Eher realistisch als spirituell, erzählt dieser Film die realen Ereignisse um Corine Sombrun, die nach ihrem Ausflug in die Mongolei zum Forschungsprojekt um Gehirnströme wurde. Corine fiel nach dem Tod ihres Mannes in eine tiefe Depression und bekam als Tontechnikerin den Job, in der Mongolei schamanische Rituale für eine Dokumentation auszunehmen. Eine Reise, die sie in Trance versetzen sollte. MFA+ CINEMA bringt den Spielfilm nun auf dem heimischen Markt heraus. 

Originaltitel: Un monde plus grand

Regie: Fabienne Berthaud

Darsteller: Cécile de France, Narantsetseg Dash, Tserendarizav Dashnyam, Ludivine Sagnier, Arieh Worthalter

Artikel von Kai Kinnert

Eine größere Welt – das ist es, was Corine entdeckt, als sie in der Mongolei während eines schamanischen Rituals in Trance fällt. Dabei war die Französin nur in die abgelegene Steppenregion gekommen, um im Rahmen ihrer Arbeit ethnographische Tonaufnahmen zu sammeln. Doch die Schamanin Oyun offenbart Corine, dass sie eine seltene Gabe besitzt, die ausgebildet werden muss. Zurück in Frankreich lassen die Erlebnisse in der Mongolei Corine nicht mehr los. Trotz des Widerstandes ihrer Familie kehrt sie in die Steppe zurück und begibt sich auf eine spirituelle Reise auf alten und vergessenen Wegen. Eine Reise, die ihr Leben und ihre westeuropäische Sichtweise für immer verändern wird.

Bourgeois-bohème!“ würde der Franzose sagen. Corine ist Tontechnikerin, arbeitet in der Musikszene und ihr verstorbener Mann war Jazz-Pianist, der europaweit seine Auftritt hatte und stets von ihr begleitet wurde. Zeit und Geld scheinen in ihrem Leben keine Rolle zu spielen und der Job führt sie auf eine wochenlange Reise in die Mongolei. Sie reist sogar noch ein zweites Mal in die Mongolei, nun jedoch als Privatperson, um dann als Schamanin geweiht zu werden. Schön, wenn es die Lebensumstände zulassen, sich bezahlt zur Selbstfindung aufzumachen und Trauer zu bewältigen. Der Film wäre ein schreckliches Klischee aus der Yuppie-Oberklasse, die für sich den Hippie-Lebensstil gewählt hat und tränenüberströmt in der Mongolei den inneren Wolf entdeckt, wären die Ereignisse nicht auch wirklich so geschehen.

Nun stellt sich allerdings die Frage, was uns der Film eigentlich erzählen möchte. Corine vermisst ihren Mann zutiefst und versemmelt daraufhin im Tonstudio die wichtige Aufnahme eines Songs. Der Sänger ist gerade in Bestform und Corine vergisst auf Rec zu drücken. Kein Problem, meint ihr Chef und bietet ihr verständnisvoll den Job in der Mongolei an. Um Abstand zu bekommen, nimmt Corine den Job an. Vor Ort wird sie von einer Mongolin, ihrer Dolmetscherin, in Empfang genommen und nach einem kurzen Umweg für den Kauf von Opfergaben in die Steppe zur Schamanin gebracht. Dort lebt man zwar in Zelten mit Natur und Tier zusammen, ist dabei jedoch nicht unmodern. Rap ist dort nicht unbekannt und es kommen oft Touristen vorbei, die sich die Rituale der Schamanin ansehen wollen. Um das alte Ritual der Trance nicht zu entweihen, werden in diesen Sitzungen allerdings nur Kochrezepte rezitiert und der Rest vorgespielt.

Doch Corine ist keine Touristin und die Schamanin erkennt in ihr eine große Kraft, die unbedingt ausgebildet werden müsste. Corine glaubt nicht so recht daran und wird später während eines Rituals des Besseren belehrt werden. Sie fällt während der Tonaufnahme selber in eine heftige Trance, was im Verlauf des Films zu ihrer Ausbildung führen wird. Doch zuerst fliegt Corine mit ihren Aufnahmen zurück nach Frankreich und erzählt ihren Freunden von ihrem seltsamen Erlebnis, was diese eher skeptisch aufnehmen. Sie zahlt sogar den MRT Scan ihres Gehirns aus eigener Tasche, um Gewissheit darüber zu bekommen, das sie kein Tumor oder ähnliches hat. Die Trance muss wahrlich beeindruckend gewesen sein. Und in der Tat. Bei der Rekonstruktion der Ereignisse in ihrem Wohnzimmer und dem Einspielen der Tonaufnahmen aus dem Ritual, fällt Corine wieder in Trance. Die Frequenzen der schamanischen Musikinstrumente, der Meditation und des Gesangs sorgen für ein Feuerwerk der Synapsen und in Corine öffnet sich eine Tür. Doch es gibt Probleme, denn Corine findet ihre Erwartungen an das Ritual nicht erfüllt. Eine Schamanin soll mit Toten sprechen können – und ihr verstorbener Ehemann ist weit und breit nicht zu sehen.

Spiritualität funktioniert am Besten dann, wenn man sie wieder loslässt. Die Kraft des Unbewussten nährt dann den Boden des Parasinnlichen, wenn das Bewusstsein nicht mehr darauf achtet. Erst als Corine bei ihrem zweiten Besuch in der Mongolei frustriert alles aufgibt, erscheint die Vision.

Eine größere Welt endet mit einem schmalen Ergebnis. Das Problem sind nicht die Erlebnisse von Corine Sombrun, sondern die Regie, die vieles an dem Film flach und auf ein TV Format heruntergebrochen inszeniert. Die Spiritualität ist in diesem Film nur eine Randbegleitung, denn Regisseurin Fabienne Berthaud hat keine Ahnung davon, wohin sie mit ihrem Film eigentlich will. Ist es ein Film über Trauer? Über Selbstfindung? Über Schamanismus? Über Wissenschaft?

Da der Ausgang der Story durch seine realen Ereignisse bekannt ist, hätte sich der Film konsequent einer Ebene der Erzählung hingeben müssen, um so die Reise als filmische Metaebene zu interpretieren. Doch Eine größere Welt will alles auf einmal sein und hat dadurch nur wenig Zeit und Raum, die innere Reise der Corine Sombrun berührend zu bebildern. Der Film endet als Schrifttafel mit dem Fazit, dass französische Wissenschaftler an ihr die Gehirnströme messen, die bei mongolischen Ritualen entstehen. Unspiritueller geht es kaum noch, daran ändern auch die Handvoll schöner Aufnahmen von galoppierenden Pferden, die klappernden Trommeln und die Vision nichts. Eine größere Welt schafft es leider nicht, dem Klischee der Realität zu entkommen und transformiert die Erlebnisse Corines überraschend uninspiriert in ein weiteres Klischee. Zu unentschlossen, um packend zu sein.

Das Bild der DVD ist gut, der Ton ebenso. Als Extras gibt es einen Trailer und eine Trailershow.

Trailer:

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