Steven Seagal’s in da Hood, with his Aikido-Skills, back for Good! Okay, das rappen sollte ich vermutlich besser lassen aber wie sollte man sonst in einen Film einleiten, in dem es die Martial-Arts-Wuchtbrumme mit ruchlosen Ghetto-Gangstern aufnimmt, um ihnen mal gehörig die Kauleisten zu bearbeiten? Mit URBAN JUSTICE – BLINDE RACHE (2007) hat Sony Pictures Home Entertainment einem der späteren Seagal-Klopper eine Neuauflage im Heimkino spendiert und ihn erstmals in der ungeschnittenen Fassung als Blu-ray veröffentlicht. Ob es sich bei dem Streifen um einen der zahlreichen Gurken des beleibten Senseis handelt oder wir es hier mit einem Lichtblick zu tun haben, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: Urban Justice (alt. Renegade Justice)
Drehbuch: Gilmar Fortis
Regisseur: Don E. FauntLeRoy
Darsteller: Steven Seagal, Carmen Serano, Eddie Griffin, Kirk B.R. Woller, Danny Trejo, Cory Hart…
Artikel von Christopher Feldmann
Auch wenn sich meine Fan-Faszination für Steven Seagal in deutlich messbaren Grenzen hält, kann man dem passionierten Kampfsportler und Möchtegern-Schauspieler nicht abstreiten, einmal zu den großen Genre-Stars gezählt zu haben. Immerhin war er in den frühen 1990er Jahren mal der heiße Scheiß, als Konkurrenz zu Spagat-Virtuose Jean-Claude van Damme. Warner Bros. erkannte nach den Erfolgen von NICO (1988) und HARD TO KILL (1990) das Potenzial und bot ihm, nach einem Gastspiel bei 20th Century Fox mit ZUM TÖTEN FREIGEGEBEN (1990), einen Exklusiv-Vertrag an und nachdem DEADLY REVENGE (1991) ebenso gut performte, landete der Pferdeschwanzträger mit ALARMSTUFE: ROT (1992) seinen bis Dato größten Kino-Hit. Das war allerdings auch das Anfang vom Ende, bekam unser Aikido-Moppel doch etwas schnell Oberwasser und brachte sich mit seiner neu entdeckten Liebe zum Buddhismus und seiner Arroganz bei den Produzenten zunehmend in Misskredit. Filme wie THE GLIMMER MAN (1996) und FIRE DOWN BELOW (1997) stießen auf immer weniger Resonanz und es blieb am Ende nichts mehr übrig, außer dem Gang in die Videotheken und den damit verbundenen Bestimmungen, zukünftig hastig heruntergekurbelte B-Movies für einen schmalen Taler zu drehen, vorzugsweise unter der Ägide von Avi Lerner in Osteuropa. Als auch dieses Bündnis in die Binsen ging, sprang Sony Pictures in die Presche und verheizte den mittlerweile wie ein Hefezopf aufgegangenen Action-Star in billigen Grabbeltisch-Heulern wie SHADOW MAN (2006) und ATTACK FORCE (2006), die sich besonders dadurch auszeichnen, dass sich der olle Steven möglichst wenig bewegt und die Plots einem wirren Flickenteppich gleichen, vom räudigen Produktions-Volumen ganz zu schweigen. Lediglich URBAN JUSTICE (2007) wird gemeinhin als etwas ansehnlicherer Vertreter dieser Phase gesehen, weshalb man sich die Mühe gemacht hat, den Rache-Actioner erstmals hierzulande auf blaue Scheibe zu pressen und zudem die ungeschnittene Fassung vom Index zu boxen. Der Aufwand sich zugegebenermaßen gelohnt, denn obwohl der Streifen kein Highlight des Genres darstellt, kommen Seagal-Fans und Freude deftiger Handkanten-B-Kost hier dennoch auf ihre Kosten.
Handlung:
Als der Polizist Max Ballister (Cory Hart) von einer Drogenbande exekutiert wird, ruft dies seinen Vater Simon (Steven Seagal), auf den Plan. Der zieht daraufhin in die von Gangs beherrschte Nachbarschaft und stellt Ermittlungen an, um den Mörder seines Sohnes zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Nach mehreren Auseinandersetzungen, eröffnet Bandenchef Armand (Eddie Griffin) schließlich die Jagd auf ihn.
Wunder gibt es immer wieder. Das trifft sogar auf Steven Seagal zu, von dem anno 2007 wohl niemand mehr einen mindestens soliden Film erwartet hätte. Zu groß waren die Schandtaten vergangener Jahre, in denen der moppelige Handkanten-Künstler in durch die Bank minderwertigen Gurken zu sehen war, in denen er dann auch meist durch Faulheit und absolutes Desinteresse glänzte. Im Falle von URBAN JUSTICE ist aber alles anders, denn der Direct-to-Video-Streifen macht zur Abwechslung mal wirklich Laune und schafft es sogar, durch die Bank zu unterhalten, sofern man die Messlatte etwas weiter unten ansetzt.
