Anfang der Achtzigerjahre war Sylvester Stallone verzweifelt auf der Suche nach einem Box Office-Erfolg. Zwar konnte er mit Rocky und Rocky II die Kassen klingeln lassen, doch alle anderen Streifen gingen sang- und klanglos an der Kinokasse unter. Da kam ihm die Hauptrolle in der Verfilmung einer wahren Geschichte über eine Gruppe Kriegsgefangener, die im Zweiten Weltkrieg gegen deutsche Soldaten antraten, um ihnen auf dem Fußballfeld entgegenzutreten, gerade recht. Gemeinsam mit Michael Caine und vielen damals bekannten Fußball-Legenden, sowie John Huston auf dem Regieposten, schien ein Hit vorprogrammiert. Doch die Verfilmung hielt sich nur sehr vage an die tatsächlichen Ereignisse und der erhoffte Erfolg blieb abermals aus. PLAION PICTURES spendiert dem Film dennoch ein Mediabook, damit Stallone-Fans eine weitere Lücke im Sammler-Regal schließen können.

Originaltitel: Victory / Escape to Victory
Regie: John Huston
Darsteller: Sylvester Stallone, Michael Caine, Max von Sydow, Pelé, Arthur Brauss
Artikel von Christian Jürs
Das ursprüngliche Skript von Flucht oder Sieg erzählte die auf Tatsachen beruhende, dramatische Geschichte einer Gruppe Kriegsgefangener, die gegen deutsche Soldaten im Fußball antraten. Doch entgegen der leichtfüßigen Version mit FSK 6-Freigabe, die wir schließlich zu Gesicht bekamen, wurden die Spieler unter massiven, lebensgefährlichen Druck gesetzt. Würden sie das Spiel verlieren, so bot man ihnen die Freiheit in der Schweiz an. Doch sie entschieden sich, auf Sieg zu spielen und wurden daher, noch vor Ort, allesamt hingerichtet. Für den Film entschied man sich allerdings, einen völlig anderen Weg zu gehen und so wurde aus Flucht oder Sieg eine lockere Mischung aus Gesprengte Ketten und Rocky, sogar mit einem Soundtrack von Bill Conti, der, vor allem im Finale, verdächtig nach dem Sound der Boxer-Saga klingt.

Immer wieder versuchen Häftlinge aus dem Kriegsgefangenenlager für britische und amerikanische Soldaten, welches unter der Leitung von Major Karl von Steiner (Max von Sydow) steht, zu entkommen. Doch die Fluchtversuche enden meist tödlich. Auch der amerikanische Neuankömmling Captain Robert Hatch (Sylvester Stallone) will sein Glück wagen. Doch seine Pläne führen allesamt nicht zum gewünschten Erfolg. Dann aber unterbreitet Major von Steiner eines Tages dem britischen Captain John Colby (Michael Caine) eine fixe Idee, um den Gefangenen-Alltag etwas abwechslungsreicher zu gestalten. Er schlägt dem Gefangenen einen Deal vor, in Form eines Fußballspiels zwischen Gefangenen und Wärtern – mit einer fairen Chance für die Inhaftierten und Freiheiten, die ihnen ansonsten niemals gestattet worden wären.
Colby stellt seine Aufstellung zusammen und holt auch den ausbruchwilligen Hatch ins Team, der zwar nur als mittelprächtiger Torwart mit großer Klappe einsetzbar ist, den Gefangenen aber auf andere Art behilflich sein soll. Da die Deutschen das Fußballspiel mittlerweile als große Propagandashow in Paris zelebrieren wollen, bitten Colby und seine Männer Hatch, im Falle seines erfolgreichen Ausbruchs die Résistance zu kontaktieren, damit die der gesamten Mannschaft zur Flucht aus dem Stadion verhelfen können. Tatsächlich gelingt dies dem Ausbrecher, als es dann im Spiel zur Halbzeitpause zur großen Flucht kommen soll, hegen die Spieler aber Zweifel, da sie sich gegen die Deutschen beweisen wollen. So stellt sich die Frage: Flucht oder Sieg?

Wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei Flucht oder Sieg mitnichten um ein realistisches Kriegsdrama. Die Gefangenen im Lager haben ein erstaunlich laxes Leben, was auch daran liegt, dass Max von Sydows Charakter ein Lager-Major mit Herz ist, der für sein Fußball-Spiel den Gefangenen erstaunlich viele Freiheiten ermöglicht und auch im Filmfinale an entscheidender Stelle mit einem Lächeln im Gesicht ein Auge zudrückt. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum mir der Film von John Huston (Misfits – Nicht gesellschaftsfähig) damals als Kind deutlich besser gefiel als heute. Auch der plötzliche Sinneswandel, die aufwändig geplante Flucht in letzter Sekunde anzusagen, um den Deutschen auf dem Spielfeld den Hintern zu versohlen, erscheint wenig glaubwürdig.
Hinzu kommt, dass das Fußball-Match weniger Schauwerte als erwartet bietet. Zwar engagierte man für den Großteil der Spieler echte Fußball-Legenden, die in den Rollen der Gefangenen agierten und allesamt überzeugende Tricks auf Lager hatten, doch Hustons Regie weiß nicht so recht damit umzugehen, auch wenn Leute wie Pelé hier und da ein paar Tricks darbieten durften. Von Michael Caine gibt es auf dem Platz lediglich wenige Nahaufnahmen zu sehen, da der damals 47-jährige angeblich so gar nicht mit dem Ball umgehen konnte. Sylvester Stallone hingegen trainierte mehrere Wochen, ein echter Torwart wurde natürlich trotzdem nicht aus ihm. Seine Boxer-Action wirkt deutlich spektakulärer als die müden Bälle, die er für seine Mannschaft halten durfte.

Apropos Sylvester Stallone: Der wurde hier, nach Nachtfalken, zum zweiten Mal von Thomas Danneberg synchronisiert, nachdem Jürgen Prochnows Schauspiel-Karriere in Schwung kam. Zu verdanken haben wir diese geniale Stimmbesetzung übrigens keinem geringerem als Arne Elsholtz, der für Nachtfalken und Flucht oder Sieg die Synchronregie übernahm. Als kleiner Wermutstropfen ist hier aber leider noch nicht Jürgen Thormann auf Michael Caine zu hören.
Die Bild- und Tonqualität der vorliegenden Presse-Blu-ray sind hervorragend. Im Bonusbereich befinden sich Trailer und die deutsche Super-8-Fassung des Films, die die komplette Handlung völlig zusammenhanglos in wenigen Minuten zusammenstaucht – ein nettes Kuriosum. Ein Booklet soll natürlich ebenfalls vorhanden sein.
Flucht oder Sieg ist kein zu Unrecht vergessener Klassiker, trotzdem werden sich Fans von Sylvester Stallone freuen, auch diesen Film endlich in HD im Regal verstauen zu können.
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