Während Hollywood im Big Budget Bereich zuletzt des Öfteren seine Filme gegen die Wand gefahren hat, waren die letzten Monate immer wieder geprägt von sehenswerten kleineren Produktionen, die mit viel Kreativität den Mangel an Produktionsgeldern wieder wett machen konnten. Hierzu gehört auch der kleine, fiese Serienkiller-Thriller Strange Darling, den CAPELIGHT PICTURES kürzlich im Heimkino veröffentlichte. Doch der Weg dorthin war steinig, da Produktionsfirma Miramax ganz eigene Vorstellungen hatte, die sich mit denen des Regisseurs und Drehbuchautoren JT Mollner nicht deckten. Glücklicherweise gab es hinter den Kulissen ein Happy End, weswegen ich Euch diesen Film, zu dem Ihr möglichst wenig vorab wissen solltet, spoilerfrei ans Herz legen möchte.

Drehbuch und Regie: JT Mollner

Darsteller: Willa Fitzgerald, Kyle Gallner, Ed Begley Jr., Barbara Hershey, Madisen Beaty

Artikel von Christian Jürs

Als ich neulich in der Sendung Pantoffelkino kurz die Veröffentlichung von Strange Darling erwähnte, fasste ich die Handlung kurz und knapp zusammen als Frau wird von Serienkiller verfolgt. Danach bekam ich von einem Zuschauer die Nachricht, dass ich den Film offenkundig noch nicht gesehen hatte. Ich kann es nicht leugnen, bin aber froh, dadurch keinerlei Spoiler von mir gegeben zu haben. Nun habe ich das zweite Regiewerk von JT Mollner (Outlaws and Angels) nachgeholt – und werde Euch trotzdem nicht viel mehr verraten. Ihr werdet es mir danken.

Der Film startet mit einer Laufschrift-Einblendung, die verdammt an den legendären Anfang des Kultfilms The Texas Chainsaw Massacre erinnert und uns weismachen möchte, dass die kommenden Ereignisse auf wahren Begebenheiten beruhen. Das ist natürlich alles Kokolores, aber ein stimmiger Einstieg. Danach lernen wir, auf unkonventionelle Art und Weise, unsere beiden namenlosen Hauptfiguren kennen. Eine panisch aus dem Wald laufende, junge Frau mit Verletzung am Ohr, die uns als „The Lady“ vorgestellt wird und ihr Verfolger, der schlicht „The Demon“ genannt wird (in der deutschen Untertitelung nennt man ihn „Der Teufel“). Unterlegt wird die Zeitlupen-Szenerie dabei vom Gassenhauer Love Hurts, hier interpretiert von Z Berg und Keith Carradine, den ich als Special Agent Lundy in den neueren Staffeln der Serie Dexter immer noch vermisse.

Die Szenerie wechselt zu einer Autoverfolgungsjagd, in der sie vor ihrem brutalen Verfolger flieht. Eine Situation, die scheinbar nur wenige Momente vorher stattgefunden haben muss. Es ist nicht der einzige Zeitsprung, den wir in dieser, zunächst undurchsichtigen, Geschichte präsentiert bekommen – und zugleich eines der großen Pluspunkte des Films, zu dem es beinahe nicht gekommen wäre.

Denn die Geschichte von Strange Darling wird uns in sechs Kapiteln plus Epilog erzählt, die, ähnlich wie einst in Tarantinos Pulp Fiction oder seinem Erstling Reservoir Dogs, nicht chronologisch erzählt wird. Dadurch erzeugt die eigentlich recht simple Story eine besondere Faszination beim Zuschauer. Einige Dinge, die offensichtlich scheinen, entpuppen sich durch diesen Kniff erst spät als gänzlich andere Realität. Ich erspare Euch genauere Einzelheiten, um den Spaß an der Geschichte nicht zu verderben.

Dies wäre ausgerechnet der Produktionsfirma Miramax, die besagte Tarantino Klassiker produzierte, gelungen, indem sie sich maßgeblich in die Entstehung einmischten. Nachdem ihnen erstes Material vorgelegt wurde, stoppten sie die Dreharbeiten, um massive Änderungen vorzunehmen. So empfanden sie Willa Fitzgerald (Scream – Die Serie), die Darstellerin der „Lady“ als unpassend und wollten sie ersetzen lassen. Auch die Idee, die Geschichte in nicht-chronologischer Reihenfolge zu erzählen, stieß ihnen sauer auf. Glücklicherweise konnte sich Regisseur und Drehbuchautor JT Mollner aber in beiden Punkten schließlich durchsetzen. Eine geplante, größere Szene an einem Fluss musste durch die Verzögerungen jedoch gestrichen werden, da hierfür schlichtweg kein Geld mehr übrig war. Macht aber nix, was hier für magere 4 Millionen Dollar Budget gezaubert wurde, ist schlichtweg atemberaubend.

Auch wenn ich Euch hier so gar nichts von der Handlung verraten habe, was die beste Voraussetzung ist, um Spaß an Strange Darling zu haben, möchte ich Euch diesen kleinen, fiesen Reißer unbedingt ans Herz legen. Die Geschichte ist originell, die Chemie zwischen den beiden Schauspielern Willa Fitzgerald und Kyle Gallner (Smile 1 & 2) funktioniert hervorragend (was sich insbesondere in Kapitel 1 widerspiegelt), es gibt ein putziges Wiedersehen mit den alternden Hollywood-Stars Ed Begley Jr. und Barbara Hershey als Hippie-Pärchen (wobei er darauf besteht, ein Biker zu sein) und dann ist da noch diese geile Optik.

Diese geht, und das ist eine besondere Überraschung, auf das Konto von Chefkameramann Giovanni Ribisi. Richtig gelesen, der bekannte Schauspieler (Avatar – Aufbruch nach Pandora) gab hier, nach ein paar Kurzfilmen und Musikvideos, sein Debut im Kamerabereich und bewies damit ein unglaubliches Gespür für tolle Bilder und Farbgebung. Alleine die letzte Einstellung von Strange Darling ist zum Niederknien. Ihr werdet verstehen, was ich meine, wenn Ihr es seht.

Auch wenn einer der großen Plot-Twists nach nur wenigen Filmminuten erahnbar ist, bleibt Strange Darling durchweg spannend und dürfte auch, dank seiner tollen Bilder, der guten Darsteller, seiner knappen Laufzeit (97 Minuten) und dichten Atmosphäre, bei mehrmaligem Anschauen gut funktionieren. Ein kleiner Geheimtipp, den Ihr Euch nicht entgehen lassen solltet. Und denkt dran: One-Night-Stands sind gefährlich, denn der Bettpartner könnte sich als Serienkiller entpuppen.

Mir lag zur Rezension die Blu-ray-Variante vor. Diese besticht durch tolle Bild- und Tonqualität und eine gewohnt hochwertige Synchronisation. Ein Wendecover ohne FSK-Logo ist vorhanden, ansonsten gibt es leider kein Bonusmaterial. Dem Mediabook liegt aber immerhin ein Booklet bei.

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