Mit den Worten „Kommen wir jetzt zu etwas völlig anderem“ wollte ich eigentlich diese Rezension starten, empfand es allerdings als zu abgedroschen und verwarf den Gedanken gleich wieder. Aus Ermangelung eigener Ideen entschied ich mich jedoch schlussendlich, doch mit dem Standardopener, den jeder zweite Kritiker nutzen wird, zu eröffnen. Der Grund ist ein gar feierlicher, ist es doch CAPELIGHT PICTURES zu verdanken, dass wir nun erstmals in den ungekürzten und unzensierten Genuss der Monty Python Serie hierzulande kommen…und dann noch in restauriertem HD. Ob die teilweise über ein halbes Jahrhundert alten Gags heute immer noch zünden? Wir verraten es Euch…
Regie: Ian MacNaughton, John Howard Davies
Darsteller: Eric Idle, Graham Chapman, Terry Jones, Michael Palin, Terry Gilliam, John Cleese, Carol Cleveland
Artikel von Christian Jürs
Die Engländer sind uns in vielen Dingen weit vorraus, nicht nur beim Impfen. 1962 zum Beispiel, als die Beatles aus Liverpool den jungen Mädchen den Kopf verdrehten, schmalzte sich hierzulande Gerhard Wendland mit „Tanze mit mir in den Morgen“ an die Spitze der Singlecharts. Christopher Lee lehrte zwischen 1958 und 1973 den Menschen als Obervampir Dracula das Fürchten, bei uns hingegen stieg erst 1978 Lady Dracula aus dem Quietschesarg, um von Theo Lingen, Eddie Arent und Roberto Blanco (!) zünftig bespaßt zu werden. Denn ein bisschen Spaß muss bekanntlich ja sein. Womit wir beim Humor angelangt sind. Bei uns waren es Leute wie Peter Frankenfeld und Rudi Carrell, die dem spießigen, deutschen TV-Zuschauer ein paar Schenkelklopfer anno 1969 herauslockten. In England hingegen startete zeitgleich eine legendäre Comedyserie, die den eh schon weit vorne liegenden, britischen Humor noch um einiges wahnsinniger erscheinen ließ. Monty Pythons Flying Circus wurde auf die Menschheit losgelassen…
Es war der 5. September 1969, als die erste Episode von Monty Pythons Flying Circus auf BBC 1 ausgestrahlt wurde und was das Publikum zu sehen bekam, war seiner Zeit weit voraus. Sketche, wie der des englischen Italienischlehrers, der an seiner Schulklasse verzweifelt, die, bis auf eine Ausnahme, ausschließlich aus der Sprache perfekt mächtigen Italienern besteht oder der TV-Moderator, der seinen Gast auf die merkwürdigsten Arten anspricht, was diesem so gar nicht gefällt, waren jung, frisch und frech. Die Truppe, bestehend aus fünf talentierten, jungen Komikern und einem amerikanischen Cartoonisten und Regisseur, war schlichtweg genial. Der Anarchohumor fand schnell eine riesige Fanbase und so brachte es die Reihe auf ganze 4 Staffeln mit insgesamt 45 Folgen. So mancher Gag, wie der des lustigsten und tödlichsten Witzes der Welt oder des Kampfsportlehrers, der seinen Schülern zeigt, wie man sich am Besten gegen jemanden zur Wehr setzt, der einen mit einer Banane angreift, schaffte es 1971 in die Kinoadaption unter dem Titel Monty Python´s wunderbare Welt der Schwerkraft / OT: And now for something completely different. Dort drehte man die besten Sketche in Kinooptik nocheinmal neu. Wer nur diese Version kennt, kann sich nun an den ursprünglichen Versionen erfreuen (so ist der Bananengag hier deutlich länger).
Monty Python ist Kult – zu Recht. Natürlich scheiden sich an Humor immer wieder die Geister und nicht jeder da draußen wird mit dieser durchgeknallten Comedy, bei der sich Männer auch gerne in den Frauenrollen präsentieren, etwas anfangen können. Die Fans hingegen und eben Leute wie ich, die Monty Python eigentlich ganz geil finden, den Humor aber gut rationiert schauen müssen, um nicht an akuter Hirnschmelze zu erkranken (2 Folgen am Abend ist eine gute Dosis), können diesen Kult dank Capelight Pictures nun nochmals aufleben lassen. Aus meiner Sicht heraus ist die Serie wirklich witzig und ein großteil der Gags sogar gut gealtert. Aber natürlich nicht alle. So mancher Sketch, wie der der Katzenverwirrer, zieht sich ein wenig und auch die eigentlich genialen Animationen von Terry Gilliams können sich, bei zu ausufernder Laufzeit, etwas dehnend anfühlen. Ob diese Nummern schlecht gealtert sind oder schon früher eher als Füllmaterial dienten, um die Laufzeit zu stopfen, vermag ich nicht zu sagen, tendiere aber zu Letzterem. Glücklicherweise folgen auf eine schwache Nummer meist eine Gute und ein echter Knaller, wie der Uhrenschmuggler aus der Schweiz oder die Agentennummer im Buchladen, es gibt so viele.
