Dass die Zeiten, in denen Aaron Eckhart in der oberen Riege Hollywoods mitspielen durfte vorbei sind, ist mittlerweile hinreichend bekannt. Seit ein paar Jahren verdingt sich der einst für einen Golden Globe nominierte Schauspieler in jenen Gefilden, die auch schon Liam Neeson einen zweiten Karrierefrühling beschert haben, allerdings mit dem feinen Unterschied, dass Eckharts Actionauftritte im Heimkino-Segment stattfinden. So auch sein neuester Reißer, der Agenten-Actionthriller CHIEF OF STATION (2024), den Capelight Pictures dieser Tage auf Scheibe veröffentlicht. Ob es sich bei dem Film, bei dem übrigens Jesse V. Johnson, der uns schon den ein oder anderen Scott-Adkins-Knaller geschenkt hat, Regie führte, um sehenswerte Genreware handelt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Chief of Station

Drehbuch: George Mahaffey

Regie: Jesse V. Johnson

Darsteller: Aaron Eckhart, Aley Pettyfer, Olga Kurylenko, Chris Petrovski, Daniel Bernhardt, Nick Moran, Nina Bergman…

Artikel von Christopher Feldmann

Ich hätte mich selbst nicht unbedingt als Fan bezeichnet, dennoch hegte ich immer viel Sympathie für Aaron Eckhart. Spätestens mit seiner Rolle als windiger Tabaklobbyist in Jason Reitmans THANK YOU FOR SMOKING (2005) konnte er mich überzeugen und viele andere anscheinend auch noch dazu, denn für den Schauspieler folgte schnell der Karriereaufstieg und in der Folgezeit sah man ihn in mehreren größeren Kinoproduktionen, von der Romantic Comedy REZEPT ZUM VERLIEBEN (2007) über den DC-Blockbuster THE DARK KNIGHT (2008) bis hin zu WORLD INVASION: BATTLE LOS ANGELES (2011) und OLYMPUS HAS FALLEN (2013). Spätestens mit dem von der Kritik verrissenen I, FRANKENSTEIN (2014) begann allerdings langsam aber sicher der Abstieg in die günstigere Preisklasse, in der Eckhart vor allem in Actionfilmen besetzt wurde. Auch wenn es sich bei Streifen wie 64 MINUTES – WETTLAUF GEGEN DIE ZEIT (2019), MUZZLE – K-9 NARCOTICS UNIT (2023) oder THE BRICKLAYER (2024) nicht unbedingt um jene Sorte Film handelt, die man gemeinhin als Knaller bezeichnen würde, eine durchaus genretaugliche Präsenz und das gewisse Maß an Charisma kann man Eckhart nicht absprechen. Das beweist er auch in CHIEF OF STATION (2024), nur leider überzeugt der Film abseits seines gut aufgelegten Hauptdarstellers schlussendlich nur bedingt.

Handlung:

An seinem Hochzeitstag muss CIA-Stationschef Ben Malloy (Aaron Eckhart) mit ansehen, wie seine Frau Farrah bei einer Explosion in Budapest stirbt. Gebrochen kehrt er nach Washington zurück und wird in den Ruhestand versetzt. Wenig später erhält Ben kryptische Hinweise, dass der Tod Farrahs, die ebenfalls für die CIA arbeitete, kein Unfall war. Als sein Nachfolger John Branca (Alex Pettyfer) nur zögerlich recherchiert, beschließt Ben, die Ermittlungen selbst in die Hand zu nehmen – mit fatalen Folgen. Als auch noch sein Sohn entführt wird, erhält er unerwartet Unterstützung von der polnischen Agentin Krystyna (Olga Kurylenko), mit deren Hilfe er eine Verschwörung ungeheuerlichen Ausmaßes aufdeckt 

Zugegeben, die Inhaltsangabe zum Film klingt fast ein wenig, als hätte sie eine KI generiert. Geheimdienstmitarbeiter deckt eine Verschwörung auf, die bis in die oberen Reihen der eigenen Seite reicht und muss zeitgleich auch noch den Tod seiner Frau rächen. Natürlich kann man bei der ganzen Sache nie sicher sein, wer unserem Protagonisten nun wohl gesonnen ist oder nicht, wer Freund oder Feind ist.

