Die Kinder sind der Knaller. Mit einem frischen Ansatz brachte Taika Waititi die Story um den 10jährigen Hitler-Fan Jojo auf die Leinwand, das es eine Freude ist. Jojo möchte unbedingt in die Leibgarde Hitlers aufsteigen, kann aber nicht einmal einen Hasen töten, was ihm den Namen Rabbit einbringt. Als er herausfindet, dass seine Mutter das jüdische Mädchen Elsa in der Wand ihrer Wohnung versteckt, plant Jojo mit Elsas Hilfe ein Lexikon über Juden zu schreiben und beginnt sich in das Mädchen zu verlieben. Der Witz und die Tragik in diesem Film sind ähnlich groß und unaufdringlich, wie einst in Charlie Chaplins DER GROSSE DIKTATOR (1940). Ein Vergleich, den sich Jojo Rabbit erlauben kann, denn die charmante, flott erzählte Doppelbödigkeit der Story ist toll besetzt und strotzt vor Spielfreude. Der Trick ist der zeitgenössische Unterton in dem Film, der alles etwas entstaubt und gar kein großes Drama sein will. Zurecht gab es einen Oscar in der Kategorie „Bestes adaptiertes Drehbuch“.

Regie: Taika Waititi

Darsteller: Roman Griffin Davis, Scarlett Johansson, Thomasin McKenzie, Taika Waititi, Sam Rockwell, Archie Yates

Artikel von Kai Kinnert

Deutschland während des Zweiten Weltkrieges: Der kleine Jojo Betzler (Roman Griffin) ist ein überzeugter Nazi, der nicht nur in der liebevollen Obhut seiner alleinerziehenden Mutter Rosie (Scarlett Johansson), sondern natürlich in der des ganzen Reichs aufwächst. Gerade erst hat er im Nazi-Ferienlager gelernt, wie man Granaten richtig wirft und wie wichtig es ist, dass viele blonde Nachkommen gezeugt werden. Jojo kann es schon gar nicht erwarten, selbst Mitglied der Partei zu werden und hat sogar einen besonderen, besten Freund: Adolf Hitler (Taika Waititi) persönlich – na ja zumindest fast, denn Jojo bildet sich Hitler nur ein. Aber dass ist noch besser, schließlich ist der Führer immer sofort zur Stelle, wenn Jojo dringend Rat braucht. Und den benötigt er bald sehr dringend, denn Jojo findet heraus, dass seine Mutter ein jüdisches Mädchen versteckt: Elsa (Thomasin McKenzie). Und die verwirrt Jojo mächtig. Warum ist sie kein Monster, wie es doch alle Juden angeblich sind? Um die Wahrheit herauszufinden und ein Buch über sie zu schreiben, fängt Jojo nach anfänglicher Angst an, sich mit Elsa zu unterhalten.

Als Jojo Elsa in der Wand entdeckt, herrscht pure Panik. Der Horror ist im Haus und Jojo ist plötzlich home alone. Als wäre Elsa einem japanischem Horrorfilm entsprungen, kommt das Mädchen aus der Wand und folgt ihm die Treppe herunter, so dass der arme Junge alsbald seinem Namen alle Ehre macht. Jojo ist 10, völlig kindlich verblendet und Hitler ein Popstar –  und jetzt dass. Aber Jojo ist in erster Linie ein Kind, ein wacher Junge und sie ein faszinierendes Mädchen und so treffen sich hier zwei Kinder, die den Anfang ihrer ersten Jugendliebe erleben und dabei spielerisch Vorurteile zu überwinden lernen. Umrahmt von Satire und einer schönen, entspannt angelegten Komik und Tiefe, die niemanden vorführt, kann sich die Kraft der jungen Schauspieler vollends entfalten und macht Jojo Rabbit damit zu einem famos gelungenen Film. Witz und Tragik liegen in einem Guss zusammen und Jojos Leben wird sich tragisch wenden.

Sam Rockwell ist als Klenzendorf ähnlich gut drauf, wie als George W. Bush in Vice (2018) und wird bestens durch seine Sidekicks Alfie Allen als Finkel und Rebel Wilson als Fräulein Rahm flankiert. Scarlett Johansson gibt ihrer Rolle einen zeitgenössischen Touch und enthebt so die Figur der Mutter liebevoll auf eine zeitlose Ebene. Doch Jojo Rabbit wäre nicht so gut, gäbe es da nicht Yorki, gespielt von Archie Yates. Mit Yorki hat Jojo den perfekten Anspielpartner für seine kindlichen Gespräche unter Jungs, ein Highlight in diesem Film. Archie Yates ist perfekt und glänzt mit grandiosem Understatement, fast, als wäre er einem Comic entsprungen. Dabei muss er noch so einiges durchleben.

Jojo Rabbit ist kein teurer Film, großen Aufwand gibt es nicht. Idee und Umsetzung sind so flott und kurzweilig auf den Punkt gebracht, dass ein großes Budget nur hinderlich gewesen wäre. Es gibt keine großen Kulissen, dafür aber den schönen Einsatz von Licht, Farben und Musik, was den Film bis in den Abspann hinein rund macht. Und so singt zum Schluss David Bowie auf deutsch, was will man also mehr.

Jojo Rabbit ist ein flott inszenierter, satirischer Spaß, voller trockener Komik und einer gewieften Tragik, die sich geschickt in den Film einwebt und mit einer tollen Besetzung umgesetzt worden ist.

Der Film ist frei von Ermahnung und Verurteilung, lebt durch seine Besetzung und erklärt sich aus dem Herzen heraus. Jojo Rabbit ist leichtes und berührendes Kino zugleich. Ein echter Tipp, der irgendwie an Wes Anderson erinnert. Nur lebendiger.

Trailer:

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