Fans preiswerter Action-Kost wird es bei dem Namen Sam Firstenberg sicher in den Öhrchen klingeln. Der israelische Filmemacher war wahrscheinlich DER Haus&Hof-Regisseur in der goldenen Ära von Cannon-Films und ist für einige B-Perlen verantwortlich, in denen bekannte Namen wie Michael Dudikoff, Steve James, Sho Kosugi und David Bradley tragende Rollen übernahmen. Der geschätzte Autor Marco Siedelmann hat nun ein Buch veröffentlicht, welches sich in epischer Länge mit der Karriere Firstenbergs befasst und in Zusammenarbeit mit selbigem entstanden ist. Wir haben ein Exemplar bekommen und verraten euch, warum Cineasten mit einem Faible für Videotheken-Ware hier auf jeden Fall zuschlagen sollten!

Autor: Marco Siedelmann

Format: Taschenbuch
Seiten: 755
Druck: Schwarz-Weiß
Verlag: Editions Moustache

Artikel von Christopher Feldmann

Jedes Videotheken-Kind der 1980er Jahre dürfte schon einmal mit dem filmischen Schaffen der Cannon-Group in Berührung gekommen sein. Die Independent-Schmiede der israelischen Cousins Menahem Golan und Yoram Globus belieferte Kinos wie auch Video-Stores mit preiswert produzierten Genre-Filmen, die von Action bis Horror alles abdeckte, was damals im Unterhaltungs-Medium gefragt war. Von reißerischen Ninja-Streifen und Rache-Filmen über zahlreiche Chuck Norris-Klopper und obskure Horror-Ware bis hin zu ambitionierten Projekten ballerten die beiden Haudrauf-Cineasten alles auf den Markt, was nicht niet und nagelfest war. Auch wenn ihr Portfolio weitaus mehr zu bieten hat, werden die Produzenten auf ewig mit dem Action-Genre verbunden sein, welches einen großen Stellenwert in der Geschichte von Cannon einnimmt.

Einen wesentlichen Anteil daran hat Sam Firstenberg, seines Zeichens Regisseur, der in der goldenen Ära des B-Movie-Studios quasi zum Inventar gehörte und für das umtriebige Gespann Golan/Globus regelmäßig auf dem Regie-Stuhl Platz nahm. Firstenberg lieferte in seiner Hochphase einige wohl bekannte Filme ab, etablierte mit DIE RÜCKKEHR DER NINJA (1983) und DIE HERRSCHAFT DER NINJA (1984) nicht nur den japanischen Genre-Star Sho Kosugi als Stamm-Besetzung für den geheimnisvollen, fernöstlichen Kämpfer, sondern machte auch die Figur des Ninja an sich salonfähig. Seinen größten Erfolg landete Firstenberg allerdings mit dem 80s-Klassiker AMERICAN FIGHTER (1985), der Michael Dudikoff über Nacht zum Genre-Star machte. Es folgten zahlreiche weitere Filme, bevor Firstenberg nach dem Zerfall der Cannon-Group für den legitimen Nachfolger Nu Image drehte und damit entscheidend zur Entwicklung der Direct-to-Video-Branche in den 1990ern beitrug.

So viel erst einmal zum groben Rahmen, um wen es in STORIES FROM THE TRENCHES geht. Ich bin ja ein großer Fan von versierten Autoren, die sich im filmischen Bereich gerne mit dem Abseitigen oder gewissen Nischen beschäftigen, fernab vom üblichen Mainstream und mit viel Herzblut diese Themen beackern. Marco Siedelmann ist ein solcher Autor und hat mit seinem Buch ein fantastisches Werk abgeliefert, dass in das Regal eines jeden Actionfans gehört. Auf über 750 epischen Seiten setzt sich Siedelmann erstaunlich detailliert mit Firstenbergs Karriere auseinander, der es mit israelischen Low-Budget-Filmen irgendwann in den Dunstkreis Golans und somit über den großen Teich nach Hollywood geschafft hat. Eine faszinierende Geschichte, die natürlich allerhand Anekdoten mit sich bringt.

Und genau um diese geht es in diesem Buch. STORIES FROM THE TRENCHES ist in sechs Kapitel unterteilt, nämlich in „Working on a Dream: The Early Years“, „Tougher than the Rest: King of the Sequels“, „Glory Days: The Golden Age of Cannon“, „The Hard Land: Back in Israel“, „Racing the Street: The Rise of Nu Image“ und Ties that bind: The Late Years“. Abgerundet wird das Ganze von einer Introduction von Firstenberg selbst und einem Epilog. Alle Kapitel behandeln ausführlich die Stationen in Firstenbergs Regie-Karriere und setzen sich mit jedem einzelnen Film aus seiner Laufbahn auseinander. So bekommen Fans nicht nur Einblicke in die bekannten Arbeiten wie AMERICAN FIGHTER (1985), NIGHT HUNTER (1986) und AMERICAN FIGHTER 2 – DER AUFTRAG (1987), sondern auch Hintergründe zu seinen späteren Filmen wie DELTA FORCE 3 – THE KILLING GAME (1990), AMERICAN SAMURAI (1992) und den beiden CYBORG COP-Filmen (1993/1995).

