Seit 2007 versuchte man in Hollywood immer wieder, eine Neuverfilmung von James O´Barrs Kultcomic auf die Beine zu stellen. Mark Wahlberg, Jason Momoa und Luke Evans waren dabei mögliche Kandidaten, das Erbe des Brandon Lee anzutreten – vergeblich. Obwohl es der Originalfilm bereits auf drei missratene Fortsetzungen und eine halbwegs brauchbare Serie mit Marc Dacascos gebracht hat, die allesamt in Vergessenheit geraten sind, hielt man ein Remake für eine gute Idee. Und ich schreibe bewusst Remake, um die Puristen unter Euch, die jetzt aufschreien werden, dass wir hier kein Remake, sondern eine Neuinterpretation vorliegen haben, zu triggern. Der Film, der so lange in der Produktionshölle gefangen war, geriet dann letztes Jahr, als er endlich das Licht der Welt erblickte, an der Kinokasse zu einem finanziellen Fiasko, dem vernichtende Kritiken vorausgingen. Davon habe ich mich aber nicht abhalten lassen, den jetzt von LEONINE STUDIOS im Heimkino veröffentlichten Rächerstreifen mit Bill Skarsgård in der Titelrolle für Euch zu sichten. Vielleicht kann The Crow 2024 ja doch was.

Regie: Rupert Sanders

Darsteller: Bill Skarsgård, FKA twigs, Danny Huston, Laura Birn, Sami Bouajila

Artikel von Christian Jürs

Auch wenn der Originalfilm aus dem Jahr 1994 aufgrund seiner tragischen Produktionsgeschichte nicht zu dem werden konnte, was Regisseur Alex Projas ursprünglich geplant hatte, so geriet The Crow – Die Krähe trotzdem zu einem atmosphärischen Kultfilm, der die Traurigkeit der Comicvorlage bestens einfangen konnte. Für Zeichner James O’Barr war das Zeichnen des Grafic Novels damals eine Therapie, mit der er den gewaltsamen Tod seiner großen Liebe verarbeiten wollte. Entsprechend düster und grimmig geriet die Geschichte, die in Filmform zwar abgeschwächt wurde (auch aufgrund massiver Eingriffe seitens der MPAA). Damals rückte die Vorgeschichte um die Liebe zwischen Eric Draven und seiner Liebsten Shelly an den Rand, wohl auch, weil Brandon Lee schlichtweg nicht mehr da war, um entsprechende Handlungsszenen zu spielen. Trotzdem verstand man problemlos, dass hier zwei wirklich Liebende aus dem Leben gerissen wurden, was insbesondere dem intensiven Spiel Brandon Lees zu verdanken war, sowie dem Setting und dem grandiosen Soundtrack.

Die Neuverfilmung hatte das Problem eines verschiedenen Hauptdarstellers glücklicherweise nicht und konzentriert sich in der ersten Hälfte auf die keimende Liebe zwischen Eric (Bill Skarsgård) und Shelly (FKA twigs), ehe das Unglück über sie hereinbricht. Zunächst aber lernen wir Shellys beste Freundin Zadie (Isabella Wei) kennen, die ein Handyvideo an ihre beste Freundin weiterleitet, welches sie bereits in Lebensgefahr brachte. Darauf zu sehen ist der reiche Geschäftsmann Vincent Roeg (Danny Huston), der eine teuflische Fähigkeit besitzt. Er ist in der Lage mit seiner Stimme Menschen in den Suizid zu zwingen. Für Zadie bedeutet dieses Wissen das Ende ihres Lebens. Netterweise ist nun, da Zadie das Video an Shelly verschickt hat, deren Leben ebenfalls keinen Pfifferling mehr wert (gute Freunde sind halt das A und O im Leben).

Shelly befindet sich deshalb auf der Flucht, wird aber wegen Drogenbesitzes in eine Rehaklinik eingewiesen. Dort lernt sie schließlich Eric kennen, der ganz viele traurige Tattoos am Körper trägt (etwa ein „Good Boy“, wobei „Good“ durchgestrichen ist – sehr subtil) und immer traurig dreinblickt. Schnell fühlen sich beide zueinander hingezogen, denn „die Welt hasst sie beide“ (was für eine tolle Gemeinsamkeit). Das frische Liebespaar beschließt auszubrechen, um gemeinsam ihr Leben in Freiheit zu bestreiten.

Danach sehen wir sie dann ausgiebig beim Schlendern, beim Sex und beim philosophischen Sinnieren über das Leben. Erinnerungen an das Date von Frank Drebbin und Jane Spencer in Die nackte Kanone werden wach, nur dass Eric und Shelly nicht lachend aus Platoon herausspazieren. Gut die Hälfte des Films vergeht mit der Romanze, die wenig glaubwürdig daherkommt. Ja, sie mögen sich sehr und Eric trägt, neben seinen albernen Tattoos auch Sachen, die Obdachlose in der Altkleider-Sammlung liegenlassen würden, während sich Shelly-Darstellerin FKA twigs bemüht, sowas wie Schauspielern hinzubekommen – ohne Erfolg und ohne jegliche Chemie zum Filmpartner.

