Es ist schon traurig, was aus John Travolta geworden ist. Einst ein Garant für große Kinounterhaltung, während es heutzutage nur noch für das DVD-Regal reicht. Mit THE FANATIC (2019) hat der ehemalige Tanzgott und PULP-FICTION-STAR einen neuen Tiefpunkt erreicht, der nicht nur von so ziemlich jedem Kritiker verrissen wurde, sondern auch in den US-Kinos spektakulär baden ging. Koch Films hat den Stalking-Thriller von LIMP-BIZKIT-Frontmann Fred Durst nun hierzulande direkt im Heimkino veröffentlicht und über hämische Kommentare sollte sich das Label dabei nicht wundern, denn der Film ist nicht nur ein unfreiwillig komisches, massiv fehlgeleitetes Machwerk, sondern zudem auch ein ziemlicher Haufen Mist!
Originaltitel: The Fanatic
Drehbuch: Fred Durst, Dave Bekerman
Regie: Fred Durst
Darsteller: John Travolta, Devon Sawa, Ana Golja, Jacob Grodnik, James Paxton…
Artikel von Christopher Feldmann
Ich bin seit meiner Kindheit ein großer Fan von John Travolta. Der sympathische Schauspieler war für mich schon immer ein Garant für einen zumindest unterhaltsamen Film. Egal ob als umherwirbelnder Rocker Danny im Musical-Klassiker GREASE (1978) oder als verdammt lässiger Hitman Vincent Vega in Quentin Tarantinos PULP FICTION (1994), Travolta stand immer für ein gewisses Maß an Qualität, welches sich erfolgreich durch die 1990er Jahre trug. Spätestens mit dem Scientology-Schwachsinn BATTLEFIELD EARTH (2000) bekam Johnnys Karriere einen deftigen Knick, jedoch konnte er sich fangen und drehte in den Jahren darauf solide Unterhaltungskost wie BE COOL (2005) oder BORN TO BE WILD (2007). Allerdings hielt der Erfolg nicht an und Travolta rutschte schnell wieder in den B-Sumpf ab. Mit Ausnahme seiner grandiosen Performance in der ersten Staffel von AMERICAN CRIME STORY (seit 2016), liefert der einstige Superstar eine Graupe nach der Nächsten ab. Man könnte denken, er stelle seine eigene „Bad-Movie-Collection“ zusammen, denn egal ob Heuler wie das Mafia-Biopic GOTTI (2018) oder der Neo-Narr-Schmarrn THE POISON ROSE (2019), die Qualität seiner letzten Filme war ziemlich unterirdisch. Als er ankündigte, mit Fred Durst, dem Frontmann der Nu-Metal-Kapelle LIMP BIZKIT, einen Stalking-Thriller zu drehen, der gleichzeitig auch eine Kritik an Hollywood sein soll, wurde nicht nur ich hellhörig. Was jedoch folgte, lässt sich kaum in Worte fassen. Das vielversprechende Projekt entwickelte sich zur künstlerischen Vollkatastrophe und erntete neben Häme und Spott vernichtende Kritiken und etliche Nominierungen für die Goldene Himbeere. Normalerweise bin ich bei solchen „Lorbeeren“ im Vorfeld skeptisch aber meine schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet. THE FANATIC ist nicht nur erbärmlich schlecht, sondern auch ein massives Ärgernis für all diejenigen, die in ihrem Leben schon mal mit Autismus zu tun hatten.
Handlung:
Der geistig zurückgebliebene Autist Moose (John Travolta) ist großer Filmfan und schwärmt besonders für sein Idol, den Action- und Horrorschauspieler Hunter Dunbar (Devon Sawa). Sein größter Traum ist es, seinen Helden einmal persönlich zu treffen, hat er doch jeden seiner Filme gesehen und sein Geld für so ziemlich jeden Merchandise-Artikel ausgegeben. Bei einer Autogrammstunde in seinem Lieblings-Comicladen ist Moose seinem Star zum Greifen nah, jedoch wird die Veranstaltung abgebrochen, bevor der obsessive Fan zum Zuge kommt. Nachdem er Dunbar auf die Pelle rückt und von diesem erbost zurückgewiesen wird, will sich Moose entschuldigen und schreckt dabei nicht mal vor Stalking und Einbruch zurück. Als er jedoch ein weiteres Mal von dem Filmstar gedemütigt und davongejagt wird, brennen bei Moose die Sicherungen durch!
Ich habe bei THE FANATIC wirklich schlimmes erwartet und war nach der Sichtung mehr als nur fassungslos. Kennt ihr das Gefühl, wenn euch ein Film dermaßen vor den Kopf stößt, dass ihr euch hinterher bewusst fragt, ob das Ganze wirklich ernst gemeint war? Falls nicht, schaut euch dieses Stück Scheiße an aber behauptet im Nachhinein bitte nicht, man hätte euch nicht gewarnt.
Im Grunde haben wir es mit einem klassischen Stalker-Thriller zu tun. Ist jetzt nicht der originellste Stoff aber in der heutigen Zeit sicher ein brauchbarer Aufhänger für einen gesellschaftskritischen Film, dem es eigentlich nicht an Spannung mangeln sollte. Auch die Rolle eines autistischen Über-Fans ist auf dem Papier ein durchaus dankbarer Part für einen abgewrackten, ehemaligen Kinostar wie John Travolta. Wahrscheinlich hat der Mime hier seine berechtigte Chance gesehen, auf seine alten Tage ein glorreiches Comeback hinzulegen, erfordert eine derartig entrückte Rolle doch volle Leistung und schauspielerische Hingabe. Es hätte funktionieren können, hieße der Autor und Regisseur dieses Streifens nicht Fred Durst, gegen den Uwe Boll fast schon wie Martin Scorsese anmutet.
Was der ehemalige Nu-Metal-Schreihals uns hier serviert, ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Allein für das katastrophale Drehbuch müsste man schon ein umfassendes Berufsverbot aussprechen. Nicht nur, dass Fred Durst kein Gefühl für eine klassische Spannungskurve hat, er ist auch nicht in der Lage eine kohärente Geschichte zu erzählen. So strotzt THE FANATIC nur so vor Szenen, die keinen Sinn ergeben oder in keiner Weise zusammenpassen. Schon zu Beginn wirft uns der Film sinnlose Voice-Overs um die Ohren, meist ein Beweis für das Unvermögen des Regisseurs, passende Bilder zu finden und wir beginnen, Moose zu folgen. Der hat augenscheinlich einen an der Waffel und ist Autist (ein Punkt auf den ich noch eingehen werde) und himmelt sein Idol Hunter Dunbar an, der gemäß der Inszenierung aber nicht mehr zu sein scheint, als ein x-beliebiger DTV-Knecht der Marke Michael Paré oder so ähnlich. Ein unfassbar unsympathisches Arschloch, der sein Geld mit irgendwelchen Videotheken-Heulern verdient. Es dauert nicht lange bis die Figuren in Position sind, der Film aber überhaupt keine Ahnung hat, was er mit ihnen machen soll.
Die Entwicklungen des Plots wirken einfach sinnfrei zusammengeklöppelt. Mooses Freundin, die Paparazzi-Tante Leah (Ana Golja), bei der man sowieso nicht versteht, warum sie sich mit einem Typen wie Moose abgibt, zeigt dem hoffnungslos leidenschaftlichen Fanboy wie man die Häuser von Stars mittels einer App aufspüren kann, ist aber hinterher verärgert, als die erfährt, dass er sie auch tatsächlich benutzt hat. Klar, gib einem Menschen Hammer und Nagel, sag ihm aber, dass er letzteres nicht in die Wand hauen darf. Wenn besagte Leah dann noch einen Vortrag über Moral und Privatsphäre hält, obwohl sie selbst Prominente für Geld in intimen Situationen ablichtet, merkt man als Zuschauer, dass die Macher ihre Hausaufgaben wohl nicht ganz gemacht haben. Es ist nur einer dieser sinnfreien Momente, von denen reichlich vorhanden sind, wie zum Beispiel Travoltas ulkige Verrenkungen als britischer Bobby auf der nächtlichen Straße oder die plumpen Filmanspielungen. Ganz ehrlich, eine Szene von George A. Romeros NIGHT OF THE LIVING DEAD (1968) heutzutage auf irgendeinem TV flimmern zu lassen, ist so lazy wie eine PULP-FICTION-Parodie. Mehr als eine bloße Nennung eines beliebigen Titels gibt es nicht. Zum Ende lässt Durst dann seine zwei Charaktere, nach einer gefühlten Ewigkeit des erzählerischen Nichts, vollends aufeinandertreffen. Bis auf ein paar unnötige Brutalitäten und weitere Cringe-Momente, ist dort aber nichts zu holen, da sich nie auch nur eine verwandte Form von Spannung einstellt, das ganze Konstrukt absolut unglaubwürdig geschrieben und inkompetent erzählt ist.
