„Sometimes dead is better…“. So dachten auch wohl viele Anhänger der Lambert’schen Verfilmung des Stephen King Stoffes. Denn kaum war der Film angekündigt, ging die Shit-Show in den Gruppen und Foren wieder los. „Scheiß Remake“, „Braucht kein Schwein!“, „Kultfilm versauen“, bla…bla…bla… Gott sei Dank bin ich trotzdem ins Kino gegangen. Und, was noch besser ist… Ich halte die Verfilmung von Mary Lambert für einen der ödesten Horror-Schnarcher aller Zeiten. Also bin ich unvoreingenommen und ohne Fanbrille an die Buchverfilmung heran gegangen. Dead is better? Wir werden sehen…
Originaltitel: Pet Sematary
Regie: Kevin Kölsch, Dennis Widmyer
Darsteller: Jason Clarke, Amy Seimetz, John Lithgow, Jeté Laurence, Hugo Lavoie, Lucas Lavoie, Alyssa Levine, Obssa Ahmed
Artikel von Victor Grytzka
Ohne zu sehr auf gewisse Dinge eingehen zu wollen, so muss ich doch etwas klarstellen. Niemand will euch den alten „Pet Sematary“ Film wegnehmen, den gibt es immer noch. Ich für meinen Teil habe mich auf die Neuinterpretation des Stoffes gefreut, eben weil mir die erste Verfilmung nie getaugt hat. Zu sehr auf das übliche Gruselklischee gemacht, ohne wirkliche Tiefe, oder gar spannend erzählte Geschichten… War einfach nie meins. Aber wie hat denn nun die 2019er Version bei mir eingeschlagen? Mal schauen…
Dr. Louis Creed (Jason Clarke) zieht mit seiner Famile in das beschauliche Nest Ludlow. Zuerst macht das große Haus einen tollen Eindruck, und scheint wie geschaffen für seine Tochter Ellie (Jeté Laurence), Söhnchen Gage (Hugo & Lucas Lavoie) und Ehefrau Rachel (Amy Seimetz). Lediglich der Tierfriedhof auf dem Grundstück der Creeds wirkt ein wenig befremdlich. Schnell freundet man sich mit dem Nachbarn Jud (John Lithgow) an, der die Familie gleich in sein Herz schließt. Mit dem Vorstadt-Idyll ist es jedoch auf einen Schlag vorbei, als Louis zunächst einen übel zugerichteten Jungen namens Victor Pascow (Obssa Ahmed) auf seinem Untersuchungstisch verliert, Familienkatze Winston „Church“ Churchill von einem Truck überrollt wird, und Jud dem verzweifelten Louis daraufhin einen alten Indianerfriedhof zeigt. Dieser birgt ein dunkles Geheimnis. Dort begrabene Menschen und Tiere kehren noch in der Nacht ihres Begräbnisses ins Reich der Lebenden zurück. Doch in ihnen schlummert etwas abgrundtief Böses. Mit der Rückkehr des Familienkaters aus dem Reich der Toten setzt Louis eine Abwärtsspirale in Bewegung, die fürchterliche Folgen mit sich bringt…
Als ersten positiven Punkt habe ich gleich einmal die Wertigkeit dieser Produktion zu erwähnen. „Friedhof der Kuscheltiere“ hat einen trostlosen Look, der perfekt auf die Dinge vorbereitet, die im Laufe der Geschichte entfacht werden sollen. So macht sich schnell ein Unbehagen breit. Denn trotz malerischer Landschaften mag sich kein Gefühl des Angenehmen einstellen. Besonders stark wirkt dies in einer Szene zu Beginn (hier folgt kein Spoiler, die Szene ist aus dem Trailer bekannt), in der wir maskierte Kinder sehen, die ein Tier auf dem Friedhof begraben möchten. Kleiner Effekt, große Wirkung. Das Unheil verstärkt sich, so dass man weiß – diese Geschichte geht nicht gut aus.
