Regisseur Kim Jee-woon ist einer von den guten Regisseuren Südkoreas und leistet sich stets stilistisch durchdachtes und handwerklich geschlossenes Kino in verschiedenen Genres, wie zum Beispiel A BITTERSWEET LIFE (2005), I SAW THE DEVIL (2010) oder den wirklich famosen THE AGE OF SHADOWS (2016). Mit seinem dritten Kinofilm drehte Kim Jee-woon 2003 den weltweit erfolgreichen Psycho-Horrorstreifen A TALE OF TWO SISTERS, der 2009 als DER FLUCH DER 2 SCHWESTERN ein US-Remake erfuhr. CAPELIGHT PICTURES legte diesen Klassiker des koreanischen Horrorstreifens in einem schönen Mediabook neu auf. Zeit also zu prüfen, ob die verschachtelte Psycho-Geisterstory heute noch zu unterhalten vermag.
Originaltitel: Janghwa, Hongryeon
Regie: Kim Jee-woon
Darsteller: Lim Soo-jung, Moon Geu-young, Kim Kap-su, Yum Jung-ah
Artikel von Kai Kinnert
Nach ihrem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik kehren die Schwestern Su-mi und Su-yeon nach Hause zurück. Die ersehnte Heimkehr hatten sich die beiden allerdings friedlicher vorgestellt. Ihr Vater lebt inzwischen mit einer neuen Frau zusammen, die den Mädchen nur Misstrauen entgegenbringt und ihnen das Leben zur Hölle macht. Während sich Su-yeon immer mehr zurückzieht, macht Su-mi keinen Hehl aus ihrem Hass und ihrer Verachtung gegenüber der psychotischen Stiefmutter. Als das dunkle Landhaus auch noch von seltsamen Geschehnissen heimgesucht wird und die Mädchen von Albträumen geplagt werden, droht die ohnehin angespannte Situation zu eskalieren.
Eines ist mal sicher: Jeder Schuss ist hier ein Treffer. Mit Schuss meine ich hier die Kamera, die Einstellung und die Abstimmung in der Farbgebung des Bildes. Alles passt zusammen. Die Symmetrie, das Licht, die plötzlichen Fahrten und die Farben – die Bilder sind ästhetisch und voller Spannung. Der Streifen wurde noch analog auf richtigem Film gedreht, was man auch sieht. Hier wurde viel Aufwand betrieben, um im Filmnegativ bei der Entwicklung die gewünschten Farben auszulösen. Am Scheideweg zwischen dem analogen und digitalen Kino entstand A TALE OF TWO SISTERS, dass beide Elemente für den besonders gekonnten Stil des Films geschickt einsetzt. Fotografisch und tricktechnisch gekonnt, umrahmt mit einer schönen Filmmusik, hat Kim Jee-woon seinen Film ganz im Griff.
Die verschachtelte Story ist gut angelegt und verzichtet auf unnötiges Gedöns. Man konzentriert sich ganz auf die Beklemmung des Hauses und dem Mysterium der Geschehnisse. In seinen Spannungs- und Schreckmomenten bleibt A TALE OF TWO SISTERS souverän. Geschickt kombiniert in Einstellung, Schnitt, Sound und Musik sind die Szenen bis heute gruselig gut gemacht. Auch der Anfall der Stiefmutter ist dramatisches Spannungskino, von Anfang bis Ende bleibt der Film mit einer andauernden Grundspannung behaftet. Allerdings hat das Haus und die Bildgestaltung daran mehr Anteil, als das Schauspiel der Darsteller. Ein kleines Manko an dem Streifen ist hier und da ein gewisses Overacting in den Szenen und das Fehlen von Präsenz und Entwicklung in den Figuren. Erst mit den späteren Filmen begann Kim Jee-woon seine Hauptfiguren filmisch markanter und präziser zu besetzen, wie zum Beispiel Song Kang-ho in THE AGE OF SHADOWS (2016) oder Lee Byung-hun, der seit A BITTER SWEET LIFE (2005) ständig dabei ist. Die Besetzung von A TALE OF TWO SISTERS ist anwesend und füllt das Motiv, aber sie sind nur Projektionsfläche und wirken dadurch austauschbar. Die Darstellung der Stiefmutter, hier gespielt von Yum Jung-ah, ist hier noch am Besten. Ihr Anfall im letzten Drittel des Films ist passend und gut gespielt. Doch insgesamt ist das alles nur ein Jammern auf hohem Niveau.
A TALE OF TWO SISTERS ist ein solider, guter Psycho-Horrorthriller, der seine asiatischen Eigenheiten international kompatibel verpacken kann und künstlerisch aus einem Guss ist. Das Teil ist heute noch immer spannend und hat nur wenig Schrammen durch den Lauf der Zeit bekommen. Wer Freund des asiatischen Grusels ist, bekommt hier einen Klassiker, der, ob seiner Tapeten und Räume, an THE SHINING (1980) erinnert und mit einer Pose aus RING (1998) beginnt und die geneigte Sammlung im Regal elegant vervollständigt. Kim Jee-woon weiß was er tut, sein filmischer Kosmos ist für jedes Genre perfekt komponiert.
Das Mediabook ist schön aufgemacht und liefert mit dem Booklet einen informativen Text zum Regisseur. Es gibt eine Menge Extras zum Film. Neben dem Audiokommentar von Kim Jee-woon und den Darstellern gibt es noch 12 nicht verwendete Szenen, Interviews, eine Analyse von Kim Jee-woon, Kim Jee-woon über die Faszination Horrorfilm, ein einstündiges Making Of zu allen möglichen Aspekten der Produktion, den Film aus Sicht eines Psychiaters, Erinnerungen der beiden Hauptdarstellerinnen und Kinotrailer.
Das Bild der BD ist sehr gut, mit leichtem Korn und prächtig in den gedeckten Farben. Selten sahen die gruseligen Tapeten in einem Film so gut aus. Ein Haus, in dem man nicht wohnen möchte. Der Ton ist gut.
Trailer: