Piff Paff Rumms Peng! Sprung Salto Platsch! Knall! Vietnam, Kriegsgefangenenlager, Dschungel und David Carradine in seiner letzten Hauptrolle, die einen Kinostart hatte. Ob das am Film lag? Man weiß es nicht, denn Mr Carradine drehte nach diesem Cannon-Kracher noch fleißig weiter, sogar so viel, das es bis über seinen Tod hinaus für etliche Auftritte reichte. Wie dem auch sei, Regisseur Gideon Amir ist ein Cannon-Gewächs und war an einigen Granaten des Studios als Autor und Producer beteiligt, die das toll dreiste Produzenten-Duo Golan/Globus auf den Markt hämmerte. Mit diesem Streifen feierte Amir sein Debüt als Regisseur für Cannon und zugleich auch seinen Abschied vom Kino. Er wurde stattdessen ein erfolgreicher Produzent für TV-Serien (zB Doom Patrol). EXPLOSIVE MEDIA / KOCH FILMS brachten dieses Cannon-Kleinod für den geneigten Sammler nun auf den Markt.

Originaltitel: Behind Enemy Lines (aka P.O.W. The Escape)

Regie: Gideon Amir

Darsteller: David Carradine, Steve James, Phil Brock, Mako

Artikel von Kai Kinnert

Kurz vor Ende des Vietnam-Kriegs unternimmt Colonel Cooper den Versuch, gefangene GI’s aus einem geheimen Vietcong-Lager zu befreien. Das Vorhaben schlägt fehl und Cooper wird selbst zum Gegangenen. Doch der brutale Lagerkommandant möchte sich mit einem Goldschatz in die USA absetzen und schlägt Cooper einen Handel vor: Dieser soll ihm bei der Flucht helfen und wird dafür mit der Freiheit belohnt. So begeben sich der Colonel und seine Männer auf eine Flucht voller Gefahren durch das Vietcong-Gebiet.

Eines muss man am Ende anerkennen. Das Drehbuch bemüht sich permanent um irgendwelche Action. Das Kriegsgefangenenlager spielt schon ab Mitte keine Rolle mehr und die Action verzieht sich mit einem Goldschmuggel ins Hinterland. Strategie? Dialog? Logik? Alles Quatsch. Schon nach 11 Minuten ballert David Carradines Truppe ein leeres Camp nieder – mit viel Lärm und taktischem Irrsinn in der Hosentasche. Wenige Tage vor Kriegsende soll es an dem Camp noch mal ordentlich Krachen, so das die Weltöffentlichkeit aufmerksam wird. Das lässt sich Cooper nicht zweimal sagen und fliegt mit seiner Truppe eine Sparvariante des Apocalypse Now-Angriffs auf das Camp. Obwohl offensichtlich niemand mehr zugegen ist, ballert sich die Truppe durch leere Hütten und wundert sich erst spät darüber, dass sie auf niemanden schießen. Cooper runzelt die Stirn und ahnt nach einige Minuten ordentlichen Lärms, dass sie in eine Falle geraten sein könnten. „Niemand da? Wieso merke ich das erst jetzt?„, mag er gedacht haben und schon schlagen die Granaten und Kugelsalven des Vietkong ein.

Tja, da haben wir den Salat, also alle zurück zu den Helikoptern, doch der Feind hat schon das Camp gestürmt. Es kommt endlich zum Scharmützel, welches zwar einige Stuntmen zum Salto und zum Trampolinsprung motivierte, ansonsten aber überraschend blutarm und recht schmal in den Explosionen ausfiel. Da bekommt dann auch obligatorisch ein Kamerad Coopers einige Treffer aus der AK-47 aus vier Metern Distanz in den Rücken und muss von Super-Cooper auf der Schulter zum Helikopter getragen werden, den es dann auch alsbald zerreißt. Was nun? Der Typ auf seiner Schulter lebt noch, das T-Shirt des Soldaten ist fast kugelsicher, also ab in den Dschungel. Es dauert nicht lange, bis Cooper dann doch gefangenen genommen wird und im echten Dschungelcamp landet, angeführt vom goldgierigen Lagerkommandanten, der ihn nun zu den anderen US-Soldaten in den Käfig wirft. Doch Cooper hat selbst unter den Gefangenen nicht nur Freunde und so muss er auch dort stets auf der Hut sein.

Das Leben im Cannon-Camp ist kein Ponyhof und so wendet sich dank der Goldgier des Kommandanten alsbald das Blatt des Vorhersehbaren. Der Krieg ist fast vorbei und die Gefangenen sollen dem Kommandanten nun dabei helfen, Gold in die USA zu bringen, dort hat der Kerl doch glatt einen Angehörigen. Cooper willigt ein und die Gefangenen brechen gemeinsam mit dem Kommandanten nach Saigon auf, nur leider in die falsche Richtung.

Krieg, Action, Goldgier, Verrat und Aussöhnung, Patriotismus und wenigstens eine große Explosion, präsentiert durch unblutige Action, ungelenke Karate, etliche Preßluft-Explosionen und fliegende Stuntmen…nicht zu vergessen ist der Sprung mit den Modellautos…Regisseur Gideon Amir hat einen Enzo G. Castellari-Film gedreht. Knallereien wie im Italo-Western, gepaart mit einer Handlung, die jeden Anspruch ablehnt, die die Logik vor der Tür lässt und in der Cooper auf zwei Ebenen ständig die Oberhand behalten muss…das ist im Prinzip bestes B-Movie-Kino, ohne den letzten Kick zum wahren Kultfilm. Es fehlt in der Action an Überraschung, das Grobe, der Bluteffekt, das freche Kult-Element, das den Streifen über den Cannon-Durchschnitt heben könnte.

P.O.W. – Die Vergeltung ist ein typischer Cannon-Film, irgendwo im Fahrwasser von American Fighter und Missing in Action. Obwohl eine Menge passiert, passiert doch auch eine Menge nicht. Es fliegen Helikopter, es wird geschossen und gekämpft, aber durch die Bank weg fehlt das Timing und stellenweise wirkt der Streifen grob zusammengeschnitten. Hätte Regisseur Amir damals auf mehr Bluteffekte bestanden und sich zu der einen oder anderen Grobheit hinreißen lassen, wäre der Streifen heute ein gesuchter Kultfilm. Hat er aber nicht und so ist P.O.W. – Die Vergeltung leider nur ein durchschnittlicher Cannon-Film geworden. Steve James ist hier der beste Mann am Set, der, wie so oft, mehr Screentime verdient hätte.

Das Bild der Blu-ray hat Schwierigkeiten bei dunklen Flächen, ist aber ansonsten gut. Der Ton ist gut. Als Extras gibt es einen Trailer und eine Bildergalerie.

Trailer:

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