Regisseur und Stunt-Koordinator Jesse V. Johnson ist mittlerweile eine feste Instanz im B-Action-Genre und steht seit Jahren für handgemachtes Männerkino, welches zwar ausnahmslos für einen schmalen Taler aber immer treffsicher und handwerklich sauber inszeniert ist. Mit THE MERCENARY – DER SÖLDNER (2019) lieferte der Brite just seinen neusten Kracher ab, in dem der Stuntman und Ex-Legionär Dominiquie Vandenberg ordentlich auf die Pauke haut. Tiberius Film hat sich der Independent-Produktion erbarmt und veröffentlicht den Actioner in Kürze auch endlich hierzulande. Aus diesem Grund wollen wir euch nochmal unsere Kritik aus dem Frühjahr ans Herz legen!
Originaltitel: The Mercenary
Drehbuch: David Filmore
Regie: Jesse V. Johnson
Darsteller: Dominiquie Vandenberg, Louis Mandylor, Carmen Argenziano, Manny Alva, Brad Ashten…
Es ist nicht zu übersehen, dass das Actionkino für den kleinen Bildschirm, sprich die Videothekenware, einiges eingebüßt hat. Mit dem Niedergang der Leihfilm-Tempel schrumpften auch die Budgets für Direct-to-Video-Produktionen. Zwar besitzen Heimkino-Veteranen wie Dolph Lundgren, Steven Seagal oder Jean-Claude van Damme immer noch genügend Fans, die ihr Geld in den Brieftaschen der Verleiher lassen, jedoch haben es Newcomer und vor allem aufstrebende Regisseure immer schwerer, genügend Geld zusammenzukratzen, um qualitativ ordentliche Filme zu drehen. Versierte Handwerker wie Isaac Florentine oder Jesse V. Johnson sind gebunden, einen möglichst prominenten Hauptdarsteller zu verpflichten, um zumindest halbwegs vernünftig produzieren zu können. Und weil Scott Adkins momentan gefühlt der einzige im B-Metier ist, der wirklich etwas auf dem Kasten und einen gewissen Bekanntheitsgrad hat, wird es schon schwierig, wenn der britische Martial-Artist mal nicht zugegen ist. Für THE MERCENARY – DER SÖLDNER (2019) musste sich Regisseur Jesse V. Johnson mit einem eher unbekannten Gesicht zufrieden geben, was vermutlich auch Auswirkungen auf die Produktionsumstände hatte. Aber Johnson wäre nicht Johnson, wenn er es, trotz begrenzter Mittel, nicht schaffen würde, einen ansehbaren und unterhaltsamen Kracher abzuliefern. THE MERCENARY ist keine Sternstunde des Films aber ein deftiger B-Klopper, der zeigt, wie überfällig Studio-Engagement für den Action-Regisseur ist.
Handlung:
Der ehemalige Legionär Maxx (Dominiquie Vandenberg) arbeitet als Söldner in der Truppe des toughen Auftragskillers LeClerc (Louis Mandylor). Als eine Mission in Süd-Amerika gehörig schief geht und Maxx plötzlich Gewissensbisse bekommt, muss er dies augenscheinlich mit dem Leben bezahlen. Während er von seinem Team zum Sterben zurückgelassen wird, nimmt sich ein Priester (Carmen Argenziano) dem schwer verletzten Kämpfer an. Wieder bei Kräften eröffnet sich Maxx eine neue Perspektive und ein wirklicher Sinn in seinem Leben. Gemeinsam mit dem Priester beginnt er, sich um Bedürftige zu kümmern und sein altes Leben hinter sich zu lassen. Doch die Dämonen der Vergangenheit holen ihn wieder ein, als sich sein Weg mit dem seiner Ex-Kollegen kreuzt.
THE MERCENARY steht ganz in der Tradition klassischer Videotheken-Klopper der 1990er Jahre, weshalb man sich auch nicht sonderlich viele Gedanken um die Handlung machen sollte. Das Drehbuch bietet nur eine rudimentär vorhandene Story, die mit Not die zahlreichen Actionszenen zusammenhält und dabei auf ziemlich abgedroschene Motive zurückgreift.