Das wahrscheinlich befremdlichste Element des Films ist allerdings John Travolta selbst. Man spürt förmlich wie er all seine Energie in diese Rolle steckt und alles gibt, was er nur zur Verfügung hat. Das ist für einen Schauspieler seines Kalibers äußerst respektabel, nur ist der olle Johnny mit seiner Interpretation eines geistig zurückgebliebenen Autisten so dermaßen „all over the Place“, dass man nicht weiß, ob man bei seiner Performance nun weinen oder einfach nur lachen soll. Weinen, weil es wirklich schmerzt, einen Mann wie Travolta dabei zuzusehen wie er mit Hingabe und maßlosem Overacting zweifelhaft versucht, die beschissene Vision eines beschissenen Autors zu transportieren weil er vermutlich der Meinung ist, dass DAS sein Rückfahrschein in die A-Liga sein könnte oder eben lachen, weil er mit dem wohl lächerlichsten Outfit seinen inneren Nicolas Cage channelt als gäbe es keinen Morgen mehr und der Film sich dabei über alle Maßen ernst nimmt. Als jemand, der schon einmal mit Autismus zu tun hatte, stößt THE FANATIC mir besonders sauer auf. Fred Durst hat augenscheinlich keinen Dunst von einer solchen Krankheit und inszeniert sie eben so wie er sie sich vorstellt, als eine geistige Behinderung, die Menschen zu bescheuerten Spastis werden lässt, was als billiger Aufhänger missbraucht wird, um Moose ganz einfach und schnell zum Psychopathen transformieren zu lassen. Ein echtes Armutszeugnis, bei dem man Travolta fast schon in Schutz nehmen möchte, der nämlich wirkt als würde er lediglich versuchen, seinen Job bestmöglich zu erledigen.
Auch inszenatorisch ist THE FANATIC letztendlich öde und sichtbar günstig. Bis auf ein paar Straßen findet Durst keine Bilder und keinen stimmungsvollen Ton, um dem Schmierentheater wenigstens eine optische Note zu geben. Typische DTV-Optik eben, nicht mehr und nicht weniger. Und wenn er dann noch Devon Sawa, der zugegeben einen soliden Job macht, mit Innbrunst betonen lässt, wie geil er Limp Bizkit findet, dann weiß man spätestens mit welcher Art von Filmemacher man es hier zu tun hat.
Die Scheibe von Koch Films ist in Sachen Bild- und Tonqualität wieder einmal über jeden Zweifel erhaben und neben dem Trailer und einer Bildergalerie, bietet das Bonusmaterial immerhin ein Making-Of.
Fazit:
Mit THE FANATIC (2019) hat sich John Travolta wirklich keinen Gefallen getan. Ein erbärmlich schlechtes Machwerk, in dem der Alt-Star eine maximal weirde Performance abliefert, die so wahnwitzig absurd ist, dass man allein aus diesem Grund den Streifen sehen sollte. Wer allerdings mit unfreiwilligem Trash und dem dazugehörenden Fremdschäm-Faktor wenig anfangen kann, sollte von diesem Mist am besten die Finger lassen. THE FANATIC ist der Film eines Schauspielers, der in Rente gehen sollte und eines Regisseurs und Autors, der nie einen Film hätte machen sollen. AMEN!
Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen