Pierrot Le Fou sorgt wieder für Unterhaltung der etwas härteren Gangart. Mit FINALE (2018) hat das Label dieses Mal einen Schocker aus dänischen Landen im hiesigen Heimkino veröffentlicht. Ob der, mit Torture-Porn-Elementen gespickte, Horrorfilm mit Kollegen aus anderen Nationen mithalten kann oder am Ende doch nur Ware von der Stange bietet, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: Finale
Drehbuch: Sören Juul Petersen, Carsten Juul Bladt; basierend auf dem Roman FINALE: THRILLER von Steen Langstrup
Regie: Sören Juul Petersen
Darsteller: Anne Bergfeld, Karin Michelsen, Damon Younger, Kristoffer Fabricius, Mads Koudal…
Artikel von Christopher Feldmann
Als James Wan im Jahr 2004 mit seinem packenden Thriller SAW um die Ecke kam, ahnte noch niemand, dass das Genre des Torture-Porn schon bald seinen Zenit erreichen sollte. Während die zahlreichen Sequels zu Wans knackigem Schocker vermehrt auf garstige Gore-Effekte setzten, brachte Eli Roth mit HOSTEL (2005) einen Konkurrenten aufs Spielfeld, der sich ebenfalls selbstzweckhaft in Gekröse und fiesen Folter-Szenen suhlte. Man könnte es fast schon als Niedergang des klassischen Horrorfilms bezeichnen, denn in Folge dessen lag der Fokus bei modernen Produktionen mehr auf Extremitäten als auf Spannung und Atmosphäre aber da möchte ich gar nicht so kritisch sein, denn diese Sorte Unterhaltung gab es eigentlich schon immer, nur gefühlt nicht so prominent und erfolgreich wie die genannten Beispiele. Anno 2020 kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der Torture-Porn und die damit verbundenen Gewaltexzesse aus dem aktuellen Mainstream verschwunden sind und ehemalige Verfechter der Zunft entweder kompatibleres Zeug drehen (Eli Roth) oder gar gänzlich im Low-Budget-Sumpf verschwunden sind (Rob Zombie). Pierrot Le Fou hat nun ein kleines Schmankerl für alle Fans des harten Horrors veröffentlicht, wenn man der Presse glauben darf. Und tatsächlich birgt Sören Juul Petersens viel Schönes, auch wenn FINALE letztendlich kein wirklich großer Wurf ist.
Handlung:
Die Straßen Dänemarks sind wie leergefegt, denn die Nationalmannschaft hat es ins Finale geschafft und niemand will dieses Highlight verpassen. In einer abgelegenen Gegend hat eine kleine Tankstelle dennoch geöffnet. Dienst haben zwei äußerst unterschiedliche junge Frauen: Agnes (Anne Bergfeld), eine engagierte Studentin. Und die naive Belinda (Karin Michelsen). Leider verläuft ihre Schicht nicht ganz so ereignislos, wie sie gehofft hatten: denn keine Kunden bedeutet auch keine Zeugen. Die beiden Frauen wurden nämlich auserwählt, eine besondere Rolle in einem völlig anderen Spiel zu spielen – eines, das ohne Regeln oder Moral, dafür aber mit unerträglicher Härte und Grausamkeit gespielt wird. Entertainment kennt eben keine Grenzen!
FINALE basiert auf dem gleichnamigen Roman des dänischen Schriftstellers Steen Langstrup, der gemeinhin als der „dänische Stephen King“ bezeichnet wird. Ob dieser an das literarische Schaffen der Horror-Kino heranreicht, kann ich an dieser Stelle nicht beurteilen, da ich kein Buch aus Langstrups Feder gelesen habe.
Was ich beurteilen kann, ist die Verfilmung, die bereits im Jahr 2018 ihre Erstveröffentlichung erlebte und nun für den deutschen Markt verfügbar ist. FINALE spielt zu großen Teilen an einer einsamen Tankstelle und konzentriert sich somit über das Meiste der Laufzeit auf klassischen Suspense. Als jemand, der schon selbst Nachtschichten an einer Tankstelle gestemmt hat, kann ich ein Lied von unheimlichen Geräuschen und der fast schon gespenstischen Einsamkeit der Nacht singen. Petersen beweist hier ein Händchen für gesunden Spannungsaufbau und bringt mit kleinen Kniffen das Unbehagen auf eine stets neue Stufe. Anstatt plumpe Jump-Scares zu inszenieren, lässt der Regisseur ganze Szenen einfach wirken, was im aktuellen Horrorkino nicht mehr selbstverständlich ist. Die beiden Hauptdarstellerinnen sind dabei mehr als dienlich, machen sie doch einen relativ guten Job als verängstigte Mitarbeiterinnen.
So überraschend gelungen die ersten zwei Drittel des Films auch sind, im letzten Akt gehen Regisseur Petersen und dem Drehbuch sichtbar die Luft aus. Werden schon zuvor immer wieder Szenen aus der voyeuristischen Gewalteskalation in der Manege des Grauens (in die die beiden Damen entführt werden) gezeigt, konzentriert sich dann das Finale gänzlich auf das Torture-Porn-Element. Hier werden unsere Protagonistinnen von einem sadistischen Zirkusdirektor gequält, der das Ganze per Livestream an gewaltgeile Voyeure sendet, von denen die betuchte Elite auch noch in der Manege gastiert. Hier schlägt der Streifen einen Bogen in die falsche Richtung, dominierten zuvor noch Spannung und ein funktionierendes Build-Up, verkommt FINALE schlussendlich zum platten Folter-Horror der Marke HOSTEL. Gewalt für den Selbstzweck dominiert das Geschehen und mir muss jetzt keiner damit kommen, dass Petersen hier kritische Töne im Bereich der skandalösen TV-Unterhaltung anschlägt, das haben Filme schon besser und tiefschürfender beleuchtet. Es ist ein bloßes Mittel zum Zweck und somit wird FINALE am Ende vorhersehbar und lasch. Da können die Effekte noch so angenehm Old-School sein, in den letzten 20 Minuten hat mich der Film einfach verloren. Der einzige Pluspunkt ist Damon Younger, der als blutrünstiger Showmaster eine ziemlich gute Performance hinlegt. Optisch ist das Alles ebenfalls mehr als in Ordnung.
Pierrot Le Fou hat den Film im limitierten Mediabook veröffentlicht, in gewohnt hübscher Aufmachung. Die Blu-Ray punktet mit einer sehr guten Bild- und Tonqualität, im Bonusmaterial findet sich neben dem Trailer ein Q&A mit dem Regisseur und dem Cast. Das Paket wird durch ein 24-seitiges Booklet und einem Poster abgerundet.
Fazit:
FINALE (2018) ist kein Meilenstein des Horrorkinos aber immerhin solide Genre-Ware, die mit guten Darstellern und handwerklichem Können punkten kann. Über weite Strecken bekommt man einen wirklich atmosphärischen Nägelkauer geboten, der lediglich im letzten Drittel auseinander fällt, sobald man sich dem platten Sadismus hingibt. Das machen dann auch selbst die handgemachten Gore-Effekte nicht mehr wirklich wett. Schade, da wäre noch mehr drin gewesen!
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