Pierrot Le Fou lässt, im wahrsten Sinne des Worte, die Puppen tanzen und veröffentlicht mit PUPPET MASTER: DAS TÖDLICHSTE REICH (2018) den mittlerweile 12. Ableger der kultigen aber auch schlockigen Horror-Reihe im hiesigen Heimkino. Warum gerade dieser Streifen unter Fans einige Wellen schlägt und mittlerweile schon zum Geheimtipp für politisch unkorrekten Splatter-Spaß avanciert ist, erfahrt ihr in unserer ausführlichen Kritik. Nach der Mediabook-Auflage, legt das Label noch einmal nach und serviert die Gore-Granate als Keep-Case für den kleineren Geldbeutel.

Originaltitel: Puppet Master: The Littlest Reich

Drehbuch: S. Craig Zahler
Regie: Tommy Wiklund, Sonny Laguna

Darsteller: Thomas Lennon, Jenny Pellicer, Nelson Franklin, Michael Paré, Barbara Crampton, Charlyne Yi, Udo Kier…

Artikel von Christopher Feldmann

Als 1989 ein kleiner, mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln produzierter und im Fahrwasser von CHILD’S PLAY (1988) schwimmender, Horrorfilm mit dem Titel PUPPET MASTER das Licht der Welt erblickte, ahnte wohl niemand, dass sich daraus ein exorbitantes und langlebiges Franchise entwickeln würde, welches auch heute noch gut und gerne fortgesetzt wird. Wahrscheinlich nicht mal Schöpfer und Trash-Guru Charles Band selbst dürfte daran geglaubt haben. So folgten, unter der Ägide von Bands Produktionsfirma Full Moon Pictures, zahlreiche Sequels und Prequels, die die mörderischen Puppen in immer wildere und auch trashigere Abenteuer schickten, bei denen Band nicht selten selbst auf dem Regiestuhl saß. Und auch im Jahr 2019 entwickelt der Auteur der geschmacklosen Videotheken-Exploitation sein Baby ständig weiter, ein weiterer Titel mit der Tagline BLITZKRIEG MASSACRE ist bereits in Produktion. Mit DAS TÖDLICHSTE REICH können sich Fans der gepflegten Gore-Unterhaltung die Wartezeit verkürzen und auch Interessierte, die, wie meine Wenigkeit, noch nie einen Film der Reihe gesehen haben, dürfen hier bedenkenlos zugreifen, ist der neueste Teil doch eher ein Reboot der ursprünglichen Story-Idee und funktioniert losgelöst vom eigentlichen Kanon. So können Fans ohne Vorwissen ganz unbeschwert dem wilden Treiben blutrünstiger Nazi-Puppen frönen, denn DAS TÖDLICHSTE REICH kackt auf jede denkwürdige politische Korrektheit und serviert ein, mit Humor und Augenzwinkern gespicktes, Schlachtfest, in dem sich eine Geschmacklosigkeit an die nächste reiht. Das ist inhaltlich total banane, macht aber ziemlich viel Spaß.

Inhalt:
Edgar Easton (Thomas Lennon) hat es zur Zeit nicht leicht. Nach seiner Scheidung zieht er vorübergehend bei seinen Eltern ein, wovon sein Vater nicht wirklich begeistert ist. Im Schrank seines verstorbenen Bruders, findet Edgar schließlich eine Puppe, die keinen besonders freundlichen Eindruck macht. Nach kurzer Recherche stellt sich heraus, dass jene Puppe aus der Werkstatt des berüchtigten und wahnsinnigen Nazis André Toulon (Udo Kier) stammt. Gut, dass pünktlich zu dessen 30. Todestag eine Convention in einem Hotel in Oregon stattfindet, an der Edgar gemeinsam mit seinem Kumpel Markowitz (Nelson Franklin) und seinem neuen Love-Interest Ashley (Jenny Pellicer) teilnehmen will, um das Stück für möglichst viel Geld an Sammler zu verkaufen. Doch im Hotel erwachen die Toulon-Puppen plötzlich zum Leben und machen Jagd auf ihre Besitzer und so ziemlich jeden, der gerade vor Ort ist.

Wenn es um neue Geheimtipps aus der Genre-Ecke geht, fällt seit einiger Zeit öfters der Titel PUPPET MASTER: DAS TÖDLICHSTE REICH, weshalb mein Interesse an dem Film doch recht hoch war, vor allem nach zahlreichen positiven Rezensionen, die den günstigen B-Film zumindest das Prädikat „unterhaltsam“ verliehen haben. Trotzdem war ich etwas zwiespältig, da ich Angst hatte, mich in die vergangenen elf Filme einarbeiten zu müssen, um zumindest halbwegs kompetent mitreden zu können. Zum Glück kam es anders.

