Wenn man sich nach dutzenden Italo-Western mal wieder einen US-Western ansieht, ist das immer ein bisschen so, als wäre man wieder 15 und sitzt an einem Samstagabend mit Opa vor dem TV-Gerät und schaut sich den Wunschfilm der Woche an. Neben meiner Leidenschaft für italienisches Filmschaffen, haben mich definitiv auch die großen Western Hollywoods sozialisiert, da empfand man John Wayne als cool und James Garner & Co als lustig. Anders als die Italiener, konnten die Amerikaner naturgemäß auf ihre Originalschauplätze zurückgreifen und verstanden es meist, das Setting groß und erhaben zu inszenieren. Natürlich hatten die Italiener in Spanien auch passende Umgebungen und Kieskuhlen gefunden, aber wer den Anfang von „40 Wagen westwärts“ sieht, weiß was ich meine. Diese Eröffnung mit den unfassbar schön gefilmten Landschaften ist ein Alleinstellungsmerkmal des US-Western, da konnten die Italiener machen, was sie wollten – Spanien gibt das nicht her. Erstrecht nicht, wenn Robert Surtees (Ben Hur, Die Reifeprüfung) die Kamera führt. Doch beeindruckt der Rest des Films heute ebenso noch, wie die Landschaftsaufnahmen? CAPELIGHT PICTURES spendierte uns zur Sichtung eine DVD, brachte den Film aber auch in einem 2-Disc Limited Collector’s Edition im Mediabook (Blu-ray + DVD) heraus. Da dieses bereits ziemlich vergriffen ist, folgt Ende des Monats noch eine Einzel-Blu-ray.

Originaltitel: The Hallelujah Trail

Regie: John Sturges

Darsteller: Burt Lancaster, Lee Remick, Jim Hutton, Donald Pleasence, Martin Landau, Brian Keith, John Anderson, Pamela Tiffin

Artikel von Kai Kinnert

Im Jahr 1867 geht in der Bergwerksstadt Denver der Whisky-Vorrat zur Neige. Ohne Nachschub droht den Minenarbeitern ein harter Winter. Vierzig Wagen voll beladen mit hochprozentigem Edelsprit sollen Abhilfe schaffen. Doch dafür müssen sie erst den weiten Weg durch die Prärie zurücklegen. Um sicherzustellen, dass die Lieferung unbeschadet die Stadt erreicht, wird der Treck von der Kavallerie, angeführt von Oberst Gearhart (Burt Lancaster), eskortiert. Der Begleitschutz ist auch bitter nötig, denn als die Nachricht über die wertvolle Fracht an die Öffentlichkeit dringt, werden andere Interessensgruppen auf den Schnaps aufmerksam, die schon bald ein hitziges Gefecht um das Feuerwasser anzetteln.

Eines lässt sich mit Gewissheit gleich zu Anfang zu diesem Film sagen: Es ist ein Farbfilm! Gedreht wurde er in Ultra Panavision 70, dem gleichen System, mit dem Quentin Tarantino auch The Hateful Eight drehte. Was für ein Bild! Groß, breit, prächtig in den Farben und der Landschaft einfach angemessen, inszenierte John Sturges seinen 150 Minuten langen Kalauer in wuchtiger Umgebung und jagt so mit einigem Aufwand den Treck durch ein wahrlich turbulentes Abenteuer. Selbstredend, dass es hier vor lauter Klischees und kultureller Aneignung nur so aus allen Fugen tropft, wobei die Rolle der Frau immer einen Schritt hinter den Männern zurücksteht und sie ohne Betreuung eigentlich nur Unsinn macht. Martin Landau spielt hier außerdem einen Indianer-Häuptling mit blauen Augen (!), was in heutigen Zeiten zu einer Selbstmordwelle bei filmischen Ethnologen führen würde. Doch Filmfans können das Gesehene einordnen und bleiben unaufgeregt.

Nach weiteren Minuten an Laufzeit lässt sich außerdem feststellen, dass der Film sehr lang ist. Es passiert zwar immer irgendwie etwas, aber dennoch tritt das Drehbuch gerne mal auf der Stelle. Man lässt quasi keinen Einfall aus, den Transport des Whiskys so kompliziert wie möglich zu gestalten und verliert dabei selber das Tempo des Films aus den Augen, wobei es ja nie „lahm“ wird, sondern einfach nur ein „zuviel“ gibt. Drei bis vier Szenen mit weniger Gesang wären hier schon mal ein guter Anfang gewesen, denn die Damentruppe der Anti-Alkohol-Gruppierung stimmt fast alle 10 Minuten ein Liedchen an, um die Indianer und Soldaten vom Alkohol zu bekehren. Auch geht es etwas zu lang hin und her, wieviel Whisky die Indianer nun bekommen könnten und etwas weniger Rast am Lagerfeuer hätte dem Tempo des Trecks auch gutgetan. Auf der Negativ-Seite des Films merkt man nämlich, dass 40 Wagen westwärts eigentlich nur ein lang erzählter Saufnasen-Witz ist, zu dem man selber ein paar Gläser an geistigen Getränken trinken sollte, um sich so das lange Drehbuch in Kurzweil ohne Zeitgefühl zu modellieren.

Doch ganz so schlimm ist es dann doch nicht, denn 40 Wagen westwärts hat neben seinem hohen, technischen Aufwand und einer großartigen Kameraführung, auch noch eine ansehnliche und unterhaltsame Besetzung zu bieten. Da ist Burt Lancaster, der hier den meisten Witz des Films einfährt, steht er doch als Offizier am Ende seiner Laufbahn meist erstaunt und fassungslos im Durcheinander des Trecks und versucht mit väterlicher Strenge den Laden zusammenzuhalten. Ihm gehören dann auch die besten Dialogzeilen des Films, die er knochentrocken vorträgt. Da ist Donald Pleasence, der hier das Orakel gibt, eigentlich schwerster Alkoholiker ist (ähnlich wie die Bergleute in Denver, die den Whisky bestellt haben) und nur sternhagelvoll zu Prognosen fähig ist. Da gibt es diese eine Szene mit ihm, in der er Brian Keith etwas von den Indianern übersetzt und ob des von ihm hingenuschelten Textes selber ins Schmunzeln gerät, es aber zu unterdrücken versucht. Da ist Jim Hutton, der immer wieder von den Aktionen der Frauen überrumpelt wird und gegenüber Burt Lancaster stets nach den richtigen Worten sucht. Da ist Lee Remick, selbstbewusst, forsch und attraktiv und natürlich Martin Landau als Chef Walks-Stooped-Over, der hier sichtlich Spaß am stoischen Minenspiel als Häuptling hatte. Und so kommt es dann, nach einer Intermission (der Film beginnt übrigens mit einer 3:30 Minuten langen Ouvertüre), in der zweiten Hälfte zum eigentlichen Höhepunkt des Abenteuers: dem Wagenrennen.

Plötzlich gerät alles in Wallung. Die Kutschen, die Indianer, die Bürgerwehr und die Kavallerie preschen im vollen Galopp durch die Prärie. Anlass sind die 10 Wagen mit Champagner, die sich die Indianer unter den Nagel gerissen haben und nun nicht nur Verfolger und Verfolgte sind, sondern auch noch mit explodierenden, warmen Champagner zu kämpfen haben. Hier gibt es einige gute Stunts zu bewundern. Es wird reichlich im vollen Galopp auf die Kutsche geklettert oder Stuntmen stürzen krachend zu Boden. Hier wurde nichts getrickst oder schneller gedreht, die Stunts sind nicht ohne und besitzen eine zeitlose Dynamik, was durch die gute Kameraführung noch unterstrichen wird.

Insgesamt ist 40 Wagen westwärts eine einzige Aneinanderreihung von Schmunzlern in toller Landschaft, die allesamt etwas aus der Zeit gefallen sind. Dank Burt Lancaster kommt aber der eine oder andere Gag auch in unserer Zeit an, wobei mir die Sache mit dem Indianer namens Symbol-Des-Guten-Willens am besten gefiel. Die Nummer kommt erst im letzten Drittel des Films vor und sorgt für Burt Lancasters beste Textzeile, die man nur schwer zitieren kann, da der Gag nur im Kontext des Trubels wirkt. Technisch ist 40 Wagen westwärts ein Big-Budget-Breitwand-Produkt in prächtigen Farben und hervorragender Umsetzung, inhaltlich kommt man da nicht ganz so hinterher. Fans großer Western werden hier aber dennoch auf ihre Kosten kommen, erst recht, wenn man eine riesige Glotze im Wohnzimmer stehen hat. Am Ende gefiel mir dieser Ausflug nach Hollywood. Da bekommt man wieder Lust auf Western.

Das Bild der gesichteten DVD ist für eine DVD recht gut geworden, die Farben sind satt, prächtig und klar, der Ton ist gut. Als Extras gibt es einen Trailer.

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