Eigentlich wollte ich die Rezension zu diesem großen Klassiker des Horrorgenres nicht mit einer Bemerkung zum Thema „Zensur“ beginnen, änderte dann aber meine Meinung nach dem Lesen des Booklets von Tobias Hohmann, der in seiner, ansonsten interessanten, Abhandlung zur Veröffentlichung des Films, den in der Horrorfilmszene oft bemühten Artikel 5 des Grundgesetzes aus dramaturgischen Gründen nur „gekürzt“ zitiert. In Artikel 5 steht zwar in Abschnitt (1) „Eine Zensur findet nicht statt“, wird dann aber in (2) ergänzt mit: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre“. Die Kürzung von Szenen, oder gar eine Beschlagnahme von Filmen, hat also nie gegen Artikel 5 Absatz (1) verstoßen, denn Abschnitt (2) kündigte ein mögliches Eingreifen schon an. Ein Umstand, den die Sammlerszene oft vergisst. Wie dem auch sei – TCM 2 ist einer der ganz großen Klassiker, den man damals als verwaschene VHS-Kopie vom abgelutschten NTSC-Band kopierte, was am Ende ähnlich aussah, wie in den Extras bei den „Entfernten Szenen“. Damals wie heute ist The Texas Chainsaw Massacre 2 eben eine schmackhafte Erweiterung der eigenen Filmsammlung. TURBINE brachte den Horror-Knallbonbon nun in einem schönen Mediabook (Ultra HD Blu-ray + 2x Blu-rays) heraus.
Regie: Tobe Hooper
Darsteller: Caroline Williams, Bill Moseley, Jim Siedow, Bill Johnson, Dennis Hopper
Artikel von Kai Kinnert
Leatherface verbreitet weiter Angst und Schrecken. Seit einem Jahrzehnt will Texas Ranger Lefty Enright (Dennis Hopper) den grausamen Mord an seiner Familie durch die legendären Sawyers rächen. Mit Hilfe der jungen Radio-Moderatorin Stretch (Caroline Williams) findet er bald die labyrinthartige Metzgerei der Sawyers. Das große Schlachtfest beginnt!
Tobe Hooper war wohl recht unglücklich darüber, dass niemand den „schwarzen Humor“ des ersten Teils erkannte. Bei den Bildern ist das auch kein Wunder. Und überhaupt – welcher Humor denn? Mag Tobe Hoopers Ansatz auch ein parodistisches Augenzwinkern gewesen sein, erkennen konnte man das als Zuschauer nicht, denn die Atmosphäre und die Bilder stehen im krassen Gegensatz zu irgendeinem „Humor“. Ein Umstand, den Hooper mit der Fortsetzung direkt ausmerzen wollte. Das, was die Zuschauer des ersten Teils nicht erkannten, sollte in der Fortsetzung nun eindeutig und klar hervorstechen: The Texas Chainsaw Massacre 2 nimmt sich zu keinem Zeitpunkt ernst. Surreal, bunt, schrill, laut und blutig sollte es werden, um so keine Zweifel aufkommen zu lassen, wohin die Reise gehen soll. Der Spagat zwischen „Komödie“ und „blutigem Ernst“ gelingt aber auch hier nur bedingt, denn Tobe Hooper war scheinbar doch ein recht humorfreier Typ und knallte auch für diesen Film einige krasse Szenen heraus. Dafür wird mehr geschrien, es gibt mehr Blut und „die Familie“ bekommt mehr Raum für ihren Irrsinn. Oh Mann. Der eigentliche Höllenritt beginnt, wenn Leatherface (Bill Johnson) und Chop-Top (Bill Moseley) in die kleine Radiostation eindringen und sich um Lou (Lou Perryman) und Caroline (Caroline Williams) kümmern.
Ab hier brechen im Film alle Dämme. Es gibt Szenen in TCM 2, die ich seit über 30 Jahren nicht vergessen habe und die mich bis heute noch begeistern. Wenn Leatherface in der Radiostation plötzlich aus der Dunkelheit hervorgestürzt kommt, die Kettensäge knatternd vorhaltend, erschrecke ich mich noch immer (diese Szene kommentiert Tobe Hooper im Audiokommentar mit einem brummeligen Schmunzeln: „What a touchy effect…“), gleich gefolgt von Chop-Top, der mit dem Hammer in einer Tour „Incoming Mail“ schreit und auf Lous Schädel einschlägt, während Letherface sich minutenlang in einem „Chainsaw Rape“ an Caroline ergeht. WTF??!