Zu dieser gewollt düsteren Machart gesellen sich schöne Kamerafahrten, auch mal hastige Perspektivwechsel und kurze Einblendungen von (scheinbar) unauffälligen Dingen. Untermalt von einem passenden und eher ruhigen Soundtrack, strickt man bei dieser Produktion eine „Decke des Unheils“, die dem Zuschauer eher schleichend über den Kopf geworfen wird.
Interessant ist dabei auch die Herangehensweise, in der man den Roman des „Master of Horror“ umgesetzt hat. Orientiert man sich in der ersten Hälfte noch sehr stark an der Vorlage, und baut sogar hier und da eine Hommage an King und auch die Lambert Verfilmung ein (man beachte z.B. das Handy des Truckers), so schmeißt man diesen Ablauf nach einer hervorragend inszenierten Schlüsselszene über Bord, und geht seinen eigenen Weg der Ereignisse, ohne dabei jedoch den literarisch gesteckten Rahmen zu vernachlässigen. Respekt vor der Vorlage ist zu jeder Zeit zu spüren. Doch ist es hier auch ein Stück weit die künstlerische Freiheit, die den Fokus sehr stark auf die Protagonisten des Films legt, und so das Gefühl eines Horrorstreifens eher unterschwellig behandelt, die den positiven Eindruck nochmals verstärkt.
Denn im Grunde ist „Friedhof der Kuscheltiere“ eine Studie über eine glükcliche Familie, die in dem Moment eines Wimpernschlags durch eine Fehlentscheidung in sich zusammenfällt. Zentrale Figur ist hier ganz klar Louis Creed, der einfach nur das tut, was jeder liebende Vater tun würde. Seine Frau bildet einen ausgezeichneten Gegenpol. Sie hat selbst mit vielen Problemen zu kämpfen, bricht unter der Last der Ereignisse fast zusammen, schafft es jedoch trotzdem die Dinge eher kritisch und rational zu sehen. Jud ist zugleich als derjenige zu sehen, der eine massive Fehlentscheidung trifft, und dann trotzdem versucht, die Verkettung des Grauens zu verhindern. Als hervorragend muss man dabei den gesamten Cast bezeichnen. Egal ob Clarke, Seimetz, Lithgow, Laurence oder die zuckersüßen Lavoie-Zwillinge. Sie hauchen den Charakteren eine starke Persönlichkeit und Überzeugungskraft ein.
Bei all dem Lob muss allerdings auch Platz für Kritik sein. Zunächst ein Punkt, der manche Leute stören wird, mir aber persönlich den Film nicht vermiesen konnte. „Horror“ im klassischen Sinne hat man sich ausgespart. Die Schreckmomente beschränken sich auf Jumpscares, die – so viel muss anerkennen – allerdings nur dann eingesetzt werden wenn sie Sinn machen, und ihre Wirkung so auch nicht verfehlen. Dennoch muss man sagen, dass der Film so vielleicht die Erwartungen des oldschool Horror-Publikums nicht erfüllen kann. Denn das Hauptaugenmerk liegt hier auf Drama und Spannung, so dass man bei „Friedhof der Kuscheltiere“ in dieser Form schon fast von einer Tragödie sprechen muss.
Ein Knackpunkt, der mir etwas zu unausgegoren war, war das Finale. Bei all den Freiheiten die man sich genommen hat, zog man das Tempo in den letzten Film-Minuten so extrem an, dass sich das Ganze etwas zu hastig anfühlt. Man baut also etwas durch eine tolle Erzählung auf, um es dann mit einem viel zu kurzen Knall enden zu lassen. Auch wenn das Ende an sich eine geniale Auflösung bietet, die einen bitterbösen Beigeschmack hat.
Die recht freie Interpretation des King-Stoffes wird Liebhabern des Buches und der Lambert-Verfilmung sauer aufstoßen, denn einen Großteil des Weges bestreitet man mit einer quasi „neuen“ Geschichte, auch wenn man sich an der Vorlage orientiert. Eine Neuauflage, die aber nicht jeder mögen wird. Mir hat sie sehr gut gefallen und wird definitiv den Weg in meine Sammlung finden.
Trailer: