Der schräge Indie-Knaller ist nun zum 35jährigen Jubiläum in einem aufwendigen Mediabook erschienen. Dies bunte, knorrige Punk-Komödie wurde für wenig Geld und mit etlichen schrägen Gags in vier Wochen abgedreht und war dem Verleiher Universal Pictures ein stetiger Dorn im Auge. Wegen seiner irgendwie dusseligen Handlung fernab jeder Logik, rein im gefühlten Verwirrungskosmos des Hauptdarsteller Ottos spielend und durchzogen von jeglicher Verweigerung an den Kommerz, lieferte REPO MAN ein Zuviel an launigem Anarcho-Kino, das in manchen Momenten wie eine teure TROMA-Produktion daherkommt. Das REPO MAN nicht zum behämmerten Kultversuch der 80er verkommen ist, liegt an Emilio Estevez und an dem Wim Wenders Kameramann Robby Müller. Zeit also, sich diesem Klassiker erneut zu widmen.

Regie: Alex Cox

Darsteller: Harry Dean Stanton, Emilio Estevez, Olivia Barash, Tracey Walter

Artikel von Kai Kinnert

REPO MAN ist eine Action-Adventure-Komödie über einen 18 Jahre alten „Punk“ (Emilio Estevez), der übertölpet wird, für eine zwielichtige Sachpfändungsfirma zu arbeiten und dabei Hals über Kopf in Intrigen mit UFO Kultbegeisterten, flotten Autos, exotischen Frauen, rücksichtslosen Agenten und einem eigensinnigen Nuklearwissenschaftler gerät.

So kann man die Handlung ungefähr zusammenfassen. Punk Otto ist allerdings gar kein richtiger Punk, eher ein Jugendlicher auf der Suche nach einem Halt und einer Richtung in seinem Leben. Seine Eltern hängen den ganzen Tag vor dem TV und beten einen Prediger an, dem sie all ihr Geld gespendet haben. Ihr Kind ist ihnen egal, sie haben ja mit der Spende an den Prediger auch für Ottos Seele gebetet. Tagsüber arbeitet Otto als Regalverräumer in einem Supermarkt, einen Job, denn er rebellisch kündigen wird. Abends hängt Otto mit Punks ab. Das treibt ihn dann in die Arme von Harry Dean Stanton, der als Repo Man arbeitet und Otto den neuen Job in der Sachpfändungsfirma verschafft.

Zugleich ist ist ein Nuklearwissenschaftler mit seinem Auto auf der Flucht. Im Kofferraum hat er eine rätselhafte außerirdische Materie, die heftig strahlt, und die er vor dem Geheimdienst retten will. Es könnten aber auch Außerirdische sein, so genau weiß man das nicht. Fest steht, das es einen Neutronenbombenblitz gibt, wenn man den Kofferraum öffnet. UFO Sympathisanten, der Geheimdienst und verschiedene Repo Men wollen nun an den Wagen des Wissenschaftlers, was zu einer schrulligen Verfolgung aller Beteiligten führen wird. Das ist jetzt wahrlich nicht aufwendig inszeniert worden und bildet von der Spannung und vom Tempo her einen ähnlichen Bogen wie eine Folge SESAMSTRASSE, besitzt jedoch mehrere Ebenen, die REPO MAN über die eigene Hirnrissigkeit wuchten.

Der Film ist voller kleiner trockener Gags, inszenatorischer Ideen und pointierter Dialoge, die plötzlich so auftauchen. Neben all der Bräsigkeit, die sowieso schon die Grundstimmung in REPO MAN bildet, gibt es plötzlich diese kleinen Ausbrecher im Film, die REPO MAN ganz gut tun. Besonders nett sind die Hintergründe und Requisiten im Film, denn der REPO MAN verzichtet standesgemäß auf Product-Placement. Alle Konsumgegenstände haben das gleiche Design und es steht nur drauf, was auch drinne ist. Auf Bierdosen steht „Beer“, Nahrung gibt es aus Dosen mit „Food“  und so weiter. Überhaupt ist der Konsum, die Waren und das Geld eine sinnentleerte Angelegenheit in diesem Streifen. Alex Cox inszenierte bescheidene Konsumkritik mit einem gut aufgelegten Emilio Estevez.

Man merkt Estevez eine gewisse Energie an, ein leichtes Brodeln im suchenden Blick, eine Anspannung im Körper, die fast schon zu präsent für die Figur ist. Punk Otto ist ein harmloser Geselle, Estevez aber nicht und das merkt man. Hätte Alex Cox seinen Film nicht als Farce auf den Konsum inszeniert, sondern als gewalttätige Punk und Skinhead-Nummer, Estevez hätte nicht viel machen müssen, um auch diese Rolle glaubwürdig ausfüllen zu können.

Harry Dean Stanton sieht in diesem Streifen wie der Cousin von John Turturro aus und liefert den passenden, schlurfigen Gegenpart zum energiegeladenen Emilio Estevez. Zur guten Besetzung gesellt sich ein passend-schräges LowBudget Umfeld, das in seinen wildesten Moment (Neutronenblitze, bunte Farben, Waffen und Action) tatsächlich wie eine TROMA-Variante von AKTE X wirkt.

Neben Emilio Estevez erweist sich auch Kameramann Robby Müller als Glücksgriff. Wer kein Geld und keine Zeit für die Produktion hat, braucht einen guten Kameramann. Und Alex Cox konnte Müller dazu überreden, für quasi nix den Streifen auf 16mm zu drehen. Und das macht Müller, der im gleichen Jahr noch PARIS, TEXAS drehen sollte. richtig gut. Mit wenigen, geschickt aufgeteilten Einstellungen, erarbeitete sich Robby Müller hier einen Stil, den er nur ein Jahr später mit LEBEN UND STERBEN IN L.A zur breiten Opulenz führen sollte. Unaufwendig und stilsicher  lieferte Robby Müller mit seiner Arbeit das entscheidende Element ab, das REPO MAN auch heute noch zu einem schräg-bunten und unterhaltsamen Film macht. Begleitet wird das Geschehen von einem Hardcore-Score der Punk-Szene aus Gruppen wie Los Plugz, Angst, Suicidal Tendencies und einem Titelsong von Iggy Pop.

REPO MAN ist bis heute eine kleine, filmische Eigensinnigkeit, die auf einer harmlos-launigen Ebene überraschend gut unterhalten kann. Dafür sorgen Emilio Estevez, die plötzlichen kleinen Gags in der Inszenierung, die gute Kamera und die irrsinnigen Zuspitzung zum Finale hin. Kein Wunder, dass die Chefetage von Universal Pictures den Film hasste und sich lange fragte, wie es Cox mit seinem Drehbuchcomic überhaupt in die Vertriebskanäle von Universal schaffen konnte. So sind sie eben, diese Punks.

Wer Fan von diesem Film ist oder sich an den außergewöhnlichen, kleinen Schrägheiten des Kinos der 1980er erfreuen kann, wird mit der Sonderedition von REPO MAN seine Freude haben.

Geliefert wird das aufwendige Mediabook mit einem 40seitigen Buchteil, an dem Alex Cox auch mitwirkte. Weiterhin liegt die seltene US-TV-Fassung des Films bei, Audiokommentare, diverse Einführungen, Making Of, entfallene Szenen, Portraits und Trailer.

Das Bild ist neu und satt abgetastet worden und lässt die 80er wieder wach werden. Der Ton ist gut.

Trailer:

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