Der neueste PUPPET MASTER-Film präsentiert sich als eigenständiges Reboot der Schnätzel-Saga und wurde auch nicht unter der alleinigen Schirmherrschaft von Charles Band produziert. Dieser erlaubte dem Produzenten Dallas Sonnier, mit Band als ausführenden Produzenten, seine eigene Idee umzusetzen, sodass sich Sonnier mit seinem Weggefährten S. Craig Zahler zusammentat, damit dieser ein Drehbuch verfassen konnte. Zahler, der mit BONE TOMAHAWK (2015) und BRAWL IN CELL BLOCK 99 (2017) zwei Aufsehen erregende, charakterfokussierte Neo-Grindhouse-Knaller abgeliefert hat, hält sich in Sachen Storytelling merklich zurück. Der Autor und Regisseur weiß, was die Fans wollen. Keine tiefgehende Story, keine langen Dialoge, sondern viel Gore, Grausamkeiten, ein paar nackte Brüste und möglichst viel morbiden Spaß. Und genau das liefert Zahler elegant ab. Die Geschichte um eine bizarre Toulon-Convention passt auf einen Bierdeckel, die Figurenzeichnung wird auf das Minimum reduziert und manche Szenen wirken etwas sprunghaft. Dafür lässt er genug Raum für ausgiebigen Wahnsinn und wertet eine Schlock-Produktion wie PUPPET MASTER mit viel zynischem Humor und politischen Unkorrektheiten auf. Zahler ist ein Troll, der gerne mal provoziert, so dass die Tatsache, dass Toulon hier als durchgeknallter Nazi dargestellt wird, der seine Puppen gerne auf Juden, Schwarze und Homosexuelle hetzt, eindeutig auf sein Konto gehen dürfte. Das sind aber nicht die einzigen What-the-Fuck-Momente, die uns hier aufgetischt werden und Zahlers Dialoge versprühen einen angenehmen Witz und schwarz-humoriges Augenzwinkern, denn PUPPET MASTER will nicht ernst genommen werden, sondern einfach unterhalten.

Das ist daran zu erkennen, dass der Film nach einem etwas holprigen Einstieg mit vielen, für diese Filmgattung passenden, Sexszenen und nackten Brüsten, das liefert, was die Fans sehen wollen: Ein wahnwitziges Schlachtfest, dass keine Geschmacklosigkeit auslässt und schnell erkennen lässt, warum der Film hierzulande bei der FSK abgeblitzt ist. In DAS TÖDLICHSTE REICH werden Eingeweide herausgerissen, Körperteile abgetrennt, Menschen flambiert, sogar ein Fötus wird aus dem Mutterleib herausgebohrt. Und wenn eine Person auf seinen eigenen, eben erst abgetrennten, Kopf uriniert, dann ist man sicher, dass der Streifen jedem Sittenwächter den blutigen Mittelfinger zeigt. Dazu kommt noch, dass alle Effekte handgemacht sind und ein herrliches Old-School-Feeling mit sich bringen. Klar, die Make-Up-Szenen sind nicht State of the Art aber um Welten besser, als billiges CGI. Hier kehrt man zu den Wurzeln zurück, als noch echtes Kunstblut aus allen Ecken und Enden spritzte.

Inszenatorisch ist PUPPET MASTER dafür normaler Standard. Zwar zelebrieren die beiden schwedischen Regisseure Tommy Wiklund und Sonny Laguna mit Hingabe die matschigen Gore-Momente, abseits davon ist der Streifen natürlich und erwartungsgemäß billig geraten. Digital-Look und spärliche Sets bestimmen das Geschehen und verursachen einen kleinen Dämpfer beim geneigten Zuschauer. Man kann sich aber damit trösten, dass das Großteil des Budgets wahrscheinlich in die Effekte geflossen ist, was auch den Puppen zu erkennen ist, die in bester Stop-Motion-Manier ihren Blutdurst stillen. Auch hier fühlt sich der Film angenehm Retro an.

Auch in Sachen Besetzung erfüllt PUPPET MASTER die üblichen B-Film Standards und hat einige mehr und auch minder talentierte Darsteller zu bieten. Positiv ist Thomas Lennon zu erwähnen, der mit viel Ironie und Gelassenheit den Protagonisten mimt, während Nelson Franklin den untervögelten Sidekick gibt. Einzig Jenny Pellicer bleibt recht blass. Ansonsten wartet der Film mit einer geballten Ladung B-Prominenz auf. So geben sich Barbara Crampton, die schon im ersten PUPPET MASTER dabei war, Uwe Boll-Spezi Michael Paré, Matthias Hues, sowie Genre-Ikone Udo Kier, der als André Toulon einen kurzen aber schön schmierigen Auftritt hat, die Ehre.

Aufgrund des Scheiterns bei der FSK, bringt uns PIERROT LE FOU den Film im limitierten Mediabook, dafür in der ungekürzten Fassung mit SPIO-Siegel. Das Bild ist erwartungsgemäß sehr gut, einzig der Ton lässt einiges an Hintergrundgeräuschen vermissen und wirkt etwas glatt gefiltert. Dafür bekommt man aber ein nettes Paket an Extras, bestehend aus Interviews, einem Drehtagebuch, einem Featurette „Angriff der Killerpupen“, dem Trailer und einem umfangreichen Booklet plus Poster.

Fazit:
Mit PUPPET MASTER: DAS TÖDLICHSTE REICH (2018) erfährt die Kult-Saga ihr zeitgemäßes, gelungenes Reboot. Gespickt mit Ironie und teils witzigen Dialogen, zelebrieren die Regisseure ein Fest an Geschmacklosigkeiten, welches zwar selbstredend an einer minimalen Story und Figuren vom Reißbrett krankt, sich aber nicht ernst nimmt und den Fans das liefert, was sie haben wollen: Eine turbulente, kreative Splatter-Party. Viele werden hier die Nase rümpfen und den Film als Trash bezeichnen, was in gewisser Hinsicht auch stimmt, Gore-Fans, Liebhaber von bierseligen Filmabenden und FULL MOON-Anhänger werden dennoch ihren Spaß haben. Mehr verspricht der Streifen auch nicht!

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