Der Background der Produktion ist fast spannender als der Film selber. Wäre da nicht diese Sequenz, die plötzlich ziemlich gut wird und bestens unterhält. Da taten sich ein paar Exploitation-Filmer ohne große Spielfilmerfahrung zusammen und gaben sich im Rahmen ihres Budgets Mühe. Statt, wie bisher, mit Laien zu arbeiten und das Erotikprogramm der Hinterhofkinos zu beliefern, trommelte man gelernte Schauspieler zusammen, holte sich einen Kameramann und baute Studiokulissen. Dazu ein Grusel-Drehbuch, das zwar defizitär im Spannungsbogen und im Timing ist, am Ende aber mit einer guten Idee zu punkten vermag. Der Klassiker des britischen Sixtees-Gothic-Kinos wurde nun von WICKED VISION im Mediabook präsentiert.

Originaltitel: The Black Torment

Regie: Robert Hartford-Davis

Darsteller: Heather Sears, John Turner, Ann Lynn, Peter Arne, Norman Bird

Artikel von Kai Kinnert

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts: Sir Richard Fordyke kehrt nach der Hochzeit mit seiner zweiten Frau auf den Landsitz seiner Familie zurück, wo ihm die Ablehnung der restlichen Bevölkerung entgegenschlägt. Ein Mädchen ist ermordet worden und die letzten Worte des Opfers wiesen auf den Adeligen. Da seine erste Frau ebenfalls unter mysteriösen Umständen starb – sie stürzte aus einem Fenster – gibt es bald viel Gerede und noch mehr Opfer, darunter Sir Richards Vater. Eine weiße Frau erscheint mehrmals und verfolgt den Hausherrn mit Schuldzuweisungen. Droht ihm das Verderben?

Doch so schnell wird Sir Richard das Verderben nicht einholen, denn der Film zieht sich. Genug Zeit also, sich als Zuschauer anderen Aspekten des Streifens zu widmen. Nachdem gleich zu Beginn eine Frau nächtens von einem unheimlichen Verfolger in einer akzeptablen Sequenz durch den Wald verfolgt wird, beginnt der Streifen mit der Ankunft Sir Richards auf dem Landsitz seiner Familie und eröffnet so den Reigen von allerlei Dialogen, die mal erklärend, mal aufgebracht und mal schmachtend sind. Das wäre jetzt nicht so tragisch, gäbe es denn auch eine Regie, die Dialoge zu straffen und zu inszenieren weiß. Doch Regisseur Robert Hartford-Davis war Handwerker und kein Regisseur mit künstlerischem oder gar psychologischem Anspruch und hatte seinen Leuten vor der Kamera freie Hand gelassen. Viele Takes gab es in den Dialogen nicht, alles musste beim ersten Mal sitzen. Und so spielten die Schauspieler in Eigenregie ihren Text herunter, ohne das jemand regulierend eingriff. Das mag erklären, warum der Streifen in seinen Dialogen wie eine Probeaufnahme wirkt und sich das Geschehen nur zäh entwickelt.

Überwiegend im Studio gedreht, erweisen sich die Kulissen als durchaus gelungen, wenn auch durch die Fenster der gemalte Hintergrund zu bewundern ist. Doch das hat Charme, wurde der Rest doch bunt und vielfältig zusammengebaut. Weniger Mühe gab man sich beim Licht, denn hier bediente man sich der flächigen Studioausleuchtung ohne nennenswerte Akzente. Das Spiel mit Licht und Schatten ist hier meist Mangelware und auch die Kamera wagt nur wenig mehr als das konventionelle Abfilmen der Szenen. Ein Spiel mit der Tiefe des Raumes und Kamerabewegungen gibt es dabei kaum, was auch dem Budget geschuldet sein mag, denn Bildebenen und Bewegungen kosten Zeit und Geld. Doch es gibt hier und da überraschende Kleinigkeiten, die ein gewisses Potential verraten. Der Schnitt ist in den Spannungsmomenten nicht schlecht und auch die Kamera wechselt in eine größere Dynamik über. Eine kleine Kamerafahrt hier, ein überraschender Schnitt dort – im Grunde wäre mehr möglich gewesen, hätte nur jemand Robert Hartford-Davis in seinem Regiestuhl aufgeweckt.

Spannung kommt also nur langsam auf und auch im Gruseln hält sich der Streifen lange zurück. Gerade als man sich als Zuschauer fragt, was der ganze Mumpitz soll und wo hier das Versprechen des Genres seine Erfüllung findet, zündet endlich die umständlich und zäh aufgebaute Idee der Story und Das Grauen von Black Torment geht im letzten Drittel endlich los. Im Finale wird der Streifen plötzlich ein ganz anderer Film und zeigt, das auch Action möglich gewesen wäre. Es gibt einen minutenlangen Kampf mit dem Degen, der für die damalige Zeit durchaus energisch und ausgiebig zelebriert wurde. Die Kontrahenten dreschen aufeinander ein und die Kamera setzt es dynamisch in Szene, hier klappt plötzlich alles. Sogar die Story findet endlich zusammen und erdet den Film in einer angenehmen Auflösung und man fragt sich, warum dieses Potential nicht anders gewichtet schon früher abgerufen wurde. Roger Corman wäre ausgeflippt.

Das Grauen von Black Torment kommt behäbig daher. Die Story streut nur wenige Akzente des Gruselns und verlässt sich sehr auf seine Dialogszenen, was den Film unnötig ausbremst. Nur selten vermag es unter diesem filmischen Geplätscher auch zu funkeln. Das Finale hingegen ist gelungen und von überraschender Dynamik, gerne hätte man hiervon mehr gesehen.

Das Bild der Blu-ray und DVD ist gut und satt, der Ton ebenso. Als Extras gibt es die Featurette „Gothic Cinema: Eine Einführung von Filmwissenschaftler Prof. Dr. Marcus Stiglegger„, die Featurette „In Black Torment: Annette Whiteley und Roger Croucher erinnern sich an die Dreharbeiten„, den deutschen Kinotrailer, den deutschen Trailer (Recut), die deutsche Titelsequenz, eine Bildergalerie und das 24-seitige Booklet mit einem Text von Dr. Rolf Giesen (Deutsch/Englisch).

Trailer:

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