Im Jahr 1995 schrieben die PIXAR ANIMATION STUDIOS Filmgeschichte, indem sie mit TOY STORY den ersten, abendfüllenden Animationsfilm in die Kinos brachten. Fünfzehn Jahre später brachten sie die Trilogie zu einem großartigen und emotionalen Finale, welches keine Fragen offen lies und keine weitere Fortsetzung benötigte… Moment, eine Frage blieb bislang doch ungeklärt: Was ist aus Porzellinchen geworden, die im dritten Teil durch Abwesenheit glänzte? Wir haben es herausgefunden in WALT DISNEYs neuestem Streich, dessen deutscher Untertitel so gar keinen Sinn ergibt.
Originaltitel: Toy Story 4
Sprecher (englisch): Tom Hanks, Tim Allen, Annie Potts, Jordan Peele, Bonnie Hunt
Sprecher (deutsch): Michael ´Bully´ Herbig, Walter von Hauff, Alexandra Ludwig, Karim El Kammouchi, Madeleine Stolze
Artikel von Christian Jürs
Toy Story: Alles hört auf kein Kommando beginnt mit einem Rückblick in glückliche Zeiten, als Woody, Buzz Lightyear und ihre Freunde noch zur Spielzeugsammlung von Andy gehörten. Dessen kleine Schwester sortierte damals fleißig Spielzeug zum Spenden aus. Darunter auch Woodys Freundin Porzellinchen, die in einer Pappkiste im Kofferraum eines Autos aus dem Leben des Cowboys gefahren wurde.
Danach verlagert sich die Geschichte wieder in die Gegenwart. Wir erinnern uns: Andy ist erwachsen geworden und hat sein Spielzeug der kleinen Bonnie vermacht. Diese spielt, ganz Mädchen, nur sehr selten mit dem guten, alten Woody. Doch der sieht sich immer noch in der Verantwortung, für das Kind den Aufpasser zu geben. Als ihr erster Tag in der Vorschule ansteht ist Bonnie derart verängstigt, dass Woody sich in ihren Rucksack schmuggelt, um nach dem Rechten zu schauen. Dabei wird er Zeuge, wie sie sich aus einer alten Plastikgabel ein neues Spielzeug bastelt: Forky ist geboren.
Doch Forky kann sich so gar nicht an seine neue Rolle als Lieblingsspielzeug der kleinen Bonnie gewöhnen, ist er doch tief in seinem Herzen überzeugt, Abfall zu sein. Auf einem Familienausflug springt er aus dem fahrenden Wagen, um seinem Schicksal als Spielzeug zu entgehen. Woody springt beherzt hinterher, um Forky der kleinen Bonnie zurückbringen zu können. Dabei lernt er neue Freunde kennen und trifft auch auf eine alte Bekannte: Porzellinchen.
Nein, Toy Story: Alles hört auf kein Kommando ist kein einfaches Melken der Cash-Cow. Die Leute bei Pixar hatten tatsächlich eine schöne Idee, um die Geschichte rund um Woody und Porzellinchen doch noch zu einem versöhnlichen Ende zu erzählen. Dabei setzte man optisch erneut eine Schippe drauf. Auch die neuen Figuren, ein Plüschhase namens Bunny, das Küken Ducky, ein etwas einfältiger Motorrad-Stuntfahrer und eben Forky, sind wirklich lustig und sympathisch. Natürlich gibt es auch Antagonisten, diesmal in Form einer weiblichen Puppe mit defektem Sprachmodul und ihren gruseligen Bauchrednerpuppen als Lakaien. Diese Figuren entwickeln sich zum Finale hin übrigens überraschend, mehr sei nicht verraten. Auch eine kleine Reminiszenz an Stanley Kubricks Shining gibt es für das große Publikum zu entdecken. Soweit gibt es also keinen Grund zur Klage.
Und doch spielt Teil 4 nicht in der gleichen Liga wie seine Vorgänger. So geraten die alten Freunde Woodys hier quasi aufs Abstellgleis. Selbst Buzz Lightyear, dessen Screentime noch am großzügigsten ausfällt, hat nicht mehr als einen größeren Nebenpart. Dafür rückt Porzellinchen in den Fokus, doch die ist nicht mehr das zarte Wesen von einst, sondern eine toughe Superfrau, die sich, als ihr bei einer Verfolgungsjagd der Arm abbricht, diesen mit etwas Klebeband einfach mal locker in bester Rambo Manier wieder ranoperiert. Ein politisch korrekter, starker Frauencharakter, der jedoch ein wenig erzwungen wirkt.
Trotzdem ist auch der vierte Teil insgesamt ein netter, harmloser Familienspaß, bei dem sich keine Altersgruppe langweilen wird. Die ganz Kleinen könnten sich beim ersten Angriff der Bauchrednerpuppen eventuell etwas Gruseln, an das Frankensteinbaby aus Teil 3 reichen sie jedoch nicht heran. Am Ende heißt es dann erneut Abschied nehmen. Wer von wem wird schnell klar und dürfte nicht jeden Fan der Reihe zufrieden stellen, denn eigentlich war der Vorgänger der perfekte Abschlussfilm. Aber das ist jammern auf hohem Niveau.
Zu Rezensionszwecken lag uns die Blu-ray Variante in 2D vor, weswegen wir zur Tiefenwirkung der 3D Variante leider nichts schreiben können. Bild und Ton sind aber, wie zu erwarten war, ausgezeichnet. Auch die Synchronfassung ist gelungen, auch wenn ich mich an Woody mit der Stimme von Michael Herbig einfach nicht recht gewöhnen kann. Das Erbe von Peer Augustinski ist halt ein Großes, welches der Komiker und Regisseur nicht so recht auszufüllen vermag. Ich hätte mir eher Joachim Tennstedt gewünscht, der Tom Hanks derzeit sein Organ leiht.
Im Bonusmaterial unterscheiden sich die Veröffentlichungen deutlich. Wer sich für die digitale Variante entscheidet, bekommt nix. DVD Kunden erhalten einen Audiokommentar mit Regisseur Josh Cooley & Produzent Mark Nielsen, Blu-ray Käufer bekommen zudem noch die beiden Featurettes „Porzellinchen ganz neu“ und „Toy Stories“, während sich 3D Gucker noch über weitere Featurettes, Trailer, zusätzliche Szenen und Sammelkarten freuen können. Einen Kurzfilm gibt es diesmal leider nicht.
Insgesamt ein netter Familienfilm, der nicht zwingend notwendig war, der seine 100 Minuten Laufzeit über aber hervorragend unterhält.
Trailer: