Liebe Helikoptereltern, dieser Film ist ganz speziell für Euch. Vielleicht überdenkt Ihr dann Euer übervorsorgliches Verhalten einmal und gesteht Euren Kindern ein, sich zu eigenständigen Personen zu entwickeln, denn diese Entwicklung durchlebt man bereits im Kindesalter. Vor allem Teenager, die gerade ihre Sexualität entdecken, benötigen Freiraum und ein gewisses Maß an Freiheit, wie uns auch diese Geschichte lehrt. Sofia Coppola musste als Regisseurin in große Fußstapfen treten. 2003 gelang es ihr, mit LOST IN TRANSLATION, einen Kultfilm zu erschaffen. Wer ihren Debutfilm, ein melancholisch-feinfühliges Jugenddrama, bislang verpasst hat, kann sich jetzt die CAPELIGHT PICTURES Blu-ray zulegen und diese Wissenslücke schließen.

Alternativtitel: The Virgin Suicides – Verlorene Jugend / Das Geheimnis ihres Todes

Regie: Sofia Coppola

Darsteller: Kirsten Dunst, Kathleen Turner, James Woods, Josh Hartnett, Michael Paré, Scott Glenn, A.J. Cook, Danny De Vito

Artikel von Christian Jürs

The Virgin Suicides, der auf dem Roman Die Selbstmord-Schwestern von Jeffrey Eugenides beruht, macht von der ersten Sekunde an keinen Hehl aus dem Schicksal der fünf Lisbon Schwestern, die ihrem Leben innerhalb des Spießertums der amerikanischen Kleinstadt Michigan in den Siebzigern, ein Ende bereiten. Wozu auch? Der Titel spoilert es ja ohnehin. Aber alles der Reihe nach…

Zunächst beginnt alles in harmonischer Kleinstadtidylle. Die 14 jährige Lux Lisbon (Kirsten Dunst) schleckt ein Eis, ein Mann sprengt seinen Rasen, Leute gehen mit ihrem Hund Gassi, ein Baum soll entsorgt werden und ein Junge spielt Basketball, während die Nachmittagssonne vom Himmel strahlt. Doch der Schein trügt, denn Cecilia (Hanna R. Hall), die jüngste der Lisbon Schwestern, liegt mit aufgeschnittener Pulsader in der Badewanne. Sie wird zwar gerettet, doch die Reaktion auf die Frage des behandelnden Arztes, was sie zu dieser Tat bewegte, sie wüsste doch noch nichts von der Härte des Lebens, antwortet das Mädchen mit kalter Mine „Ach ja? Waren Sie schonmal ein dreizehnjähriges Mädchen?“.

Geschildert aus dem Off wird uns die Geschichte von einer männlichen, erwachsenen Stimme (im Original: Giovanni Ribisi). Es handelt sich um einen der Jungen, die vor 25 Jahren mit den Schwestern zu tun hatten und der immer noch nicht verstehen kann, was damals in den Köpfen der Mädchen vorging, dass es soweit kommen konnte. Zunächst werden uns die Mädchen vorgestellt, die mit Bonnie (15), Mary (16) und Therese (17) komplett sind. Niemand konnte so recht verstehen, wie der biedere Mathelehrer Mr. Lisbon (James Woods) und seine streng religiöse Frau (Kathleen Turner) fünf so wunderhübsche Wesen zur Welt bringen konnten, deren Leben sie schlussendlich zugrunde richten würden.

Der behandelnde Psychologe (Danny DeVito) empfiehlt den Lisbons, den Mädchen einen normalen Umgang mit gleichaltrigen, männlichen Teenagern zu ermöglichen. Also beschließen sie, eine Party für Cecilia zu geben, bei der auch die Jungs aus der Nachbarschaft anwesend sein dürfen. Es soll eine unfassbar spießige Veranstaltung werden, die schließlich im diesmal erfolgreichen Selbstmord Cecilias mündet. Von da an verschärft Mama Lisbon die Regeln für die Mädchen drastisch, kann den Kontakt ihrer Töchter zum anderen Geschlecht jedoch nicht verhindern. Mit dem Auftauchen des jungen Draufgängers Trip Fontaine (Josh Hartnett), der sich in Lux verliebt und diese zum Schulball ausführen möchte, nimmt das „Jahr der Selbstmorde“ seinen Lauf…

Mit unglaublich viel Gefühl für Bilder leitet die Tochter des großen Francis Ford Coppola ihren erstaunlich namhaften Cast durch eine Geschichte, die aufgrund ihres von vornherein bekannten Ausgangs zwar niemals spannend wird, den Zuschauer aber trotzdem in seinen Bann zieht. Es ist einer dieser Filme, in denen man sich einfach verliert und immer das Gefühl hat, man würde dem Geschehen direkt beiwohnen.

Dies ist natürlich auch dem grandiosen Cast geschuldet, der auf den Punkt treffend besetzt ist. Kathleen Turner spielt zum niederknien widerlich, obwohl sie nur das Beste für ihre Töchter will. James Woods beweist einmal mehr seine Wandelbarkeit. Josh Hartnett als junger Rebell mit stechendem Blick war zu der Zeit immer eine Bank und man fragt sich, wie er jemals in der Versenkung verschwinden konnte. Die Stars sind aber die Schwestern, insbesondere die immer wieder wundervolle Kirsten Dunst als draufgängerische Lux, die diesem Film sein Leben ein- und am Ende wieder aushauchen. Dunst spielte später unter Coppolas Regie auch in Marie Antoinette und dem Clint Eastwood Remake Die Verführten mit.

Die neue Blu-ray von Capelight Pictures besticht durch eine tolle Bild- (1,85 / 1080p) und Tonqualität (Deutsch und Englisch DTS-HD Audio Master 5.1). Im Bonusmaterial befindet sich ein Making-Of, ein Musikvideo, eine Fotogalerie sowie der deutsche Kinotrailer. Wie üblich bei diesem Verleiher gibt es auch ein Wendecover ohne störenden FSK-Flatschen.

Ich möchte Euch diesen traurigen Sommer im Michigan der Siebziger unbedingt ans Herz legen. Ihr werdet dem Bann der Lisbon-Schwestern sicher nicht entgehen können. Und vielleicht fragt auch Ihr Euch hinterher, warum es soweit kommen musste.

Trailer:

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