Amateur-Regisseur Patrick Roy Beckert hatte große Ambitionen. Mit dem unabhängig produzierten TAL DER SKORPIONE (2019) brachte man Action made in Germany auf die hiesigen Kinoleinwände und versammelte eine bunte Riege an abgewrackten Ex-Promis, die mit Herzenslust durch den Wald ballern durften. Busch Media hat den Streifen vor kurzer Zeit im Heimkino veröffentlicht, weshalb auch ich einen Blick riskieren musste. Ausführliche Eindrücke bekommt ihr in unserem Leidensbericht zum wohl miesesten Stück Film des Jahres!

Originaltitel: Breakdown Forest – Reise in den Abgrund

Drehbuch & Regie: Patrick Roy Beckert

Darsteller: Bartholomäus Kowalski, Patrick Roy Beckert, Claude-Oliver Rudolph, Ralf Richter, Martin Semmelrogge, Mathieu Carrière, Thomas Kercmar, Micaela Schäfer…

Artikel von Christopher Feldmann

Es ist schon ein paar Jahre her, dass erstmals die Meldungen über eine Independent-Produktion die Runde machten, die, entrückt vom Mainstream der deutschen Filmlandschaft, dem klassischen Actionfilm für harte Jungs die Ehre erweisen sollte. Immerhin war bereits 2014 Drehstart und es dauerte ganze fünf Jahre, bis Regisseur, Autor und Schauspieler Patrick Roy Beckert seine Vision endlich einem Publikum zeigen konnte. Das lag vor allem an den eklatanten Finanzierungsschwierigkeiten, die die Macher dazu zwang, das Projekt mehrmals zu unterbrechen, um neues Kapital zu generieren. Wir alle wissen, ein richtiger Action-Kracher kostet nun mal ein wenig Geld. Die Vorfreude bei interessierten Zuschauern, falls es die jemals gegeben haben sollte, bekam allerdings schnell einen gehörigen Dämpfer, als erste Kritiken TAL DER SKORPIONE (2019) in der Luft zerrissen haben. Nach einem limitierten Kinostart im Juni 2019, können Freunde rauerer Kost den Streifen nun auch im Heimkino genießen. Aber Vorsicht: Interessenten sollten starke Nerven besitzen, denn Beckerts billiger BATTLE ROYALE-Verschnitt ist ein desaströses Machwerk, dass sich von einer plumpen Geschmacklosigkeit zur Nächsten hangelt!

Handlung:
Nach einem missglückten Einsatz gegen den durchgeknallten Auftragskiller Eyck Rhoder (Martin Semmelrogge), erwacht der Polizist Leon (Bartholomäus Kowalski) plötzlich in einem abgelegenen Wald. Dort trifft er schnell auf weitere Entführte, die sich alle als Schwerverbrecher, Mörder und Söldner entpuppen. Schnell kommt es zu den ersten Konfrontationen, in denen so manche Kugeln verbraucht werden. Noch ahnen die Ausgesetzten nicht, dass sie Schachfiguren in einem perfiden Spiel der Gebrüder Ribbeck (jeweils Thomas Kercmar) sind, die planen aus dem letzten Überlebenden einen Übermenschen und Supersoldaten zu formen.

Wir können an dieser Stelle voller Stolz sagen, dass wir mit TAL DER SKORPIONE, den wohl schlechtesten Film des Jahres gesehen haben. Grundsätzlich bin ich ja solchen Independent-Produktionen nicht abgeneigt, ist es doch erfrischend, wenn junge, unverbrauchte Filmemacher mal Genre-Kino machen wollen und sich nicht dem gängigen Einheitsbrei aus Liebeskomödien und Vergangenheit bewältigenden Dramen hingeben. Dass solche Unternehmungen meist mit einem kleinen Budget verwirklicht werden müssen, weil die Filmförderungen keinen Cent springen lässt, nehme ich auch noch hin. Was aber hier herausgekommen ist, ist wahrlich ziemlich grausam und keinen einzigen Euro an Steuergeldern wert.

Autor, Regisseur und Schauspieler Patrick Roy Beckert hat hier seine Variante des berühmten BATTLE ROYALE-Themas verwirklicht, leider in einer derart schlechten Weise, dass es einem förmlich die Schuhe auszieht. Dass einfach gestrickte Actionfilme meist keine tiefgründige Story vorweisen können und auch TAL DER SKORPIONE handlungstechnisch eher belanglos ist, ist dabei auch nicht das größte Problem, auch wenn die hier vorliegende Geschichte ziemlich hanebüchen und frei von jeglicher Spannung ist. Viel mehr ist es die Attitüde, wie man hier zu Werke geht. Der Autor glaubt anscheinend wirklich, dass harte Männer derartig grenzdebilen Müll absondern oder der Meinung ist, dass man sich nur dann als tougher Typ behaupten kann. Die Dialoge, die hier von den Darstellern hölzern heruntergeleiert werden, sind unter aller Kanone, rassistisch, sexistisch und absolut homophob. Und wenn darin ein satirischer Ansatz stecken soll, würde ich mich sehr freuen, wenn mir diesen jemand aufzeigen könnte. Sprüche wie „Du findest keinen härteren Stecher als Tante Werner!“, „Mutter hat immer gesagt, der Feind ist überall!“ und „Hol mal die Knarre aus deiner Buchse!“ sind nur eine kleine Kostprobe des lyrischen Einfallsreichtums.

Würde man diesen langweiligen, sehr bedenklichen Quatsch zumindest in einen kurzweiligen Film packen, wäre der Leidensweg zumindest nicht ganz so hart aber Beckerts Machwerk läuft ganze 130 Minuten, die in keinster Weise gerechtfertigt sind. Hier wird ein unbedeutender Shootout an den Nächsten gereiht, was die Ganze Chose von Minute zu Minute langweiliger macht. Parallel dazu findet Beckert keine stimmungsvollen Bilder, keine guten Choreographien und selbst der Schnitt ist unsäglich. Im Endeffekt sieht man nur irgendwelche Typen, die sinnlos durch die Gegend ballern. Immerhin verzichtet man auf miese CGI-Effekte und lässt hübsch die Blutbeutel platzen, was dem Film aber keinen Mehrwert bringt. Der anscheinend intendierte Effekt verpufft in dem generischen, uninspirierten Schlachtfeld sofort wieder. Was als Tour de Force für Anti-Helden angelegt ist, verkommt direkt zum hölzern aufgesagten Laientheater, nur in geschmacklos.

Dazu trägt auch die Besetzung einen gehörigen Teil bei. Während sich mit Bartholomäus Kowalski ein absolutes Null-Gesicht ohne jegliches Charisma die Hauptrolle sichern konnte und Beckert ebenso hölzern durch die Szenerie stapft, hat man es fertig gebracht, eine ganze Wagenladung an abgebrannten Z-Prominenten in den Wald zu karren, um mehr schlecht als recht auf Macho zu machen. Während Martin Semmelrogges Antlitz schon beunruhigend ist, gibt einem sein Gekrechze den absoluten Rest („ROCK N ROLL, BABY!“). Nicht weniger zum Fremdschämen einladend, ist die Performance von Vorzeige-Proll Ralf „Ralle“ Richter, der in bester Assi-Manier durch die Gegend brüllt, absolut unerträglich. Claude-Oliver Rudolph, der sich seit 20 Jahren einen darauf runterholt, dass er mal in einem Bond-Film neben Pierce Brosnan stehen durfte, liefert indes die wohl ekelhafteste Leistung ab. Als draufgängerischer Ober-Rambo sondert der, sich selbst als Bad-Guy bezeichnende, Schauspieler einen derartigen Müll ab, dass man gerne glauben kann, der begrenzte Mime tickt auch privat so.

Okay, ich verstehe den Gag. Alle drei genannten Akteure können sich damit rühmen, in Wolfgang Petersens DAS BOOT (1981) mitgespielt zu haben. Das ist allerdings fast 40 Jahre her und zählt schon lange nicht mehr als Referenz, haben die Herren doch außer einem Auftauchen in der Klatsch-Presse, seitdem wenig gerissen. Und weil soviel Trash-Prominenz nicht genügt, hat man noch Dschungelcamp-Psychopath Mathieu Carrière, gemeinsam mit seinem Töchterchen Elena, ans Set gekarrt und Micaela Schäfer darf auch noch ein wenig mitmischen. Allerdings zeigt sie nicht einmal ihre Titten, weshalb ich mich wundere, wofür man Frau Schäfer sonst für einen Film verpflichtet. Achja, Proleten- und Puff-Legende Bert Wollersheim darf in einem Gastauftritt auch noch ein bisschen mit der AK 47 wedeln. Eine bunte Riege, von denen einer untalentierter als der andere ist. Falls die genannten Alt-Stars mal über Talent verfügten, so scheinen sie es in den letzten 40 Jahren irgendwo verkauft oder versoffen zu haben. Und bevor ich es vergessen, Produzent Thomas Kercmar gleich drei Rollen spielen zu lassen, von denen eine die des tuntigen Psychopathen ist, erweist sich als keine gute Idee.

Busch Media spendierte dem Amateur-Actioner eine Heimkino-Veröffentlichung auf DVD und Blu-Ray. Die Bild- und Tonqualität ist, gemessen an den Produktionsstandards, durchaus gut. Im Bonusmaterial finden sich ein Audiokommentar, ein Featurette über die Premiere in Berlin und der Trailer. Bei der veröffentlichten Version handelt es sich um den Director’s Cut. Für den Kino-Release schnitt man eine kürzere Fassung, die aber von der FSK keine Freigabe erhielt, während die 25 Minuten längere Version unangetastet mit einem 18er-Siegel durchkam. Sachen gibt’s!

Fazit:
Action für harte Männer, made in Germany! TAL DER SKORPIONE (2019) schreibt sich diese Aussage gerne auf die Stirn, enttäuscht aber letztendlich auf ganzer Linie. Abgerockte DAS BOOT-Stars, ausdruckslose Newcomer und deutsche Trash-Prominenz, geben sich in diesem lahm inszenierten, dilettantisch geschriebenen, viel zu langen und arg bedenklichen Murks die zweifelhafte Ehre. Patrick Roy Beckerts Debüt ist so unterwältigend, dass er nicht mal als spaßiger Trash-Film taugt. Ein Streifen, so schlimm, dass die, im Abspann angeteaste, Fortsetzung wie eine Drohung wirkt!

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