Hier handelt es sich um einen altmodischen, geradlinigen Rachefilm, wie ihn der anspruchslose Haudrauf-Freund erwartet. Die Tatsache, dass man hier auf Blödsinn wie eine verzwickte Handlung, absurde Schauplätze oder generell Elemente, die die Budget-Klasse deutlich überschreiten würden, verzichtet, kommt dem Endergebnis zu Gute. Die Prämisse ist denkbar simpel, der Junior wird ermordet und Hard-Boiled-Daddy Seagal kommt um die Ecke um gehörig aufzuräumen. Einen Drehbuchpreis wird die Chose nicht mehr gewinnen, muss sie auch nicht, denn dieser Film ist für all diejenigen gedacht, die handfestes B-Action-Kino sehen wollen, ohne ihre Gehirnzellen unnötig zu verschwenden. So werde hier die beliebten Seagalismen aufgefahren, wie zum Beispiel das Vermöbeln irgendwelcher Gegner, bevor diese hilfreiche Informationen preisgeben und die üblichen knochentrockenen One-Liner, mit denen Steven das Ghetto ordentlich aufmischt. Wie das Ganze dann verläuft, dürfte von Sekunde Eins an klar sein, ist aber auch letztendlich scheißegal, denn wer brauch schon eine ausgeklügelte Geschichte, wenn er einen Film dieser Gattung in den Player schmeißt.
In URBAN JUSTICE geht es ordentlich zur Sache. Es werden Knochen und vor allem Handgelenke gebrochen, böse Buben durchlöchert und allgemein sterben die Baddies wie die Fliegen. Das macht Laune und besitzt zudem ein ordentliches Tempo, welches verhindert, dass die 90 Minuten langweilig werden. Das größte Plus ist aber der Meister selbst, denn erstmals seit dem ebenfalls zu gebrauchenden BELLY OF THE BEAST (2003), zeigt sich Seagal wieder motiviert und punktet mit einer gewissen physischen Präsenz. Auch wenn es vielleicht an dem Catering vergangener Produktionen gelegen haben könnte, macht der beleibte Racheengel mit seiner massigen Statur eine gute Figur, die ordentlich Bad-Ass rüberkommt. Hier hat man das Gefühl, Seagals Auftreten ist näher an verdienten Reißern vergangener Tage, als dem Videotheken-Rotz der 2000er Jahre. Außerdem legt der Meister sichtbar wieder selbst Hand an seine Gegner. In vielen Actionszenen ist die Präsenz des Aikido-Kämpfers sichtbar und die Double-Einsätze wurden augenscheinlich zurückgeschraubt. Und wenn sie doch zu im Film sind, dann wurden sie ordentlich kaschiert. Die Nebenrolle wurden erwartungsgemäß wenig prominent besetzt, lediglich Eddie Griffin dürfte Fans abstrus dümmlicher Komödien ein Begriff sein. Der ist als harter Drogengangster zwar wenig glaubhaft, fällt aber nicht sonderlich negativ ins Gewicht. Vom Auftritt von C-Movie Veteran Danny Trejo, sollte man aber nicht zu viel erwarten, denn „Machete“ schaut nur für ein unspektakuläres Cameo vorbei.
Für die Regie zeichnete sich Seagal-Spezi Don E. FauntLeRoy verantwortlich, der bereits die Klopper TODAY YOU DIE (2005) und MERCENARY FOR JUSTICE (2006) in Szene setzte. Neben der Inszenierung übernahm er auch den Job des Kameramanns, was dem Film zumindest ansatzweise zu Gute kommt. Zwar befinden wir uns hier selbstverständlich auf gängigem DTV-Niveau, jedoch muss man sich hier nicht oft über eine unsägliche Schnittarbeit und eine wackelige Kamera ärgern. FauntLeRoy macht einen durchaus soliden Job und schafft es, die Körpereinsätze seines Hauptdarstellers vernünftig einzufangen. Diese kommen sogar hart und wuchtig daher, etwas, was vergangene Vehikel des Dicken vermissen ließen. Einzig das triste Bild ist für mich ein nicht zu unterschlagener Kritikpunkt. Auch URBAN JUSTICE haftet dieser hässliche „Ostblock-Filter“ an, der jeden Farbklecks in Beige-Grau erstickt. Warum das mal in Mode war, erschließt sich mir nicht, vielleicht weil man dachte, dass man so eine „Hood“ einfängt.
Bei seiner Erstveröffentlichung schaffte es URBAN JUSTICE nicht unbeschadet durch die FSK-Prüfung. Für das Siegel „Keine Jugendfreigabe“ musste geschnitten werden, die ungekürzte Fassung kam mit SPIO-Siegel, wies aber dennoch eine Tonzensur auf. Nun gibt es die vollständige Version erstmals neu geprüft als Blu-ray und DVD und das Blut darf ordentlich spritzen, denn der Streifen entstand noch zu einer Zeit, in der man solche Effekte nicht mit dem Computer generierte, sondern noch auf echte Squibs setzte. Die kommen des Öfteren zum Einsatz und verpassen dem Rache-Actioner einen netten Old-School-Vibe. Die Blu-ray aus dem Hause Sony Pictures Home Entertainment besitzt eine sehr gute Bild- und Tonqualität. Bis auf den Trailer sind leider keine Extras vorhanden.
Fazit:
Steven Seagal hat viel Scheiße gedreht, URBAN JUSTICE – BLINDE RACHE (2007) bietet aber eine wohlige Ausnahme. Ein kompromissloser, unterhaltsamer und überraschend deftiger Seagal-Actioner wie der Fan ihn sich wünscht. Zwar gehört der Streifen sicher nicht zur Speerspitze des Genres, für einen bierseeligen Abend eignet sich Stevens Rachefeldzug aber allemal!
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