und für die Sorgen und Ängste seiner Frau hat er plötzlich kein Ohr mehr. Ein Thema, dass auch leider immer noch aktuell ist, obwohl mittlerweile mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen ist.

So mausert sich der Film, der wie eine launige Beziehungsgeschichte beginnt, langsam immer mehr zu einem Albtraum, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint. Dabei gelingen Polanski teils spektakuläre Aufnahmen, etwa, wenn Rosemary wie in Trance eine New Yorker Hauptverkehrsstraße mitten in der Rush Hour überquert. Diese entstand budgetbedingt in echtem, fließendem Verkehr, bei dem sich lediglich Mia Farrow und Roman Polanski höchst selbst, mit der Kamera in der Hand, in die Gefahr des nichtbeachteten Straßenverkehrs begaben. Der Regisseur war sich sicher: Niemand würde eine Frau mit großem Schwangerschaftsbauch überfahren. Glücklicherweise sollte er Recht behalten.

Die 4K UHD-Scheibe überzeugt mit äußerst guter Bild- und Tonqualität, wobei an zwei Stellen der deutsche Synchronton kurz ein wenig dumpf erklingt. Auf einen über 50 Jahre alten Film würde man trotz dieses kleinen Mangels jedoch nicht schließen. Auch die beiliegende Blu-ray sieht sehr gut aus. Dort befindet sich auch das Bonusmaterial. So gibt es ein altes Making Of und eine Featurette über die Zusammenarbeit von Roman Polanski und Mia Farrow. Beide Videos bieten einige interessante Eindrücke vom damaligen Dreh und lassen die Macher von einst zu Wort kommen. Außerdem gibt es den originalen Kinotrailer, sowie den damaligen Red Band Trailer zum 50-jährigen Jubiläum noch oben drauf. Die brandneue, limitierte Collectors Edition ist außerdem mit allerlei Goodies, wie Poster und Setcards bestückt, wie Ihr auf dem beigefügten Bild erkennen könnt.

Wie gut Rosemary´s Baby noch immer funktioniert, habe ich nicht nur am eigenen Leib erfahren, sondern auch an meiner Frau gesehen, die den Film erstmals zu Gesicht bekam. Obwohl der „gewöhnliche“ Horror mit Gruselatmosphäre und Jumpscares ausblieb, war sie die vollen 136 Minuten gebannt vor der Glotze und hatte in der Folgenacht tatsächlich schlecht geträumt. Ein eindrucksvoller Beweis, dass Polanskis, mit 11 Oscarnominierungen gesegneter, Film zeitlos ist. Gewonnen hat damals übrigens nur Ruth Gordon als Beste Nebendarstellerin. Dies aber vollkommen zu Recht. Später sollte sie nochmal als Clint Eastwoods Mutter in den San Fernando-Filmen brillieren. In der höchst überflüssigen TV-Fortsetzung Look What’s Happened to Rosemary’s Baby aus dem Jahr 1976 kehrte sie nochmals als Minnie zurück. Der Film ist aber ein furchtbarer Käse und hierzulande nicht erhältlich.

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