Unser Protagonist ist ein echter Bad-Ass, eine Kampfmaschine biblischen Ausmaßes, die es gleich zu Beginn schon mal mit 13 Gegnern auf einmal aufnimmt. Es werden Körper zerschossen, Kehlen aufgeschlitzt und Knochen gebrochen. Die ersten 15 Minuten sollen dem Zuschauer vermitteln: „Don’t fuck with Maxx!“. Dass die Bösewichte das nicht so wahnsinnig ernst nehmen, dürfte klar sein, sonst wäre der Streifen vermutlich auch nach 15 Minuten wieder vorbei. Schließlich bekommen wir die gute alte Geschichte vom müden Kämpfer erzählt, sterbend zurückgelassen, wie durch ein göttliches Wunder überlebt und nun im Auftrag des Guten unterwegs, weit weg von all den Kugeln und dem Blutvergießen. Dass Maxx natürlich doch nochmal kämpfen muss, dürfte an dieser Stelle klar sein. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass das Skript ziemlich dürftig ist, wobei man das auch auf das niedrige Produktionsvolumen schieben kann, welches vermutlich nicht wirklich mehr zugelassen hat. So finden sich in THE MERCENARY einige Logiklücken, nicht wirklich nachvollziehbare Entscheidungen seitens der Figuren und arg konstruierte Szenen, was auch zu jeder Zeit klar erkennbar ist. Auch die Dialoge sind oft ziemlich panne und arg gestelzt, was aber im Kontext des Over-the-Top-Charakters ganz witzig ist. Jesse V. Johnson hält nämlich nicht hinter dem Berg, sondern überstilisiert seine, mit Western-Anleihen gespickte, Videotheken-Oper maßlos. Spätestens wenn Maxx im Priestergewand das Maschinengewehr predigen lässt, gibt es kein halten mehr. Der Film weiß, dass das alles Blödsinn ist, hat aber richtig viel Spaß daran.
Vor allem Regisseur Jesse V. Johnson scheint richtig viel Laune gehabt zu haben, boten ihm das flache Drehbuch und die stereotypen Charaktere doch die Möglichkeit, sich ordentlich auszutoben. Bereits mit seinen Filmen AVENGEMENT (2019), ACCIDENT MAN (2018) und TRIPLE THREAT (2019), jeweils mit Scott Adkins in einer Hauptrolle, bewies der Brite, dass er ein Gespür für gute Kampfszenen und wuchtige Action hat. Dies kommt auch in THE MERCENARY zur Geltung, denn hier wird geballert, gekämpft und gestorben, als gäbe es kein Morgen mehr. Bereits in den ersten 15 Minuten zeigt der Film, wo der Hase läuft und lässt Vandenberg wie ein Berserker wüten, Roundhouse-Kick hier, Messerkampf da und durchsiebte Körper dort hinten. Johnson lässt nichts anbrennen und wirft seinen Hauptdarsteller in zahlreiche Konfrontationen, die beweisen, wie sehr er einen Job bei einer größeren Studio-Produktion verdient hätte. Der Vorteil seiner Tätigkeit im Independent-Bereich ist aber die Tatsache, dass er machen kann, was er will. So geht es in THE MERCENARY ziemlich brutal zur Sache und der rote Lebenssaft fließt in Strömen durch den Wüstenstaub.
Das macht alles schon ziemlich Bock, auch wenn die Besetzung wahrscheinlich der größte Schwachpunkt ist. Die Tatsache, dass Dominiquie Vandenberg selbst Legionär war und sich mutmaßlich einfach nur selbst spielt, passt natürlich perfekt, jedoch besitzt der Belgier kaum schauspielerisches Talent oder ansatzweise Charisma, was den Sehgenuss etwas schmälert und zeigt, wie gut eigentlich Scott Adkins in solchen Rollen ist. Auch die Nebenfiguren sind fast ausschließlich mit Stuntmen besetzt, was sich schnell bemerkbar macht. Schauspielerisch ist das Ganze schon ziemlich mies aber auch auf eine gewisse Art und Weise sympathisch, denn welcher Regisseur lässt die Menschen, die sonst die Drecksarbeit machen, sonst mal Stars sein? Einzig Louis Mandylor, der mit Johnson bereits bei dem höchst unterhaltsamen THE DEBT COLLECTOR (2018) zusammenarbeitete, wirft sich mit viel Spielfreude in die Rolle des Bösewichts und sorgt wahrscheinlich für den größten Unterhaltungswert.
Nachdem THE MERCENARY bisher nur in den USA und in Groß-Britannien erhältlich war, bringt uns Tiberius Film den Actioner nun auch nach Deutschland, sowohl als Blu-ray, als auch als DVD. Bild- und Tonqualität sind entsprechend gut, als Bonus gibt es den Trailer.
Fazit:
Jesse V. Johnson hat wieder zugeschlagen. Mit THE MERCENARY – DER SÖLDNER (2019) serviert der Action-Regisseur ein neues, schlagkräftiges und deftiges Brett, welches ein Fest für alle Fans brutaler Haudrauf-Streifen sein dürfte, denen eine plausible, originelle Story und gutes Schauspiel nicht so wichtig ist. Für andere ist der Film auch nicht gemacht, denn THE MERCENARY ist etwas für kleine Jungs, die mal wieder ordentlich auf die Schnauze wollen. Und das kann Johnson eben ziemlich gut.
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