Drei Staffeln und 39 Episoden lang waren John Cleese, Eric Idle, Terry Gilliam, Graham Chapman, Terry Jones und Michael Palin gemeinsam Monty Python. Danach hatte John Cleese allerdings genug, fand er doch, dass die Serie sich totgelaufen hatte. Für die Kinofilme, sowie für andere Filmprojekte und eine späte Theaterreunion, kamen die Jungs jedoch immer wieder zusammen. Graham Chapman konnte an Letzterer leider nicht mehr teilnehmen, da er bereits 1989, im Alter von 48 Jahren, an Krebs verstarb. Terry Jones folgte ihm im Januar letzten Jahres. Mögen Sie in Frieden ruhen. Die vierte und letzte Staffel aus dem Jahr 1974 musste ohne Cleese auskommen und brachte es auch nur noch auf sechs Folgen, die qualitativ auch ein wenig hinter den ersten drei Staffeln hinterherhinken. Bis zum Ende mit dabei, in immerhin 31 der 45 Folgen, war Carol Cleveland, die immer dann in Frauenrollen schlüpfte, wenn diese attraktiv sein musste, was den Jungs nunmal nicht möglich war.
Bei uns liefen damals im Öffentlich Rechtlichen Fernsehen einige Episoden der Serie in englischer Originalfassung und somit eher unter ferner liefen. Ende der 90er Jahre fertigte SAT1 dann eine deutsche Synchronfassung an, die allerdings auf die uns bekannten Stammsprecher Thomas Danneberg, Arne Elsholtz und Michael Nowka verzichtete und stattdessen mit guten, aber unbekannteren Sprechern wie Bernd Stephan und Kai Taschner daher kam. Diese Synchronisation erlaubt sich weniger Freiheiten gegenüber dem Original, ist aber auch etwas weniger witzig als die Herren Danneberg und Co. Komplett war die deutsche Tonspur allerdings nicht, aus der Reihe „Obskure Zensur im deutschen Fernsehen“ – ich könnte Buchbände darüber verfassen. Immerhin fehlte damals nicht viel.
Wenn Capelight Pictures allerdings eine Komplettbox ankündigt, dann kommt die auch komplett. Und so ist diese in England HD-restaurierte Fassung das Nonplusultra für Fans. Das Bild kann natürlich seine Herkunft aus dem TV nicht leugnen, sah das damalige Fernsehbild doch etwas schwammig aus. Die Terry Gilliams Animationen hingegen wurden neu eingescannt und kommen ultrascharf rüber. Das Bildformat wird korrekterweise natürlich in 4:3 wiedergegeben. Fehlende Stellen wurden untertitelt. Der Ton ist im deutschen, wie im englischen glasklar und man kann auf deutsche und englische Untertitel zurückgreifen. Außerdem sind die 7 Blu-rays oder wahlweise 11 DVDs mit haufenweise Bonusmaterial ausgestattet. So gibt es viele erweiterte, entfernte und wiederhergestellte Szenen, Rohmaterial, ein Retaurations-Making of, Interviews, einen Kurzfilm, Outtakes, etc. Mehr als 22 Stunden an Material gibt es zu entdecken.
Auch optisch weiss die Box im Kartonschuber zu überzeugen. Darin befinden sich vier wundervoll gestaltete, mit Terry Gilliams Zeichnungen versehene, Papp-Digiboxen, die wirklich etwas hermachen und im Sammlerregal eine gute Figur machen. Ein Must-Have für Fans und eine durchaus interessante Wiederentdeckung für Freunde des skurillen, britischen Humors. Ich beende hiermit meine Rezension une begebe mich zum einzig wahren Superhelden, dem zwar noch kein eigener Film innerhalb des MCU geschenkt wurde, dem aber immerhin in dieser Box Tribut gezollt wird: Dem Fahrrad-Reparaturmann.
Um Euch in Stimmung zu bringen, hier die Titelmelodie: