Der Mann, dem alles egal ist, kommt in die Stadt, der alles egal ist. Vincent hat in der Nacht fünf Jobs zu erledigen und wird in das Taxi eines Gefangenen steigen. Einem Gefangenen seiner Träume. Max fährt Taxi, um seinen Traum finanzieren zu können, jedoch seinen Traum nie erfüllt bekommen wird, denn der Job macht ihn zum Gefangenen seiner Theorie. Der Soziopath und der Selbstbetrüger, nun vereint für eine Nacht, die für beide alles verändern wird. Das ist die Basis des Großstadtthrillers von Michael Mann, der hier kühl und riesig den Moloch Los Angeles als völlige Gleichgültigkeit inszeniert und so die Stadt zum Element der Handlung macht. In der Anonymität der Stadt schnurrt der Motor der Killermaschine Vincent glatt und präzise, es wäre beinahe langweilig ihm bei der Arbeit zuzusehen, gäbe es da nicht diese Anomalien, die sich bei Vincent auftun. Eine davon ist der Taxifahrer Max, eine andere er selbst. PARAMOUNT PICTURES brachte diesen Klassiker mit Tom Cruise und Jamie Foxx nun als Limited Steelbook Edition zum zwanzigjährigen Jubiläum heraus.

Regie: Michael Mann

Darsteller: Tom Cruise, Jamie Foxx, Jada Pinkett Smith, Mark Ruffalo, Peter Berg

Artikel von Kai Kinnert

Vincent (Tom Cruise) ist ein cooler, berechnender Auftragskiller und sehr gefragt im Business. Max (Jamie Foxx) ist ein Taxifahrer mit großen Träumen und ohne Erfolg. In dieser schicksalhaften Nacht fährt Max Vincent zu seinem nächsten Job – eine Nacht, fünf Stopps, fünf Treffer, eine Flucht. In dieser zufälligen Begegnung prallen zwei Leben aufeinander – und keiner der Männer wird jemals wieder derselbe sein. Heute Nacht wird sich alles ändern.

Michael Mann fühlte sich, laut seines Audiokommentars, sehr davon angesprochen, dass das Drehbuch keine Rückblenden bemüht und keine Erklärungen darüber abgibt, wer die beiden Hauptfiguren sind und was sie für eine Geschichte haben. Alles erklärt sich durch die Situationen von selbst. In der Tat ist es ein großer Vorteil des Films, dass er sein Minimum an Story nicht auseinandernimmt und die Figuren nur durch ihr Handeln definiert. Deshalb ist auch die Umgebung so wichtig, in der sich die Sache abspielt. Alles geschieht in einer einzigen Nacht und Mann wollte, das der Zuschauer den Raum bis in die Tiefe erkennen kann, dass man ein Gespür für die enorme Größe der Stadt bekommt. Die Action der Nacht in Wahrhaftigkeit, getragen und verschluckt vom gewaltigen Loch Los Angeles.

Tom Cruise ist Vincent, und er ist auf Zack. Ich mag den Schauspieler Tom Cruise und besonders den Film Cocktail, mein absoluter Lieblingsfilm mit ihm, noch vor Tage des Donners und In einem fernen Land. Natürlich nicht, kleiner Spaß, ganz ehrlich, aber ein paar seiner Filme finde ich ziemlich gut. Mir gefällt dieses Schauspieler-Ding an ihm, dieser Zug der andauernden Selbstoptimierung, gepaart mit seinem sportlichen Ehrgeiz und dem Willen, die Rolle dann auch zu sein, die er für den Film verkörpert. Und natürlich der Spaß, dass Cruise auch über sich selber lachen kann. Genial ist natürlich seine Rolle als Les Grossman in Tropic Thunder mit seinem berühmten Tanz im Abspann. Das war eigentlich nur eine Probe, die er für Ben Stiller vortanzte. „Ich bin fett und ich werde tanzen!“ war seine Bedingung für die Rolle. Ben Stiller konnte es sich damals nicht vorstellen, wie und wann Les Grossman tanzen könnte – und so machte Tom für den letzten Take diesen einen Tanz, der dann auch gleich im Film landete. Den Song hatte Tom dem Team gegeben, alle wussten Bescheid, nur Ben Stiller nicht. Und der war baff. Ähnlich baff war, laut Audiokommentar, dann auch Michael Mann, als Tom mehrere Monate lang täglich bei einer Spezialeinheit sein Training für Nahkampf und den Gebrauch von Schusswaffen mit echter Munition antrat. Er hatte einen Parkour mit Dummys zum Trainieren und schoss das erste Mal im Leben mit echten Waffen. Sein Training sollte sich auszahlen, denn die Vincent-Action ist professionell. Man sieht, dass hier nicht mit Tricks und Schnitten gearbeitet wurde. Der beste Auftritt in dieser Sache ist dann auch die Szene in der Seitengasse, in der Jamie Foxx ausgeraubt wird und zwei Böslinge sich mit der Tasche von Vincent aus dem Staub machen wollen. Was folgt ist die Quintessenz des Waffentrainings von Mr Cruise.

