Vielleicht würde das World Trade Center heute noch stehen, hätte Charlie Wilson nicht 1980 auf einer Whirlpool-Party zufällig einen TV-Beitrag über die Taliban gesehen. In Afghanistan kämpften die Taliban gegen die russischen Invasoren und waren dabei relativ machtlos. Da damals aber die Sowjetunion der natürliche Feind der USA war, fühlte sich Wilson bei seinem patriotischen Stolz gepackt und beschloss, als Angehöriger des Kongresses, sich in den Konflikt in Afghanistan einzumischen und Gelder für die Aufrüstung der Taliban locker zu machen. Doch am Ende entzog die US-Regierung die Unterstützung für die Taliban und hinterließ, wie so oft, verbrannte Erde, die letztendlich, in einer langen Kette von Entwicklungen, die Taliban zum Feind der USA machten. Als Tom Hanks von dieser aberwitzigen Geschichte erfahren hatte, ebnete er den Weg für diesen Film und drehte mit einem erstklassigen Team eine verschmitzt-flotte Politsatire, frisch erschienen bei ARTHAUS, die bis heute nichts an Qualität verloren hat.
Originaltitel: Charlie Wilson´s War
Regie: Mike Nichols
Darsteller: Tom Hanks, Julia Roberts, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams, Emily Blunt
Artikel von Kai Kinnert
In den frühen 80er Jahren gilt der trinkfeste Kongressabgeordnete Charlie Wilson (Tom Hanks) als sorgloser Playboy, der sich am liebsten von seinen gutaussehenden Sekretärinnen verwöhnen lässt – bis er mit dem Elend der afghanischen Flüchtlinge konfrontiert wird. Gemeinsam mit der texanischen Millionärin Joanne Herring (Julia Roberts) und dem frustrierten CIA-Agenten Gust Avrakotos (Philip Seymour Hoffman, startet Charlie die aufwändigste und erfolgreichste Geheimaktion der Weltgeschichte. Das kuriose Trio beginnt mit viel Geld, List und einer talentierten Bauchtänzerin den Kampf gegen die Rote Armee, die gerade in Afghanistan einmarschiert ist.
Regisseur Mike Nichols (Die Reifeprüfung, 1967) lässt seinen Film in den blubbernden Blasen der Whirlpool-Party beginnen, an der der windige Abgeordnete Charlie Wilson teilnimmt. Nackt und mit Schampus sitzt er zwischen attraktiven Frauen im Pool und sieht zufällig den TV Bericht über die Taliban in Afghanistan. Als er erfährt, dass die Taliban ob der russischen Lufthoheit mit ihren Kampfhubschraubern keine Chance haben, beginnt er seine Verbindungen spielen zu lassen und macht Gelder für die Aufrüstung locker. Dabei wird er von dem schmierigen CIA Agenten Avrakotos und der texanischen Millionärin Herring unterstützt. Wilson fliegt nun noch Afghanistan und trifft den dortigen Präsidenten, der sich amüsiert darüber zeigt, dass Wilson glaubt, mit 10 Millionen Dollar etwas gegen die Russen bewirken zu können. Und so pendelt Wilson zwischen den USA und Afghanistan hin und her, trifft in Washington weiter das Komitee für verdeckte Operationen und stockt so stetig die Summe soweit auf, dass die Taliban das Blatt im Widerstandskampf wenden können. Denn Charlie Wilson ist der Mann, der den Taliban die Stinger-Rakete beschafft hatte, mit der selbst ungelernte Schützen Hubschrauber vom Himmel holen können.
Und genau das passiert auch. Tatsächlich war es im Afghanistan-Krieg so, dass die Taliban die russische Armee mit Hilfe der Stinger-Raketen aus dem Land vertreiben konnten. Da war der Krieg im Lande schon auf dem Höhepunkt und sorgte so für eine millionenfache Vertreibung der Bevölkerung, die in – bis zum Horizont reichenden – Flüchtlingslagern im afghanischen Grenzgebiet untergebracht ist. Doch plötzlich will die USA den Kampf nicht mehr unterstützen und zieht sich zurück. Als Wilson, ob der humanitären Lage in Afghanistan, am Ende nur eine Million für den Bau von Schulen beim Kongress locker machen will, blockt der ab. Das ist zu viel Geld. Am Ende hinter läßt Charlie Wilson bestens aufgerüstete und ausgebildete Taliban-Kämpfer, die alsbald die USA als ihren nächsten Feind ausmachen werden.
Der Krieg des Charlie Wilson ist flott geschriebenes, gut gespieltes Polit-Kino, dass gut in eine Reihe mit Wag the Dog (1997), Lord of War (2005) oder Vice (2018) stellt.
Drehbuchautor Aaron Sorkin, der unter Anderem Chefautor von The West Wing (1999-2006) war und auch die Drehbücher zu Eine Frage der Ehre (1992) und Malice (1993) schrieb, ist ein Meister des flotten, mit Informationen vollgepackten Dialogs. Und so ist Der Krieg des Charlie Wilson voll mit guten Dialogen und Szenen, in denen Tom Hanks und Philip Seymour Hoffman schauspielerisch zur Bestform auflaufen. Zeitlos gut und nicht eine Minute langweilig, empfiehlt sich Der Krieg des Charlie Wilson auch heute noch jedem Fan des kurzweiligen Polit-Kinos und des Geheimdienstschabernacks. Wer sich schon bei den oben genannten Filmen gut unterhalten fühlte, hat hier die richtige Ergänzung für die Sammlung.
Das Bild der BD ist satt und sauber, der Ton gut. Als Extras gibt es ein Making of und einen Bericht über Charlie Wilson.
Trailer:
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