CHIEF OF STATION bedient sich fröhlich bei den Versatzstücken des Agententhrillers und gerät somit in Gänze formelhaft. Es scheint als hätte Drehbuchautor George Mahaffey zur Vorbereitung nochmal ausgiebig der MISSION: IMPOSSIBLE-Reihe gefrönt, mit wachem Auge die BOURNE-Filme gesichtet, zwischendurch einen James-Bond-Streifen eingeschoben und hin und wieder mal in einem klassischen Spionageroman geblättert, um sich jene Elemente aufzuschreiben, die in einem solchen Film nicht fehlen dürfen: Interne und multinationale Spannungen, Komplotte, falsche Anschuldigungen, Hintergehungen, zum Abschuss freigegebene Agenten und den oder anderen Twist. Allerdings vermochte Mahaffey es nicht, aus diesen Tropes eine frisch wirkende Story zu schustern, stattdessen arbeitet sich das Skript an jedem noch so ausgelutschten Agenetenfilm-Klischee ab und erzählt darüber hinaus eine fade Rachegeschichte, für die sich heutzutage selbst Liam Neeson zu schade wäre.

Zwar bemüht man sich auffällig, den Handlungsverlauf etwas vertrackt zu gestalten, jedoch fällt das Kartenhaus schnell zusammen, beispielsweise wenn man als Zuschauer schon nach nicht einmal 30 Minuten weiß, wer im finalen Drittel „überraschend“ als Bösewicht präsentiert wird. Dazu gesellen sich noch kleiner Ungereimtheiten, sowie eine größtenteils als Füllmaterial dienende Vater-Sohn-Geschichte, die weitestgehend bedeutungslos bleibt. Generell geben die Figuren nicht viel her, so bleiben die Bösewichte lediglich Staffage und auch Ex-Bond-Girl Olga Kurylenko wird als polnische Agentin „Krystyna“ irgendwann plump in die Handlung geschmissen, als wäre sie zufällig am Set gewesen, um dem Regisseur mitzuteilen, dass sie noch zwei Tage habe.

Aaron Eckhart hingegen holt da noch das Beste aus seiner flach geschriebenen Rolle heraus. Generell steht ihm der Typus des Haudraufs im etwas gehobeneren Alter ziemlich gut. Das Charisma und die Ausstrahlung eines Liam Neeson hat er vielleicht nicht unbedingt, sein schauspielerisches Talent ist auf jeden Fall mehr wert als preiswert budgetierte Straight-to-DVD-Ware, made in Osteuropa. Ein wenig schade ist auch, dass B-Recke und Stunt-Fachmann Daniel Bernhardt größtenteils verheizt wird. Auch wenn der Schweizer eigentlich immer Bock hat und das Niveau der Filme dabei keine Rolle spielt, fällt seine Rolle als Baddie auch hier größtenteils enttäuschend aus, zumal er nicht mal seine Kampfsport-Skills auspacken darf, was aber zugegeben unfair gegenüber Eckhart gewesen wäre.

Ich wäre beim besten Willen wesentlich weniger kritisch, wenn wenigstens die Action knallen würde. Jesse V. Johnson weiß nämlich wie man’s macht, zumindest hat er Brite dies in u.a. THE DEBT COLLECTOR (2018), ACCIDENT MAN (2018), TRIPLE THREAT (2019), THE MERCENARY (2019) und vor allem AVENGEMENT (2019) bewiesen. CHIEF OF STATION wirkt eher wie eine Auftragsarbeit alá WHITE ELEPHANT (2022), bei der Johnson nicht mit Herz bei der Sache war. So ist die Action dosiert geraten, was sowohl Shootouts als auch Keilereien angeht. Stattdessen steht die Geschichte im Fokus und die überzeugt dann eben leider nur bedingt.

Capelight Pictures hat sich der deutschsprachigen Veröffentlichung angenommen und wertet CHIEF OF STATION sowohl digital als auch auf Scheibe aus. Die Blu-ray, die uns zur Sichtung vorlag, überzeugt mit guter Bild- und Tonqualität, in den Extras findet sich, wie so oft, lediglich der Trailer.

Fazit:

CHIEF OF STATION (2024) ist ein klassischer Agententhriller mit Verschwörungsplot, wie man sie schon zuhauf gesehen hat. Für seine Preisklasse und die mittlerweile doch ausgelutschte Ostblock-Szenerie sieht der Film jedoch ordentlich aus, was der versierten Regie von Jesse V. Johnson geschuldet ist. Allerdings kocht dieser in Sachen Action eher auf Sparflamme, weshalb die vorhersehbare und relativ dröge Geschichte nur noch stärker ins Gewicht fällt.

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