Tom feuert fünf Schüsse in 1,4 Sekunden ab, das ist echt, da wurde nichts getrickst! Und dann sein Blick, wenn er die Waffe wegsteckt, er sieht nicht hin, er tut alles völlig gleichgültig, völlig alltäglich.“ lobt Michael Mann seinen Hauptdarsteller im Audiokommentar. Die Szene ist wahrlich ein cooler Actionmoment, vielleicht 10 Sekunden lang, Eskalation und Waffe wegstecken inklusive. Das ganze Training in 1,4 Sekunden kondensiert. Natürlich gibt es auch später noch erstklassige Action im Michael Mann-Stil, aber diese Seitengassen-Sequenz ist Minimalismus und Effektivität pur. Aber auch Jamie Foxx macht seine Rolle als Taxifahrer Max gut. Das Drehbuch ist verzahnt und recht geschickt angelegt worden, denn man fragt sich zu keinem Zeitpunkt, warum Jamie Foxx nicht einfach abhaut. Die ganze Sache hat einen Fluss, die Dialoge haben Sinn und keine Begegnung ist ohne Wirkung. Im Laufe der Zeit bricht die Rolle des Taxifahrers auf und Max findet einen Weg aus der Passivität seines Lebens. Er kokettiert später sogar kurz mit der Rolle des Vincent, als Max sich für Vincent ausgeben muss, um in einen Nachtclub zu gelangen. Plötzlich spürt Max kurz die Macht, die Vincent dank seines Jobs hat und wird selbstsicher. Er wagt sich aus seinem Leben heraus. Ob Jamie Foxx sich auch so wie Tom Cruise auf seine Rolle vorbereitete und nächtens als Taxifahrer unterwegs war – man weiß es nicht, Michael Mann schweigt sich darüber aus. Das Zusammenspiel zwischen den beiden Schauspielern funktioniert prächtig, Michael Mann hat seinen Film von vorne bis hinten im Griff. Bild, Licht, Musik und Schnitt sind Manns Stärke – und in Collateral kommt dieses Talent voll zum Zuge. Collateral wurde mehr oder weniger im Lichte der Großstadt gedreht, was dazu führte, dass der Film zu 85% auf HD-Video gedreht wurde, was 2004 noch ziemlich neu war. Nur Video, hier wurde auf einer Sony F900 gedreht, war in der Lage, auch bei wenig Licht die Tiefe der Umgebung voll sichtbar wiederzugeben. Hätte man auf Film gedreht, wäre der Hintergrund schwarz geworden. Und es funktioniert, der visuelle Stil des Films ist grandios und nüchtern, die Stadt kommt mit ihrer Tiefe und ihrem Licht voll zur Geltung. Die Kamera setzte Mann bei seinem nächsten Metropolen-Film auch ein: Miami Vice, 2006.

Collateral ist auch heute noch ein eiskalter und gut funktionierender Thriller, der dank eines talentierten Rundum-Pakets aus Schauspiel, sinnvoller Action und straffen Timings noch immer bestens unterhält. Kamera, Musik und Schnitt sind für die Leinwand gemacht und das runde Drehbuch verzichtet auf sämtliches Gedöns. Spiel, Satz und Sieg für Michael Mann, die Nummer ist ihm richtig gut gelungen. Wer Großstadtthriller mag, ist hier richtig aufgehoben.

Das Bild der Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ebenso. Die 4K-Scheibe setzt hier noch einen drauf. Als Extras (auf Blu-ray) gibt es einen Audiokommentar des Regisseurs Michael Mann, Die nächtliche Stadt – das Making-of von „Collateral“, Speziallieferung – Featurette, Entfernte Szenen mit Michael Manns Kommentar, Filmen am Set: Annies Office, Tom Cruise & Jamie Foxx Proben, Visuelle Effekte: MTA Zug, Teaser Trailer und Kinotrailer.

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