Kinder, die in beschaulichen Kleinstädten dunklen Geheimnissen auf die Spur kommen, haben seit ES (2017) und dem Netflix-Serienhit STRANGER THINGS (seit 2016) wieder Hochkonjunktur. Da passt es wunderbar, dass Koch Films dem Gruselmärchen DIE PHANTASTISCHE REISE INS JENSEITS (1988) hierzulande erstmals eine Veröffentlichung auf Blu-Ray spendiert. Ob der Film auch heute noch für wohlige Gänsehaut sorgt, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: Lady in White
Drehbuch & Regie: Frank LaLoggia
Darsteller: Lukas Haas, Len Cariou, Alex Rocco, Katherine Helmond, Jason Presson…
Artikel von Christopher Feldmann
Schaurige Kinderabenteuer sind nicht erst seit den oben genannten Produktionen beliebt. Schon in 1980er Jahren, denen zur Zeit gerade inflationär an allen Ecken und Enden Tribut gezollt wird, sorgt solche Geschichten schon für gutes Geld am Box-Office. Mit Kindern kann man sich eben leicht identifizieren, verspürten die Meisten in jungen Jahren doch selbst den Drang nach Abenteuern und dunklen Geheimnissen. Diese Sehnsucht porträtierten schon Richard Donner mit DIE GOONIES (1985) und Rob Reiner mit STAND BY ME (1986) kongenial für die große Leinwand und erschufen Klassiker, die sich auch heute noch großer Beliebtheit erfreuen. Frank LaLoggia, seines Zeichens Regisseur, Autor, Produzent und Schauspieler, versuchte diesem Trend ebenfalls seinen Stempel aufzudrücken. Mit LADY IN WHITE (1988), der in Deutschland unter dem Titel DIE PHANTASTISCHE REISE INS JENSEITS erschien, wagte er sich ebenfalls an klassische Gruselgeschichte, in der ein kleiner Junge einer Mordserie in einer Kleinstadt auf die Spur kommt. Angereichert mit vielen Fantasy- und Horrorelementen, erwies sich die Independent-Produktion aber als wenig rentabel und erleidete an den Kinokassen ziemlichen Schiffbruch. Über die Jahre entwickelte sich das Werk jedoch zum Kultfilm und wird seit langer Zeit sehr geschätzt. Nun hat Koch Films eine Mediabook-Auflage auf den Markt gebracht und dem Streifen somit eine breite Bühne eröffnet. Eine kluge Entscheidung, ist LADY IN WHITE doch ein ziemlich bezauberndes Werk mit viel Magie. Und auch wenn durchaus Abnutzungserscheinungen zu erkennen sind, sei der Film allen Nostalgikern wärmstens ans Herz gelegt.
Inhalt:
Im beschaulichen Städtchen Willowpoint Falls im Jahre 1962, lebt der neunjährige Frankie Scarlatti (Lukas Haas). Am Halloween-Tag spielen ihm zwei Mitschüler einen Streich, weshalb er daraufhin in der Garderobe der Schule gefangen ist. Dort hat er auf einmal die Vision von einem rothaarigen Mädchen (Joelle Jacobi), dass offensichtlich ermordet wird. Nachdem Frankie in der Garderobe selbst angegriffen wird, aber überlebt, sieht er das Mädchen immer häufiger. Sie wurde vor Jahren Opfer eines Kindermörders, der seit Langem sein Unwesen treibt und nie gefasst wurde. Sie bittet Franke um Hilfe, ihre Mutter zu finden. Ehe sich der Junge versieht, steckt er mitten in einem gefährlichen Fall und beschießt die Morde aufzuklären. Die Zeit drängt, da in der Zwischenzeit der afroamerikanische Hausmeister der Schule fälschlicherweise für die Taten verantwortlich gemacht wird.
DIE PHANTASTISCHE REISE INS JENSEITS (1988) ist ein Film, von dem ich zuvor noch nie gehört hatte. Da ist es umso erfreulicher, wenn Koch Films gleich mal ein Pressemuster rüber schiebt. Wenn es dann noch um eine Mordserie in einer Kleinstadt geht, die von Kids aufgedeckt wird, dann hat mich der Film schon mal vorab auf seiner Seite, denn bei schaurigen WhoDunnIt-Geschichten mit STAND BY ME-Vibe bin ich in prinzipiell stets dabei. Und doch ist dieser Film anders und kein klassisches Rip-Off, wie man vielleicht vermuten würde. Autor und Regisseur Frank LaLoggia bediente sich für den Stoff nämlich bei der Legende von der „Frau in Weiß“, ein Geist, der nicht eher ruht, bis er seine verschollene Tochter gefunden hat. Aus dieser Vorlage schnitzt LaLoggia einen grellen Mix aus Mystery, Horror, Fantasy und Coming of Age-Film.
Nach kurzem Prolog befinden wir uns der in der verträumten Kleinstadt Willowpoint Falls, welche, passend zum Gruselfest, ausgiebig mit Kürbisen geschmückt ist und schon für geisterhafte Halloween-Stimmung sorgt. Bevor der Film die eigentliche Geschichte in Gang setzt, lernen wir erstmal Frankie kennen, einen unbedarften Jungen aus Italo-amerikanischen Verhältnissen, der gerne Geschichten schreibt und sich zum 31. Oktober gerne die Bela Lugosi-Gedächtnismaske überstreift. Alles ist gut, bis er nach der Schule von seinen Schulfreunden verarscht wird und eingesperrt in der Garderobe der Schule sitzt. Von da an schlägt der Film die Fantasy-Richtung ein und wir wohnen Visionen bei, bei denen Frankie mit einem Geistermädchen kommuniziert. Ab diesem Punkt wird LADY IN WHITE zunehmend phantastischer und auch surrealer. Man spürt, dass LaLoggia gar nicht so viel an der eigentlichen Krimi-Handlung um einen Kinder-Mörder liegt, sondern seinen Fokus eher auf die übernatürlichen Elemente legt. Leider gerät die Story auf dieser Ebene deutlich ins Straucheln, denn so manche Ungereimtheiten in Sachen Logik muss der Zuschauer dann doch hinnehmen, um sich unbeschwert dem Film hingeben zu können. Warum gerade Frankie den Geist sehen kann und warum auch später sein Bruder und seine Freunde Zeugen der Vorkommnisse werden, wird eigentlich nicht wirklich erklärt. es ist halt einfach so. Der Autor spielt mit den Mythen klassischer Märchen und schickt seinen Protagonisten durch heitere, wie auch düstere Momente.
Dabei wissen vor allem die sympathischen Darsteller zu gefallen, denen zu meiner Freude anständige Dialoge in den Mund gelegt wurden. Allen voran Lukas Haas liefert eine mitreißende Darstellung ab und funktioniert als Held wider Willen. Für einen Jungen in seinem Alter, ist sein Spiel wirklich bemerkenswert, nachvollziehbar und authentisch. Auch die restlichen Schauspieler, unter denen sich Akteure wie Len Cariou, Alex Rocco und Katherine Helmond befinden, agieren ganz hervorragend. Sie sorgen für eine natürliche Konstante in diesem Gruselmärchen, was mich bei all dem Spuk bei der Stange halten konnte. Gerade die Familienszenen sind durchweg sympathisch geraten und haben auch immer wieder etwas Humor zu bieten. Schöne Elemente, die die verworren erzählte aber eigentlich simple Story mit all ihren Logikschwächen aufwiegen.
In Sachen Inszenierung tobt sich der Regisseur hier voll aus. Neben dem klassischen Kleinstadt-Flair, streut LaLoggia immer wieder Szenen ein, die in Wald und Wiese spielen aber eindeutig im Studio gedreht wurden. Fast alle Außenszenen sind unschwer erkennbar nicht in natürlicher Umgebung entstanden, sondern bestehen aus Bauten und dekorativen Hilfsmitteln, was heutzutage etwas angestaubt anmutet, dem Film aber auf interessante Weise dienlich ist. Durch die wenig realistische Darstellung in einzelnen Momenten, wird die Atmosphäre unterstützt, weshalb sich der Film zunehmend wie ein Märchen anfühlt, besonders wenn die Nebelmaschine einsetzt und man deutlich erkennt, dass der Sternenhimmel nur ein Vorhang mit aufgemalten weißen Punkten ist. Es wirkt eben alles wie die Fantasie eines kleinen Jungen, was ja letztendlich auch der Rahmen der Geschichte ist, mit einer Extraportion Vorstellungskraft und Magie. Die Special-Effects hingegen wirken doch sehr veraltet und stellenweise etwas trashig. In den 1980er Jahren hat man Geister realistischer in der Luft gesehen, als in diesem Film. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass das Ding nur fünf Millionen US-Dollar gekostet hat und eine unabhängige Produktion war.
Koch Films hat sich diesem, über die Jahre zum Kultfilm avancierten, Werk angenommen und eine ordentliche Mediabook-Variante auf den Markt gebracht, die den Film, nebst DVD, als HD-Premiere beinhaltet. Die Bild- und Tonqualität ist wieder einmal sehr gut gelungen und präsentiert LADY IN WHITE wunderbar farbenprächtig. In den Extras sind, neben dem obligatorischen Booklet, Trailer, Hinter den Kulissen-Featurette, geschnittene Szenen und ein Audiokommentar zu finden. Zudem bekommt der Zuschauer die Auswahl zwischen drei Fassungen. Neben der Kinoversion, ist auch ein Director’s Cut und eine Extended Version abspielbar.
Fazit:
DIE PHANTASTISCHE REISE INS JENSEITS (1988) hat über die Jahre einige Federn gelassen, gerade was die Effekte angeht. Trotzdem erzeugen die offensichtlichen Studio-Elemente eine schöne, schaurige Atmosphäre, die dem Mix aus Märchen, Fantasy und Gruselkrimi dienlich ist. Die guten Darsteller und die verspielte Inszenierung trösten derweil über einige Lücken in der Logik hinweg und machen aus dem Film kein Meisterwerk aber einen unterhaltsamen, spannenden Film, den man gut in der kalten Jahreszeit genießen kann.
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