Es tut sich was in Brooklyn, New York. Außerirdisches Material bewegt sich mit goldenem Schweif auf die Erde zu, durchschlägt zart ein Fenster und landet schließlich in einem Puppenhaus. Dort schlüpft und entfaltet sich etwas, was sich entfalten muss. Und schon bald wird die knorrige Hauseigentümerin wesentlich größere Probleme haben als ein kleines Loch im Fenster. Denn was da heranwachsen wird ist vorerst klein und schwarz und achtbeinig, aber schon bald recht groß und ausgefuchst. Und so wird sich die Hausgemeinschaft der heruntergewirtschafteten Herausforderung gegenüberstehen sehen, die sie nie für möglich gehalten hätte. STUDIOCANAL hat den Spinnenhorrorfilm kürzlich – und damit rechtzeitig zum Hurenween – im Heimkino veröffentlicht.

Drehbuch und Regie: Kiah Roache-Turner

Darsteller: Alyla Browne, Ryan Core, Penelope Mitchell, Robyn Nevin, Noni Hazlehurst, Danny Kim

Artikel von Philipp Locher

Regisseur Kiah Roache-Turner habe immer schon ein B-Movie machen wollen, so sei er auf das Genre Tierhorror gestoßen. Tatsächlich erfreut sich dieses hin und wieder einiger Beliebtheit. Denn was wurde uns in den letzten Jahren nicht alles an Tier-Trash vor die Tür gelegt (Katzen-Trash stünde tatsächlich mal an, finde ich): allen voran natürlich ein Bär auf Kokain, untote Biber oder ein blutrünstiges Faultier. Und es klopft auch schon ein Waschbär an, ganz zu schweigen von all den Haien, Schlangen oder Piranhas der Vergangenheit. Das Tier als losgelassenes Sujet ohne Gewissen und Moral stirbt nicht aus und wird auch nicht aussterben. Auch des ein oder anderen Lieblingsfreund, das Insekt, wurde schon ausgiebig behandelt. Von Käfern über Bienen, Wespen, Kakerlaken, Zecken und Moskitos ist ziemlich viel Unschönes mit dabei. Und bevor ich den Leser jetzt unken höre: Nein, natürlich sind Spinnen keine Insekten, sondern Spinnentiere. Zecken übrigens auch.

Kia Roache-Turner wollte seinem Publikum mit Sting Albträume bereiten, sagte der Regisseur von Wyrmwood: Road Of The Dead (2014) und Wyrmwood: Apocalypse (2021) in einer Videobotschaft seinem Publikum bei den Fantasy Filmfest Nights. Damit ist er, vor allem beim erfahrenen Genrepublikum, krachend gescheitert. Zu hintergründig wird hier die Spinnengeschichte vorangetrieben. Aber ich beginne von vorn: Die junge Charlotte (Alyla Browne) lebt mit ihrer Mutter Heather (Penelope Mitchell) und ihrem Stiefvater Ethan (Ryan Core) in einem recht heruntergewirtschafteten Mehrparteienhaus. Hier, in diesem verwinkelten, dunklen und sehr sporadisch ausgeleuchteten Reihenhaus herrscht die knausrige und verbitterte Eigentümerin Gunter (Robyn Nevin), die natürlich versucht, bei jedweder Reparatur zu sparen und dem behelfsmäßigen Hausmeister Ethan das Leben zur Hölle macht. Ethan, seinerseits nachts eigentlich Comic-Zeichner und -Autor, versucht nach Kräften mit beiden Beinen auf die Füße zu kommen, ist doch vor kurzem erst der kleine Bruder von Charlotte zur Welt gekommen, der Eltern erstes gemeinsames Kind. Charlotte ist eifersüchtig, fühlt sich vernachlässigt und in ihren Bedürfnissen nicht mehr wahrgenommen. Da kommt das kleine, plötzlich aufgetauchte Spinnentier gerade recht. Die Entdeckung wird bis auf das Äußerste geheim gehalten. Die Aufzucht bis zur Selbstaufgabe verteidigt. Sie wird gehegt und gepflegt, in einem Einmachglas gehalten, mit Kakerlaken gefüttert und wir wissen alle, dass dem nicht so bleiben wird…

Hier deutet sich schon an, wie kompliziert und schwierig es werden wird, das alles unter einen Hut zu bringen. Schließlich wohnt irgendwo in den Eingeweiden des Hauses auch noch die demente Großmutter, mit der der Film dann auch prologhaft beginnt. Der Rest wird retrospektiv erzählt, bis die beiden Zeitfenster sich wieder überschneiden.

Kia Roache-Turner wollte einen B-Film machen, weil er B-Filme liebt. Das erklärt auch die Spinne out of Space mit ihrer schmucken Reise auf die Erde. Auch der herrlich comichafte Vorspann erklärt sich von selbst. Das Puppenhaus steht natürlich als Sinnbild für die Figurenaufstellung. Außer der Kernfamilie bleiben alle Charaktere sehr grob gezeichnet, werden hin- und hergeschoben wie es gerade passt und dienen hauptsächlich als Handlungsimpulse für die Hauptfiguren.

Hier liegt Krux des Films: Die Familie liegt mit ihrem Problemkomplex dermaßen im Zentrum, dass ich ihr viel lieber beim Lösen dieser Probleme zugesehen hätte. Dass es da noch diese Spinne gibt, war für mich fast schon störend. Aber das wäre dann auch ein anderer Film. Das ist klar.

Außerdem sind da noch die Nebenfiguren: die alkoholkranke Spanierin, die verbitterte alte Kapitalistin, die demente alte Frau, der kaputte und fischzüchtende Asiate (um ein Sekret aus einer Drüse zu gewinnen) und nicht zuletzt der lustige Quoten-Afroamerikaner mit dem prekären Job. Ich weiß nicht, ob man das 2024 noch so machen muss. Kann man aber auf jeden Fall. Sting richtet sich wohl eher an ein jüngeres, horrorunerfahrerenes Publikum. Für Pros wird zu wenig Reibach gemacht. Für einen B-Film habe ich zu großes Interesse an den Figuren, der Humor ist bei aller Flachheit zu seicht. Da sei beherzt auf beiden Wyrmwood-Filme verwiesen. Für eine nette Kurzweil im Kreise der Familie taugt dieser Film aber allemal.

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