Irgendwann ist es dann aber endlich soweit und die bösen Buben finden Shelly und Eric und bringen beide, recht unspektakulär, um die Ecke. Natürlich kehrt Eric sogleich aus dem Totenreich zurück, wo er in einer Art Zwischenwelt auf Kronos (Sami Bouajila) trifft, der den Erklär-Bär gibt und Eric offenbart, dass er nun die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen muss, da nur so Shelly eine Ewigkeit in der Hölle erspart bliebe. Wieso, weshalb, warum wird dabei nicht schlüssig erklärt. Friss es oder vergiss es.

Was folgt, ist die Rache. Allerdings zunächst wenig konsequent mit einem Eric, der nun zwar unverwundbar ist, aber ansonsten überfordert ist mit seiner Aufgabe, weswegen er auch nochmal vom Erklär-Bär zur Seite genommen wird und ermahnt wird, dass Shelly in der Hölle schmoren wird, wenn Eric nicht alle umbringt (eine merkwürdige Moral). Danach folgt dann ein etwa halbstündiges Gemetzel, bei dem reihenweise Schergen des bösen Roeg zerschnetzelt werden, ehe es den Hauptbösen an den Kragen geht. Das ist alles zwar wesentlich brutaler und grafischer als beim Originalfilm, jedoch dem Zuschauer auch reichlich egal, da wir die zwei Dutzend gemeuchelten Handlanger gar nicht kennen und die Choreographie in Zeiten von John Wick & Co. reichlich altbacken wirkt. Auch die Tatsache, dass Eric nach drei Dutzend Kugeln im Körper immer noch aufsteht, als sei nichts gewesen, macht die ganze Nummer zunehmend langweiliger. Es ist, als würde man an der Playstation einen Unverwundbar-Cheat nutzen. Sieht zwar alles immer noch ganz geil aus, wirkt aber auch langweilig. Egal,hauptsache, es fliegen Gliedmaßen lautete hier die Devise.

Auf der Zielgeraden, wenn es Roeg und seiner besten Killerin, Marion (Laura Birn) schließlich an den Kragen geht, werden diese unglaublich redselig und zerquatschen den letzten Rest Atmosphäre. Etwas, was in der darauffolgenden, kitschigen Endszene ebenfalls passiert. Lieber Rupert Sanders, wenn Du Deinen nächsten Film inszenierst, halte Dich doch bitte an die Prämisse „Show, don´t tell„. So aber wird auch dem dümmsten Zuschauer alles haarklein erklärt, vermutlich, weil man im Vorfeld bereits vermutet hat, dass ein Großteil des Publikums zwischendurch einnicken oder am Smartphone spielen dürfte (was durchaus verständlich wäre). Dafür vergisst der Film leider vollends, auf die Fähigkeiten des Bösewichts näher einzugehen. Diese bekommen wir lediglich am Rande mit, zumal zwei Szenen, in denen diese zum Tragen kommen, lediglich in den Deleted Scenes zu finden sind. Hier hätte der Film durchaus interessant sein können, isser aber nicht. Was die Bezeichnung Remake angeht, so scheut man sich hier nicht, ebenfalls auf einen punkigen Soundtrack zu setzen. Nur wirken die eingesetzten Songs von Joy Division und Co. in diesem Hochglanzspektakel irgendwie fehl am Platze. Da hat der Originalfilm weit die Nase vorn.

Ob Neuinterpretation oder Remake – The Crow anno 2024 ist ein seelenloser Actionfilm, der zwar handwerklich in Ordnung geht und dem Splatterfan auf der Zielgerade durchaus gefallen könnte, jedoch keinerlei eigene inszenatorische Akzente setzt. Keiner der Darsteller überzeugt, nicht mal ob Neuinterpretation oder Remake – dies hier ist leider ein seelenloser Actionfilm, der zwar handwerklich in Ordnung geht, jedoch keinerlei eigene inszenatorische Akzente setzt. Keiner der Darsteller überzeugt, auch Bill Skarsgård, der gerade in Nosferatu – Der Untote weitaus mehr beeindruckt und in Punkto Action zuletzt in Boy Kills World ebenfalls überzeugender agierte, bietet Schauspiel auf Autopilot. Sängerin FKA twigs sollte außerdem besser bei ihrem Hauptberuf bleiben und die Krähe möge nun in Frieden ruhen. Kra Kra Krächz!

Mir lag zur Rezension der DVD-Rohling vor. Bild- und Tonqualität sind entsprechend. Im Bonusmaterial befinden sich diverse Featurettes, Deleted Scenes, Trailer und die Hörfilmfassung.

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