Der Clou daran ist, dass das Buch eine Ansammlung von Interviews darstellt. Siedelmann arbeitete eng mit Firstenberg persönlich zusammen und alle Filmen werden im Dialog besprochen. Anders als andere Autoren, deren Sachbücher oder Biografien auf Recherchen beruhen, bietet STORIES FROM THE TRENCHES Informationen aus erster Hand, denn der Filmemacher erzählt Hintergründe und Anekdoten ganz einfach selbst. So bekommt jeder Film seine Aufmerksamkeit, selbst Graupen wie QUICKSAND (2002) werden in vollem Umfang rekapituliert. Dazwischen finden immer wieder kleine Interviews mit Wegbegleitern ihren Platz in dem Mammut-Werk. Von Autoren über Kameraleute und Produzenten, bis hin zu Firstenbergs Hauptdarstellern Lucinda Dickey und Michael Dudikoff, kommen einige Personen zu Wort, die über die Erfahrungen mit dem Regisseur berichten. Darüber hinaus gibt es einige eingestreute Anekdoten, die beispielsweise über die Zustände bei Cannon berichten und mit welchen Widrigkeiten sich Firstenberg auseinandersetzen musste.

Selbst der, 1993 verstorbene, Schauspieler Steve James wird ansprechend gewürdigt und auch ein altes Interview mit selbigem findet in STORIES FROM THE TRENCHES seinen Platz. Leider müssen Fans auf exklusive Gespräche mit Produzent Avi Lerner (Nu Image) und Schauspieler David Bradley (AMERICAN SAMURAI, CYBORG Cop 1 & 2) verzichten. Während Lerner wahrscheinlich nicht zur Verfügung für dieses Fan-Projekt stand, hat sich Bradley Mitte der 1990er vollständig zurückgezogen und ist mittlerweile unauffindbar. Das ist schade aber angesichts des fertigen Produkts Jammern auf hohem Niveau. Aufgelockert wird das Ganze durch zahlreiche Bilder und Impressionen aus Firstenbergs Privat-Bestand. Exklusive Aufnahmen, die vorher nie zu sehen waren und teilweise einen amüsanten Einblick hinter die Kulissen der jeweiligen Filme geben.

Das Buch selbst ist ausschließlich in englischer Sprache erschienen. Interessierte Leser sollten also der Sprache mächtig sein, wobei das Buch einen guten Flow hat und verständlich geschrieben ist. Fans, die ihre Englisch-Kenntnisse nur bis zur Mittelstufe ausbauen konnten, werden aber vermutlich an ihre Grenzen stoßen. Der Druck ist in Schwarz-Weiß, was ein kleiner Wermuttropfen ist, gerne hätte ich die vielen interessanten Bilder in Farbe genossen. Das ist aber letztendlich ein Zugeständnis, dass man machen muss, da sich dieses Buch an eine bestimmte Nische richtet und auch ein Augenmerk auf den finanzielle Aspekt gelegt werden musste. Das Konzept funktioniert sehr gut und da immer wieder verschiedene Stimmen zu Wort kommen, gestaltet sich das Lesen auch erstaunlich abwechlungsreich.

STORIES FROM THE TRENCHES ist im Taschenbuch-Format erschienen, bei der stattlichen Seitenanzahl und dem Umfang ist das Buch ein ziemlicher Wälzer, der einiges an Gewicht mit sich bringt. Für Unterwegs ist die Interview-Biografie weniger geeignet, für das lässige schmökern auf der heimischen Wohnzimmercouch allerdings ein echtes Highlight. Der Kostenpunkt von 37,00 Euro ist dabei absolut gerechtfertigt. Gemessen an der intensiven Arbeit und dem horrenden Zeitaufwand ist der Preis fast schon moderat.

Fazit:
Mit STORIES FROM THE TRENCHES – ADVENTURES IN MAKING HIGH-OCTANE HOLLYWOOD-MOVIES WITH CANNON-VETERAN SAM FIRSTENBERG ist Autor Marco Siedelmann ein echter Hingucker gelunge. Eine detaillierte, unterhaltsame und abwechlungsreiche Bibel für alle Cannon-Fans und Freunde von klassischer Videotheken-Ware wie es sie heute eigentlich nur noch selten gibt. Wer affin für interessante Hintergrundgeschichten aus der Filmindustrie, speziell aus der B-Film-Kultur, ist, sollte sich dieses Werk ins Regal stellen. Ein hochinteressante Retrospektive, fernab vom üblichen Mainstream, die man sich als Genre-Fan nicht entgehen lassen sollte!

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