Was war das nicht für ein Hype die letzten Monate. Ab dem Moment, in dem Pennywise mit einem ersten Bild angeteasert wurde, gab es unter King-Jüngern und Horrorfans kein Halten mehr. Heute startet die Verfilmung des Buchklassikers offiziell in den deutschen Kinos. Meisterwerk oder überbewerteter Hype? Let’s find out…
Originaltitel: IT
Regie: Andy Muschietti
Darsteller: Bill Skarsgård, Finn Wolfhard, Nicholas Hamilton, Jaeden Lieberher, Wyatt Oleff, Sophia Lillis
Artikel von Victor Grytzka
Da sitze ich nun im Kinosaal 5 des „Comet Cine Center“ in Mönchengladbach. Der Saal ist rappelvoll. Vor mir knistert wer mit einer Chipstüte, hinter mir bricht irgendeine dumme Kuh immer wieder in lautes Gelächter aus. Die Trailer sind gelaufen, und da geschieht es. Eine kleine Figur mit gelbem Mäntelchen erhebt sich aus den hinteren Reihen, in der Hand einen roten Luftballon an einer Schnur. Das Licht geht aus. Das Männlein bleibt mit gesenktem Kopf vor der Leinwand stehen und lässt den Luftballon an die Decke steigen. Dann verschwindet es aus dem Saal, so schnell wie es erschien. Ein netter PR-Gag um auf den kommenden Film einzustimmen. Hat super funktioniert! Und dann flimmern die ersten Bilder über meine Netzhaut… This… is… IT!
Wer noch nicht weiß worum „ES“ sich handelt, hier eine kleine Zusammenfassung. Die malerische Kleinstadt Derry birgt ein dunkles Geheimnis. Immer wieder verschwinden Kinder. Man vermutet schlichtweg, dass es sich um Morde oder Entführungen handeln muss. Genaues weiß niemand, oder besser gesagt – will niemand wissen. Dies ändert sich, als das Schicksal eine Gruppe heranwachsender Kinder – die „Verlierer“ – zusammenführt. Sie enthüllen die Ursache hinter den rätselhaften Ereignissen und stoßen dabei auf das pure Böse. Alle 27 Jahre erscheint „ES“, um sich an der Angst der Menschen zu nähren.
Die Eindrücke, die auf mich niederschlugen, sind so zahlreich. Diese nun zu erläutern ohne essenziell wichtige Aspekte zu spoilern wird nicht einfach, dennoch gebe ich mir Mühe euch den Spaß nicht zu verderben.
Nach einem sehr emotionalen Opening, welches Leute mit Geschwistern sofort packen wird, beginnt die Reise. Gerade hat sich ein tolles Gefühl der Verbundenheit eingestellt, da lernen wir „Pennywise“ kennen. Ein Clown, der so gar nicht freundlich und lustig aussehen mag, aber dem kleinen Jungen Georgie dennoch anbietet ihm sein Papierfaltboot zurück zu geben, das ihm beim Spielen in den Kanal geschippert ist. Dann kommt der erste Schocker. Brutal, roh, erschreckend!
Nach und nach bekommen wir einen Eindruck von den Protagonisten. Im Grunde nette Kids, die alle ein mehr oder minder schweres Päckchen mit sich rum zu tragen haben. Klare Identifikationsfiguren, die einen den ganzen Film über nicht so recht loslassen möchten. Auch die „Bullies“, die wirklich richtig fies und gemein sind und auch nicht vor harter Gewalt zurückschrecken, lernen wir kennen. Diese sind nicht minder Überzeugend, und machen die Erzählung zu einer runden Sache. Es scheint fast so, als würde man den dunklen und manipulativen Schatten, im Verlauf des Films einfach nur „ES“ getauft, vergessen. Denn über weite Strecken ist es einfach so, dass es im Kern um echte Freundschaften geht, die jeder Belastung standhalten. An den richtigen Stellen wird man dann wieder von dem Bösen überrascht, und das ist bombastisch inszeniert. Timing und Pacing passen hier wie Faust aufs Auge. Nach einem großen Schrecken gönnt man dem Zuschauer immer mal wieder eine Verschnaufpause, doch allzu sicher fühlen sollte man sich nie. Auflockernd wirkt der – teils obszöne – Humor der Jugendgruppe, die kein Blatt vor den Mund nehmen, und so manches „Pipi-Kaka-Witzchen“, andere Zoten und (sogar sexuelle) Anzüglichkeiten raushauen. Pubertierende Teenies eben. Diese Gags wirken aber nicht deplaziert und fügen sich perfekt in den „Flow“ des Films ein.
An dieser Stelle werde ich kurz etwas zum Charakter des „ES“ sagen. „ES“ ist Held und Antiheld zugleich. Die böse Aura des Antagonisten wird mit einer Ironie, Sarkasmus und schwarzem Humor so weit aufgepeppt, dass man den Kerl, oder besser gesagt „das Ding“ irgendwie lieb haben möchte. Geht aber nicht, denn wie können wir denn gleichzeitig auf der Seite der Guten (den Verlieren) und dem Bösen („ES“) stehen? Ein kleines Dilemma und ein weiterer Beweis dafür, wie gekonnt die Autoren hier zu Werke gingen.
Technisch herausragend – mehr kann man zur Umsetzung an sich nicht sagen. Großartige Kulissen verströmen die typische Atmosphäre einer amerikanischen Kleinstadt, so wie man sie in den 1990er Jahren zuhauf gesehen hat. Bis ins kleinste Detail hat man penibel darauf geachtet, dass man sich als Zuschauer auf eine kleine Zeitreise begibt. Ein besonderer Augenschmaus sind die „schmutzigen“ Locations. Verfallene Häuser, verdreckte Kanalisationsrohre… Diese wirken, im krassen Gegensatz zur beschaulichen Kleinstadt, herrlich ekelerregend und düster, so wie man es sich bei der Umsetzung dieses King-Stoffes gewünscht hat.
Apropos ekelerregend. Nicht nur „ES“ sieht schaurig schön aus. Der gesamte Film ist durchzogen von derben und schmodderigen Effekten und Make-ups, so dass auch Fans härterer Kost ein kleines Lächeln auf den Lippen haben werden. Klar, wir sind hier im Big Budget Bereich und so verwundert es wenig, dass wir auch eine Menge an hochklassigen CGI-Spielereien geboten bekommen. Am Ende ergibt dies Alles eine runde Mischung, und wird sowohl Fans von Practical-Effects, als auch Anhänger computergeneriertem Materials gleichermaßen zufriedenstellen.
Akustisch ein Brett – klasse 80s/90s Soundtrack, gepaart mich schaurig-schönen orchestralen Kompositionen. Ein Flüstern hier, ein rascheln dort, ein knacken. In jeder Ecke lauert die Gefahr, das hört – nein – spürt man zu jeder Zeit. Leise Töne schlagen plötzlich um in lautes Getöse, so dass es einen förmlich in den Kinosessel drückt. Hoffentlich bekommt man dieses Erlebnis (halbwegs) originalgetreu auch im heimischen Kino umgesetzt. Die deutsche Synchronisation ist erwartungsgemäß gut, und gibt keinen Anlass zur Kritik.
Bevor ich jetzt ein wenig „meckern“ möchte, denn nicht Alles war toll, nehme ich mir doch noch ein paar Zeilen, um den grandiosen Cast zu loben. Was eine Riege an Jungdarstellern hier auf Zelluloid gespielt hat. RESPEKT! Charaktere werden hier so überzeugend gespielt, dass man sich fragt, ob hier wirklich gespielt wird. Ein Jeder lebt und liebt seine Rolle, so dass man sich an die Zeiten eines „Stand by me“ aus dem Hause King zurück erinnert fühlt. Der „Star“ des Films,
Trailer: