Es ist schon etwas traurig, dass eine Regie-Koryphäe wie Brian De Palma sein Geld mittlerweile im Heimkino-Metier verdienen muss, denn eine Kino-Auswertung bleibt seinem neusten Film DOMINO – A STORY OF REVENGE (2019) verwehrt. Stattdessen wurde der Thriller mit GAME OF THRONES-Star Nikolaj Coster-Waldau in den USA direkt als Video on Demand verramscht. Immerhin hat Koch Films eine physische Veröffentlichung springen lassen, die wir uns zu Gemüte geführt haben. Ob De Palma an alte Glanzleistungen anknüpfen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Domino

Drehbuch: Petter Skavlan
Regie: Brian De Palma

Darsteller: Nikolaj Coster-Waldau, Guy Pearce, Carice van Houten, Soren Malling, Paprika Steen…

Artikel von Christopher Feldmann

Brian De Palma kann sich damit rühmen, ein paar echte Perlen inszeniert zu haben. Auf sein Konto gehen Klassiker wie die Stephen King-Verfilmung CARRIE (1976) oder das grelle Gangster-Epos SCARFACE (1983). De Palma polarisiert jedoch auch bei Filmliebhabern, besonders für die sehr offensichtliche Verwendung altbekannter Hitchcock-Stilmittel, die sich durch seine ganze Filmographie ziehen. In 1990ern durfte der, oft als Epigone bezeichnete, Regisseur mit MISSION: IMPOSSIBLE (1996) und anschließend  MISSION TO MARS (2000) etwas Blockbuster-Luft schnuppern, nur um dann in der Hierarchie wieder den Weg nach unten einzuschlagen. Seitdem hat er nämlich nicht nur erstaunlich wenig Filme gedreht, sondern konnte auch nie wieder an frühere Erfolge anknüpfen, sowohl kommerziell als auch künstlerisch. Auch DOMINO – A STORY OF REVENGE (2019), sein erstes Projekt seit PASSION (2012), wird da keine Wende einleiten. Nicht nur, weil die Produktionsumstände sichtlich alles andere als rosig waren, sondern auch, weil das schwache Skript dem Film nicht gerade dienlich ist.

Inhalt:
Kopenhagen im Jahr 2020. In einer von weltweitem Terror gezeichneten Zeit,  geraten die beiden Polizisten Christian (Nikolaj Coster-Waldau) und Lars (Soren Malling) in eine brenzlige Situation, bei der Lars schwer verletzt wird und schlussendlich stirbt. Getrieben von dem Drang nach Vergeltung, sucht Christian den vermeintlichen Terroristen und verfolgt die Spur, gemeinsam mit Alex (Carice van Houten), über Belgien bis nach Spanien. Doch auch die CIA, in Form von Agent Joe Martin (Guy Pearce), scheint ihre Finger im Spiel zu haben.

Das tut schon ziemlich in der Seele weh, wenn man sich einen Film ansieht, der eigentlich viel besser sein könnte aber viel zu kaputt zu sein scheint, um seine Qualitäten ausspielen zu können. Das tut besonders weh, wenn ein Name wie Brian De Palma als Regisseur gelistet ist, der immerhin für ein gewisses Maß an Qualität steht und beispielsweise mit BLOW OUT (1981) einen Thriller abgeliefert hat, der zu meinen Lieblingsfilmen gehört. DOMINO hingegen wird keinen Platz in dieser Liste finden, stinkt das Ganze doch an allen Ecken und Enden.