Später wird es nicht angenehmer. Leatherface hätte Caroline wohl gerne als Freundin und schenkt ihr als Zeichen seiner Liebe das Gesicht von Lou, der zuvor noch von ihm tranchiert wurde. Leatherface spielt grunzend mit der Gesichtshaut von Lou herum und zieht ihr anschließend den schlappigen Lappen über, setzt ihr noch den Stetson auf, tanzt mit ihr und möchte, dass sie fortan in dieser Aufmachung durch die Höhlen rennt. Crank! Doch soweit kommt es nicht, denn Lou ist doch noch nicht tot und erwacht krächzend neben Caroline – nur leider mit deutlich weniger Haut am Körper als zuvor, und fragt sich, warum ihr Gesicht so komisch aussieht. Die Nummer mit dem Gesicht und dem tranchierten Lou ist völlig losgelöstes Kino und gipfelt anschließend in der gänzlich wahnsinnigen Szene am Esstisch. Großvater (Ken Evert) soll nun, ähnlich wie im ersten Teil, seinen Blutdurst gestillt bekommen und darf dafür den Hammer schwingen. Der Irrsinn ist nicht mehr zu stoppen. Doch dann kommt der hysterisch brüllende Dennis Hopper ins Spiel, der gleich drei Kettensägen schwingt und sich durch die Höhle fräst. Nun sprechen die Kettensägen.
The Texas Chainsaw Massacre 2 ist und bleibt deftiges Kino mit einigen tollen Effekten von Großmeister Tom Savini. Tobe Hoopers Genre-Krönung der späten 1980er ist schrill, laut und des Wahnsinns fette Beute, ein Muss für jeden Splatter-Fan und grobes Independent-Kino im Gewand einer Mainstream-Produktion außerdem. Für mich sind The Texas Chainsaw Massacre 1 und 2 die besten Arbeiten von Tobe Hooper, der hier wieder ganz maßgeblich an der Ikonografie des Genres bastelt. Flankiert wird der Film durch einen ganzen Sack voll an Extras und Audiokommentaren, die allesamt interessant sind. Eine feine Veröffentlichung durch Turbine, die sich der geneigte Fan sicher nicht entgehen lassen wird. Mir hat der Film noch immer deftig gut gefallen!
Das Bild der gesichteten Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ebenso. Als Extras gibt es Audiokommentare von Tobe Hooper (Regie, Co-Autor, Co-Produzent) – Moderation David Gregory, Bill Moseley und Caroline Williams (Schauspieler) sowie Tom Savini (Make-Up-F/X) – Moderation Michael Felsher, Richard Kooris (Kamera), Cary White (Ausstattung), Laura Kooris (Script Supervison) und Michael Sullivan (Requisite), sowie von Dr. Mark Benecke (Kriminalbiologe) und Dr. Matthias Scheffzek (Pathologe). Dazu noch neue Interviews mit Caroline Williams (Stretch-Darstellerin – ca. 31 Min.), Kirk Sisco (Detective-Darsteller – ca. 14 Min.), Barry Kinyon (Yuppie-Darsteller – ca. 13 Min.), Barton Mixon (Make-up-Effekte – ca. 20 Min.) und Gabe Bartalos (Make-up-Effekte – ca. 18 Min.). Außerdem noch Interviews mit Make-up-Effekte-Crew Bart Mixon, Gabe Bartalos, Gino Crognale und John Vulich (ca. 42 Min.), Schauspieler-Crew Chris Douridas und Barry Kinyon (ca. 19 Min.), Cutter Alain Jakubowicz (ca. 17 Min.) und Stuntman Bob Elmore (ca. 14 Min.). Weiter geht’s mit: Es liegt in der Familie (ca. 82 Min.), Erweiterte Interviews (ca. 30 Min.), Hinter den Kulissen (ca. 44 Min von Tom Savini) und 5 Entfernte Szenen (ca. 13 Min.). Abschließend noch der Besuch der Drehorte (25 Min.) und 6 Bildergalerien. Da kann man sich einen ganzen Tag mit beschäftigen!
Turbine Shop:
Full Set: Mediabooks Cover A, B, C, D & E
Full Set: Mediabooks TCM 1 & 2 & Leatherface Artwork Timo Wuerz