Die Restauration der Kinofassung ist top und gibt dem Film den letzten Schliff. Farben und Bild sind gelungen und erfüllen so die Idee Volker Schlöndorfs, die Welt seiner Hauptfigur wie aus einem Bilderbuch wirken zu lassen. Wer diesen Streifen sowieso schon bei sich im Regal stehen hat, darf hier gerne ein Upgrade wagen, denn technisch lohnt sich die Nummer unbedingt. Soviel sei hier jetzt schon mal gesagt. STUDIOCANAL brachte den Klassiker nun in 4K-Restauration als Collector´s Edition heraus.
Regie: Volker Schlöndorff
Darsteller: David Bennent, Mario Adorf, Katharina Thalbach, Angela Winkler, Otto Sander, Charles Aznavour, Daniel Olbrychski
Artikel von Kai Kinnert
Danzig, 1927: Mit gerade einmal drei Jahren beschließt der frühreife Oskar Mazerath fortan nicht mehr zu wachsen. Das scheinheilige Leben der spießigen Erwachsenen im Mief des aufkeimenden Nationalsozialismus will er so nicht akzeptieren. Mit schriller Stimme und seiner Blechtrommel protestiert der anarchische Knirps fortan gegen den fanatischen Faschismus und seine feigen Mitläufer.
„Ich schaue mir meinen eigenen Film an und merke, warum das ein Klassiker geworden ist.“ Volker Schlöndorff. Lobt sich da etwa jemand selber? „Ich bin ein toller Regisseur!“ könnte man genauso aufs Cover drucken, meint es doch das Gleiche. Das Zitat auf dem Cover von Die Blechtrommel ist wahrlich ein Unikat. Wahrscheinlich ist dies sogar weltweit der einzige Film, der sich mit einem Selbstlob des Regisseurs adelt. Wie kommt so etwas zustande? Zufällig liegen uns hierzu die Abhörprotokolle von Telefonaten zwischen Volker Schlöndorff und der Werbeabteilung vor:
Anruf bei Schlöndorff, 3. Feb. 2020, 10:45 Uhr:
Werbeabteilung: „Herr Schlöndorff, letztens hatten Sie sich bei der Sichtung Ihres Films am Eiskonfekt verschluckt, ich glaube das war, als die Aale aus dem Pferdekopf gezogen wurden und sie sagten…das ist ein Klassiker, ich merke es…Hilfe mein Hals, das Eis…Klassiker…schon immer. Wir mussten den Notarzt rufen, erinnern sie sich?“
Schlöndorff: „Ja ich erinnere mich. Aber das mit den Aalen ist schon grandios, oder?“
Werbeabteilung: „Unbedingt. Sie haben ihren Oscar zurecht verdient. Aber deswegen rufe ich nicht an, denn wir basteln gerade an dem Cover und brauchen ein Zitat. Ich wollte fragen, ob wir das als Zitat verwenden dürfen.“
Schlöndorff: „Sie wollen … Hilfe mein Hals, das Eis …Klassiker … schon immer.. als Zitat für das Cover verwenden?? …Ich weiß nicht, das klingt so…“
Werbeabteilung: „Nein…nein…wir machen das runder. Wir lassen Hilfe und das Eis weg und greifen auf, dass Sie sich gerade den Film ansehen und etwas merken. Sie merken, das Sie einen Klassiker gedreht haben und finden das toll.“
Schlöndorff: „Ist ja auch so. Nur hatte ich das nicht mehr auf der Uhr.“
Werbeabteilung: „Was halten Sie von… Ich schaue mir meinen eigenen Film an und merke, warum das ein Klassiker geworden ist.“
Schlöndorff: „Das hätte von mir sein können!“
Werbeabteilung: „Das ist von Ihnen. …Wenn man das Eis und den Notarzt weglässt und den Kern ihrer Erkenntnis aufnimmt.“
Schlöndorff: „Genial. Ja, drucken Sie das. Wie wäre es noch mit… Ich habe Die Blechtrommel perfekt besetzt. Geht das auch noch drauf? Ich meine…mal ganz ehrlich….die Besetzung ist doch überirdisch, oder?“
Werbeabteilung: „Unbestritten…aber ich glaube, dass ein Zitat…“
Schlöndorff: „War ein Klassiker, ist ein Klassiker! … Kulissen gut, alles gut! … Grass hatte Spaß! … Beste Romanverfilmung ever! … Wer ist Werner Herzog?“
Werbeabteilung: „Ich glaube, wir haben nicht so viel Platz…“
Schlöndorff: „Ja gut…dann nehmen Sie den ersten Entwurf. Hm..ach so…ja… Ich schenke Ihnen eine Flasche Rotwein aus Jean-Paul Belmondos Weinkeller, wenn sie Wer ist Werner Herzog? irgendwo heimlich auf dem Cover unterbringen. So als versteckte Botschaft… Das würde ich Ihnen nie vergessen.„
Werbeabteilung: „Äh…ja mal sehen…“
Schlöndorff: „Von mir aus mit Geheimtinte…oder rückwärts, wie bei den Beatles.“
Werbeabteilung: „Ich kann Ihnen da nichts versprechen…“
Schlöndorff: „Wie konnte ich nur vergessen, wie geil mein Film ist! Der Herzog kann mich mal mit seinem scheiß Schiff!! Seht mal, wie ich ein Schiff durch den Wald ziehen lasse…pah!! …ICH HATTE ADORF!! Ich weiß noch, wie mich Werner morgens um 4 anrief und…“
Werbeabteilung :“Herr Schlöndorff…hallo…ich muss…der Fahrstuhl…“
Verbindung unterbrochen. 10:49 Uhr
Die Blechtrommel ist und bleibt eine opulente und anspruchsvolle Literaturverfilmung, bei der sich Schlöndorff mehr auf die skurrilen Momente des Buchs konzentrierte. Die Besetzung ist super und Mario Adorf in Bestform. Sogar Katharina Thalbach war damals noch erträglich und Lichtjahre von ihrer heutigen Theater-Attitüde entfernt. Optisch lebt der Film durch seine tolle Ausstattung und einer stark fotografischen Kamera, die das Bild auf jeder Ebene gut zu inszenieren weiß. Leider wurde nur die Kinofassung in 4k restauriert und nicht der bessere Directors Cut. Trotzdem lohnt sich die Anschaffung für Fans und Literaturfreunde, denn das Bild der Kinofassung hat qualitativ enorm zugelegt. Ein Klassiker des deutschen Kinos, da hat Herr Schlöndorff schon recht.
Als Extras gibt es den Directors Cut (ca. 156 Min.), einen Audiokommentar von Volker Schlöndorff, „Von der Idee zum Oscar“ Volker Schlöndorffs Erinnerunen an „Die Blechtrommel„, Nikos Perakis über „Die Blechtrommel„, ein Interview mit Eberhard Junkersdorf, Volker Schlöndorff über den Director’s Cut, Aufnahmen von der Synchronisation, Fotogalerie, Trailer, ein Booklet.