Das mag vor allem an den schwierigen Produktionsumständen liegen, denn De Palma hatte schlicht zu wenig Geld und Zeit zur Verfügung, um seine Vision vollends auf Film zu bannen. So drehte er das Finale des Films in Spanien zuerst. Der ganze Rest wurde in Kopenhagen gedreht, doch die dänische Produktionsfirma ließ zu wenig Geld springen, weshalb man nur neun Tage Zeit hatte, um ca. 75% des Thrillers in den Kasten zu bekommen. De Palma selbst äußerte sich erwartungsgemäß eher negativ über die Dreharbeiten und bekräftigte, dass dies sein erster und letzter Ausflug nach Dänemark war. Das merkt man dem Film auch zu großen Teilen an, wirkt doch alles sehr halbgar und holprig, was zum Teil am eher schwachen Drehbuch liegt. Während der Einstieg noch recht gelungen daherkommt und Spannung aufbauen kann, dümpelt die Handlung nach den ersten 15 Minuten nur noch vor sich hin. Der Film erzählt eine klassische Rache-Story und verwendet das Motiv der Rache als ständig präsenten Motor, der die Ereignisse in Gang setzt und die Figuren zum handeln zwingt, eben wie bei Dominosteinen, die durch das Fallen die Bewegung am Laufen halten. Diese Metapher ist nicht schlecht gewählt und sorgt letztendlich für einen Aha-Moment und eine makabere Schlusspointe. Allerdings geht dies in recht drögen Dialogen und Schauspielleistungen unter, die zu keiner Zeit für Spannung sorgen. Das Terrorismus-Thema frühstückt dabei die altbekannten Stereotypen ab und fügt dem Ganzen nichts neues hinzu. Man hat ständig das „hab ich schon alles irgendwo mal gesehen“-Gefühl.

Was den Film letztendlich zum Scheitern bringt, ist die Tatsache, dass der Plot arg gehetzt wird. Ich war fest in dem Glauben, dass hier jemand eine Stunde herausgeschnitten hat, um den Streifen auf 90 Minuten herunter zu kürzen. Laut De Palma, sei das aber seine Schnittfassung und hätte nie eine längere Version gegeben. Das ist schade, denn etwas mehr Laufzeit, bessere Charakterisierungen und etwas mehr Tiefgang hätten dem Film sicher gut getan. Die Schauspieler, angeführt von den GAME OF THRONES-Stars Nikolaj Coster-Waldau und Carice van Houten agieren recht blass und verhindern eine Identifikation für den Zuschauer. Guy Pearce hatte offensichtlich nur zwei Drehtage, versprüht in seinen paar Szenen aber mehr Esprit und mehr Charisma als der Rest der Besetzung.

Dem Regisseur kann man indes keinen großen Vorwurf machen, bemüht er sich doch sehr, dass schlaffe Material mit seinen persönlichen Stilmitteln aufzupeppen und dem Film etwas Glanz zu verleihen. Collagenartige Bilder, stimmungsvolles Licht, Zeitlupen und die typischen Split-Screens sorgen immerhin visuell für einige optisch schöne Momente. Gerade bei Einstieg des Films kommt der De Palma-typische Suspense zum Tragen und eine entschleunigte Verfolgungsjagd sorgt für einen Nägelkauer-Moment. Besonders zur Geltung kommt dabei der hervorragende Score von Stammkomponist Pino Donaggio, der dem Film etwas edles verleiht. Doch auch De Palma kann dieses optische Niveau nicht durchgängig halten, weshalb der Mittelteil ziemlich abfällt, bevor das Finale nochmal an ehemalige Stärken erinnert. Doch auch die hübsche Hülle übertüncht nicht die inhaltlichen Probleme.

Nachdem DOMINO in den USA direkt als Video on Demand erschienen ist, hat es Koch Films sich nicht nehmen lassen, den Thriller wenigstens hierzulande als Blu-Ray und DVD auf den Markt zu bringen. Die Bild- und  Tonqualität ist wieder einmal sehr gut, das Bonusmaterial mit einem Trailer eher mau.

Fazit:
Die großen Zeit des Brian De Palma scheinen nun endgültig vorbei zu sein, wenn seine Filme es nicht einmal mehr ins Kino schaffen. Da gehört DOMINO – A Story of Revenge (2019) auch nicht hin, krankt der Thriller doch sichtbar an seinen Produktionsumständen, einem holprigen Drehbuch und mäßigen Schauspielleistungen, die auf Kosten mancher netten Ideen und Motive gehen. Da kann De Palma mit noch so viel filmischer Grandezza um die Ecke kommen, besser wird dieser halbgare Film dadurch nur marginal.

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