Achtung, volle Deckung! Hier hat jemand Film Noir gesehen, speziell Philip Marlowe! Das Name-Droping lässt in den ersten Minuten des Steifens in dieser Sache keine Zweifel zu. Wie einst Elliott Gould in DER TOD KENNT KEINE WIEDERKEHR (1973) hat 2019 John Travolta als PI Carson Philips (…Philips und Philip…haha!) ein kleines Büro und eine Katze, die auch noch Raymond heißt, benannt nach Raymond Chandler, dem Autoren von Philip Marlowe. Das Mordopfer heißt übrigens Happy Chandler. Doch weiter geht die Liebe nicht, denn THE POISON ROSE lässt jegliches Gefühl für Story und Timing vermissen und findet nur selten zu einer filmischen Form, die Spannung vermuten lässt. KSM hält John Travolta die Stange und bringt diesen Titel für seine Fans heraus.
Originaltitel: The Poison Rose
Regie: George Gallo, Francesco Cinquemani
Darsteller: John Travolta, Morgan Freeman, Brendan Fraser, Famke Janssen, Robert Patrick
Artikel von Kai Kinnert
Der ehemalige Football-Star Carson Phillips verdient sein Geld als Privatdetektiv. Sein aktueller Fall, eine vermisste Frau, führt ihn unverhofft zurück in seine Heimatstadt, wo er nach über 20 Jahren auf viele alte Bekannte trifft. Doch es scheint, als seien sie nicht mehr dieselben Menschen, die er einst zurückgelassen hat. Denn jeder Einzelne von ihnen hegt ein düsteres Geheimnis… Der Fall nimmt eine unerwartete Wendung, als die Tochter seiner Jugendliebe plötzlich zur Hauptverdächtigen wird. Phillips findet sich wieder in einem Netz aus Mord, Lügen, Intrigen und auch seiner eigenen dunklen Vergangenheit. Kann er die Geheimnisse der Stadt lüften, um seinen Fall zu lösen und vor allem, um mit seiner Vergangenheit abschließen zu können?
Ja, was war denn da nur los? Der Film spielt 1978 und es klappt nichts. Noch während der Film läuft, hat man jedes Zeitgefühl verloren. Es ist einer dieser Streifen, in denen das kreative Loch so groß ist, das man verwundert auf die Uhr schaut. Gefühlt läuft der Streifen seit drei Tagen, doch real sind es gerade mal 68 Minuten. In uninspirierter, fast semiprofessioneller Art und Weise schleppt sich das Geschehen vor dem Auge des Betrachters dahin. Günstig in der Ausstattung, unpassend frisiert und gekleidet, garniert mit einer gähnend langweiligen Kamera, die im Digitalmodus vor sich hin schwirrt und energielose Schauspieler im Tauchgang ihrer Karriere bei der Arbeit abfilmt, flanscht sich The Poison Rose in fast allen Belanges des Filmschaffens ins Aus.
John Travolta ist als Detektiv konstant unglaubwürdig und lässt jeglichen Charme vermissen. Morgan Freeman sitzt, schauspielerisch abwesend, in seinen wenigen Szenen meist an einem Tisch und wirkt dabei wie der altersschwache Eintänzer eines Kreuzfahrtschiffes. Auch Robert Patrick kommt kurz in seine Szenen marschiert, starrer Blick mit aufgerissenen Augen, und wirkt, als hätte er zu viel Quecksilber in der Leber. Famke Janssen zeigt als geliftete Milf im kurzen Morgenmantel und in High Heels zwar in einer Szene viel Bein, doch die Szene ist so dämlich sexistisch, das man die Hände vor das Gesicht schlägt. Doch viel schlimmer trifft es Brendan Fraser.
Der Joker hat einen Cousin und der heißt Brendan Fraser, Chef einer Klinik in The Poison Rose. Himmelarschundzwirn, sollte Fraser aufgrund schauspielerischer Ausweglosigkeit jemals Selbstmord begehen oder sich öffentlich zum Heroin und bekennen, dann aufgrund dieses Films. Dabei beginnt sein erster Auftritt gar nicht mal schlecht. Während seine Kollegen sich durch den Film dösen, blitzt kurz schauspielerischer Witz in der Szene auf und Fraser lässt den Zuschauer aus dem Koma erwachen. Ihm muss die ideenlose Regie bewusst gewesen sein und er packt plötzlich den verschwitzt-schmierigen Arzt aus, der völlig untypisch für den Rest des Streifens ist. Fraser, durch verschiedene Substanzen zur Dicklichkeit geformt, ist Profi genug und beginnt seine Rolle mit ein paar lustigen Details zu spielen, was ihm aber leider nichts nützt, da ihn das Drehbuch am Ende als albernen (Schauspiel)Clown vorführen wird. Mit irrem Blick und einer clownesken Fliege um den Hals, einer Knarre in der Hand und von einer behämmerten Regie flankiert, wird Fraser am Ende des Streifens in den Tiefpunkt seiner Karriere geführt, dass es einem schon Leid tut. Der kurze Witz, den Fraser aufblitzen ließ, demontiert die Regie durch das strunzlangweilige Drehbuch und völliger Konzeptlosigkeit des Genres gegenüber und macht Fraser so zum tatsächlichen Clown – und das, obwohl es nirgends in der Story einen Grund dafür gäbe.
Wenn man schon einen Film in der Tradition Raymond Chandlers drehen möchte, dann sollte man den „Scheiß“ auch gefälligst ernst nehmen und sich was einfallen lassen. Nicht nur in der Story, die ist bei The Poison Rose ein schlappiges Larifari, sondern auch in der Optik. Und die wirkt wie fürs Handy gefilmt. Doch nicht ganz…denn es gibt eine Szene, in der für drei Minuten alles stimmt. Ein Funke, der den Filmemachern aus versehen passiert sein muss. Da sitzen sich Morgan Freeman und Famke Janssen am Tisch gegenüber und es sieht gut aus. Plötzlich ist da eine Spannung. Plötzlich ist es ein Krimi. Doch dann verpufft der Anflug von Können und auch die zwei Shoot-Outs im Film bringen durch ihre ungekonnte Inszenierung keine Wendung.
Ein Satz mit X – Das war wohl nix. Man kann dem Streifen getrost einen Totalschaden attestieren und allen Beteiligten bessere Filme wünschen. Story, Schauspiel und Inszenierung wabern ungekonnt im Kosmos der Langenweile vor sich hin und verzerren so die Zeitwahrnehmung beim Zuschauer ins Unendliche. Nur was für echte Fans.
Das Bild der BD ist klar und sauber, der Ton ist gut. Als Extras gibt es einen Trailer und eine Bildergalerie.
Trailer: