Diese Rezension wollte ich schon vor langer Zeit schreiben, gleich schon nach der ersten Sichtung des Films vor etlichen Monaten – aber es kam immer etwas dazwischen. Im Laufe der Wochen hatte ich mir den Streifen immer wieder angesehen, fünfmal insgesamt, unfassbar eigentlich, warum mache ich das – ach ja, ich wollte ständig was über dieses Spektakel schreiben, aber es klappte dann doch nicht. Bis jetzt, wie Sie ja gerade lesen können. Tony Jaa mit seinem Fist of the Warrior ist schuld daran, der Streifen, in dem Tony die ganze Zeit „Warum hast du meine Familie getötet“ brüllt und emotional enthemmt Rache am Tod seiner Familie nimmt. Die Inszenierung dieser Beijing-Produktion ist hanebüchen und sofort fiel mir wieder dieser Knallfrosch von Film ein, der ob seiner grottenschlechten Kostüme und einer vollwertigen Reduktion auf Hongkong-Action Pimpelpatz-Knalltüten-Kirmes geradezu ein Gruß aus der Königsklasse ist. Während man bei Tony Jaa so tat, als würde man einen Hongkong-Actionfilm drehen, zeigten die Rentner des Hongkong-Actionkinos Marco Mak, Corey Yuen und Sammo Hung den Jungspunden aus China, wo der Frosch die Locken hat. Nicht unbedingt in Sachen „harte Stunts“, wohl aber im Irrsinn einer souverän erprobten Dauerbeschäftigung in der HK-Filmindustrie. Die Jungs wissen, wie man allerlei Action-Unsinn mit schlechtem Geschmack gekonnt zusammenbraut. Erstrecht, wenn man das Finale mit einem gut gelaunten Anthony Wong bestreitet. CARGO MOVIES / TG VISION brachten den Film vor einigen Monaten schon auf Blu-ray heraus.

Originaltitel: Jue se wu qi

Regie: Marco Mak

Darsteller: Sammo Hung, Jennifer Tse, Andy On, Philip Ng, Anthony Wong, Wilson Tong, Ellen Chan

Artikel von Kai Kinnert

Der Interpol-Agent CK Long hat vor fünfzehn Jahren einen milliardenschweren Drogendeal verhindert. Das Kartell hat sich gerächt, indem es die Attentäter-Organisation von Madame Rose angeheuert hat, um CK Longs gesamte Familie zu töten. Long selbst überlebt und glaubt, dass seine kleine Tochter noch lebt. Tatsächlich wurde das Mädchen in diesen fünfzehn Jahren von Madame Rose entführt, einer Gehirnwäsche unterzogen und zu der schönen, sexy Killerin Phoenix ausgebildet. Phoenix ist mittlerweile der Top-Killer in Madame Roses Organisation. Sie ist kampferprobt und erfüllt ihre Missionen immer. Dank ihrer Mörderbande hat Madame Rose ihre kriminelle Organisation erweitert und führt nun Missionen in vielen Teilen der Welt durch. CK Long hätte nie gedacht, dass er eines Tages zum Ziel der Mission seiner eigenen Tochter werden würde.

Der Vorteil, den dieser Film gegenüber Tony Jaas aktueller chinesischer Auftragsarbeit Fist of The Warrior hat, hat, ist Wong Jing, der zwar auch Auftragsarbeiten produziert, dafür aber buntere, wildere. Schlechter Geschmack, eine lumpig zusammen geklaubte Handlung und viel Tamm-Tamm und Potz-Blitz mit einer guten Besetzung sind das Markenzeichen von Vielfilmer Wong Jing, eine Art Cannon Pictures aus Asien in Personalunion. Der Kerl hat über 220 Drehbücher in knapp 35 Jahren geschrieben, und fast genauso viel davon auch selber produziert. Naked Soldier ist nun so ein Produkt aus dem Wong Jing Stall, der damit auch einiges aufzuweisen hat, wenn man sich denn auf ein routiniert inszeniertes Actionspektakel mit Rummel-Charakter und Hang zum Krawall einlassen kann.

So beginnt es dann auch Zack-Zack. Sammo ist ein Superbulle, eine Legende bei den jungen Kollegen und landet zu Anfang auch gleich den Mega-Coup in Sachen Beschlagnahme. Eine kurze Rückblende zeigt, dass Sammo allerdings eine harte Zeit hatte. In den 80ern wurden seine Familie und er zu Weihnachten in den USA überfallen und ermordet, sogar seiner alten Mutter, die im Rollstuhl sitzt, wurde durch den Kopf geschossen. Irgendwelche Tanktop-Hoodie-Mönche und eine Trulla, die wohl obersexy sein sollte (und es nicht ist), hatten das Kommando. Während des Überfalls trägt Sammo so eine protzige, goldene Weihnachtskette um den Hals, diese Kette wird sich dann seiner kleinen Göre einprägen, die von dem schlecht gekleideten Überfallkommando entführt wird. Die 5jährige hat da nur noch den goldenen Klunker ihres Vaters vor Augen, als sie abgegriffen und in einem jahrelangen Training bei strömenden Regen zu einer supersexy Attentäterin ausgebildet wird. Sammo überlebt den Überfall schwer verletzt. Doch bevor die Kleine als Hyper-Killerin aktiv wird, brennt man ihr die Synapsen so durch, dass sie ihren Vater vergisst und die Chefin als ihre Mutter akzeptiert. Klar, dass diese alberne Kette dann später eine Rolle beim Wiedererkennen ihres Vaters eine Rolle spielen wird. So weit, so raffiniert!

Phoenix ist nun aus der Asche auferstanden und eine erwachsene Frau mit schlechtem Bekleidungsstil geworden, wie eigentlich alle in dieser Super-Duper-Hammerharten-Killertruppe. Sie und zwei weitere Torten bekommen nun Aufträge zum Töten irgendwelcher Spinner, und schon landet man mit dem zukünftigen Opfer im Whirlpool und Marco Mak inszeniert das, was man in Asien als „heißen Scheiß“ bezeichnet, allerdings in so dämlicher Lowrider-Erotik, dass man die Szene auch um 15 Uhr auf KIKA ausstrahlen könnte. Schlecht frisiert, mit bräsiger Ponyfrisur in Oxycodon-Tönung, wird im Blubberwasser harmlos geknutscht und geplanscht, doch die Zeitlupe und die vielen Blasen lassen die Spannung steigen. Plötzlich wird der sechsklassige Kleinstdarsteller mit grausamer CGI-Grafik getötet. Die kleine Schnalle hat nämlich ein hammerscharfes Messer dabei und völlig unvermittelt, es ist auch die einzige Stelle im gesamten Film, gibt es CGI-Splatter auf Playstation 3-Niveau: Erst werden in extremer Nahaufnahme die Oberschenkelmuskeln durchtrennt, danach wird die Wirbelsäule der Länge nach aufgeschnitten und der Typ stirbt im Bällebad… äh.. Whirlpool.

Zwischendrin „ermitteltSammo in diesen Morden und kommt so seiner Tochter auf die Spur. Nach einem kurzem Wiedererkennen (die dämliche Halskette!) werden die beiden später zusammen gegen die Chefin von Phoenix antreten und so den großen Anthony Wong auf den Plan rufen. Wong tritt im letzten Drittel des Films auf, was für mich der Moment ist, den Film von deutscher auf die cantonesische Tonspur umzuschalten. Wong ist schwer zu synchronisieren, der Mann braucht seine eigene Stimme um in den Rollen zu wirken, so dann auch hier. Anthony Wongs cantonesisches Gesäusel ist im Klang voller Ironie und gekonnter Zäsuren die unmöglich zu synchronisieren sind. Obwohl der Film bis zu seinem Finale hin keine Gelegenheit für Action auslässt, es wird ständig gekämpft, legt man im letzten Drittel noch einmal eine Schippe oben drauf. Das Finale ist dann noch mal 25 Minuten Kampf, wobei Corey Yuen und Marco Mak dabei einen Rundumschlag aus 30 Jahre Hongkong-Dauerproduktion zitieren. Während Sammo mit seiner Adoptivtochter (es ist die zweite Tochter) behände gegen etliche Level-Gegner antreten, kloppt sich Phoenix gegen eine toughe Ex-Kollegin im Fong Sai Yuk-Stil, also mit viel Gespringe auf Holzbalken. In Naked Soldier wird quasi jeder Actionstil zitiert. Und als man meint, jeder Gegner ist erledigt, kommt Anthony Wong mit zwei Handlangern ins Spiel, die nun vom Dreier-Team fertig gemacht werden. Und dann wird gegen Anthony Wong als Endgegner angetreten! Das Team Mak/Yuen zeigt nun, dass es zwar nützlich ist, wenn man für Martial Arts Szenen auch die Kampfkunst beherrscht – es wohl aber keine Bedingung darstellt. Der Theaterschauspieler Wong ist zwar extrem erfahren im Basisbausatz filmischer Kampfgrundhaltungen, definitiv aber kein Martial Arts Kämpfer wie Hung oder die Adoptivtochter. Dennoch sieht es gut aus und Anthony Wong ist einfach ein großer Spaß!

Naked Soldier ist dramaturgischer Unsinn, selbstzweckhaft und bedient nur die Knalltüten-Oberfläche hirnloser Unterhaltung – das dafür aber im straffen und kurzweiligen Rahmen! Bevor einem der dumpfe Käse des Drehbuchs ein Loch in den Brägen brennt, geht es schon mit dem nächsten oberflächigen Schauwert weiter. Sei es Acion, die grottenhässlichen Kostüme und Frisuren, grunddämliche Dialoge oder sinnlose Gewalteinspritzungen – hier gibt es immer etwas zu entdecken. Leuten beim Autoscooter fahren zuzuschauen ist auch dämlich, aber man will dann doch wissen, ob es endlich gleich ein Schleudertrauma gibt und schaut weiter hin. So auch bei Naked Soldier. Ich konnte meinen Blick nun insgesamt fünfmal nicht abwenden, so oft lief der Film schon durch, und am Ende habe ich doch zufrieden und dämlich gegrinst. Sammo Hung und Anthony Wong machen mir einfach Spaß. Ein Film für Hartgesottene, die wissen, worauf sie sich einlassen.

Der Bild der gesichteten Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ist gut. Als Extras gibt es einen Trailer.

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