Und täglich grüßen die Auftragskiller! Was kommt dabei heraus, wenn man die berühmte und gern gesehene Zeitschleifen-Thematik in einen launigen Actionfilm packt? Richtig, BOSS LEVEL (2021), in dem Prügelveteran Frank Grillo nach unzähligen Grabbeltisch-Streifen mal so richtig vom Leder ziehen darf. Leonine Studios veröffentlichen den flotten Reißer mit Anleihen an die klassischen Arcade-Games der 1980er Jahre nun im Heimkino und ob er seinen Vorschusslorbeeren gerecht wird, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Boss Level

Drehbuch: Joe Carnahan, Chris Borey, Eddie Borey

Regie: Joe Carnahan

Darsteller: Frank Grillo, Naomi Watts, Mel Gibson, Will Sasso, Annabelle Wallis, Michelle Yeoh, Selina Lo, Ken Jeong…

Artikel von Christopher Feldmann

Als Bill Murray im Komödien-Klassiker UND TÄGLICH GRÜßT DAS MURMELTIER (1993) in eine Zeitschleife geriet und somit den, von ihm stets gehassten, Murmeltiertag immer und immer wieder erleben musste, bis aus ihm ein besserer Mensch wurde, wurde nicht nur ein Kultfilm geboren, sondern auch ein ganzes Set-Up salonfähig gemacht. Die Frage, was wohl passieren würde, wenn man ein und denselben Tag immer und immer wieder erleben müsste, empfiehlt sich seitdem regelmäßig für die unterschiedlichsten Genres. Egal ob der straighte Actionthriller RETROACTIVE (1997), der Science-Fiction-Blockbuster EDGE OF TOMORROW (2014) oder der Blumhouse-Slasher HAPPY DEATHDAY (2017), Time Loops haben ihr Haltbarkeitsdatum noch nicht überschritten, das bewies zuletzt die romantische Komödie PALM SPRINGS (2020), die im vergangenen Jahr sowohl zum Kritiker- als auch zum Publikumsliebling avancierte. Nun hat sich Action-Spezialist Joe Carnahan dem Gimmick angenommen und daraus genau den Film geschustert, den meine Wenigkeit gebraucht hat. BOSS LEVEL (2021) ist aber nicht nur ein verdammt spaßiges Stück Testosteron-Kino geworden, sondern auch der große, schon lange überfällige Auftritt von B-Recke Frank Grillo, der sich mit lässiger Coolness durch Scharen Gegner ballert, immer und immer wieder.

Handlung:

Der ehemalige Elite-Soldat Roy Pulver (Frank Grillo) wacht in seinem Bett auf – und wird sofort von einem Killer mit Machete attackiert. Kurze Zeit später taucht ein mit Mini-Gun bewaffneter Hubschrauber vor der Fensterzeile seines Lofts auf und zersiebt die komplette Inneneinrichtung. Roy übersteht diese Mordanschläge am frühen Morgen inzwischen mühelos, denn er ist in einer Zeitschleife gefangen – und jeden Tag aufs Neue versucht er erfolglos, der riesigen Armee von eiskalten Profikillern zu entwischen, die ihm den ganzen Vormittag über pausenlos auf den Fersen ist. Spätestens um 12.47 Uhr segnet er allerdings das Zeitliche – und wacht wieder auf, während ein Killer mit einer Machete auf ihn losgeht. Erst nach seiner 100. Wiedergeburt kommt Roy langsam dahinter, dass offenbar die sogenannte „Osiris-Spindel“ mit der rätselhaften Zeitschleife in Zusammenhang steht. Die wurde von Roys verängstigter Wissenschaftlerin-Ex-Frau Jemma Wells (Naomi Watts) unter Aufsicht des zwielichtigen Clive Ventor (Mel Gibson) entwickelt…

Joe Carnahans Zeitschleifen-Actioner hat eine lange Produktionsgeschichte hinter sich. Ursprünglich sollte das Skript unter seiner Regie schon 2012 verfilmt werden, es gab es sogar Probeaufnahmen, doch dem damaligen Studio 20th Century Fox war Hauptdarsteller Frank Grillo nicht bekannt genug. Schlussendlich konnte das Projekt 2018 doch realisiert werden, nach mehreren Verschiebungen landete es schließlich beim Streamingdienst Hulu und in Deutschland lediglich im Heimkino, was in sofern bedauerlich ist, da ich mir sicher bin, dass BOSS LEVEL das Zeug zum Hit gehabt hätte, wenn die Kinos nicht geschlossen werden. In einem gut gefüllten Saal hätte die witzige Sause nochmal deutlich mehr Spaß bereitet als zuhause vor dem heimischen Bildschirm.

Und trotzdem kann das ironische B-Fest vollends überzeugen, was vor allem an dem pointierten Drehbuch liegt. Denn anstatt auf ernste und geerdete Kost setzen, nimmt sich der Film zu keiner Sekunde wirklich ernst. Das ist insofern dienlich, da die Story im Grunde völlig bescheuert ist. Irgendeine ominöse Spindel sorgt dafür, dass Protagonist Roy immer wieder morgens in seinem Loft aufwacht und sich gegen Killer zu Wehr setzen muss, die ihm ans Leder wollen. Wieso, weshalb, warum, wer wirklich fragt bleibt am Ende trotzdem dumm. So wirklich Sinn machen die halbgaren Erklärungen, die Roys Angebetete zum Besten gibt, nämlich nicht und auch die Motivation des Bösewichts bleibt eher schemenhaft. Das ist wahrscheinlich das größte Manko, das man dem Film vorwerfen kann, denn für die Tatsache, dass man hier einen Science-Fiction-Ursprung in die Geschichte einbaut, interessiert sich der Film erstaunlich wenig für die Hintergründe oder gar für logische Erklärungen. Am Ende ist aber der Weg das Ziel und der gestaltet sich als äußerst temporeich. Die Macher haben ihre Hausaufgaben gemacht und so bieten die knapp 100 Minuten ordentlich Action, blutige Einschüsse und reichlich Witz. Wenn Roy verschiedene Möglichkeiten, seinen Verfolgern zu entgehen auslotet, dabei aber immer wieder das zeitliche segnet, dann kann man sich als Zuschauer das Lachen nicht verkneifen, selbst wenn Schwertkämpferin Guan Yin immer wieder denselben doofen One-Liner aufsagt, nachdem sie unserem Helden zum hundertsten Mal die Rübe abgesäbelt hat.

Dazu packt der Film noch Voice-Over in bester DEADPOOL-Manier, die noch einmal den ironischen Unterton unterstreichen. Auch leicht nerdige Referenzen an alte Arcade-Klassiker aus den 1980er Jahren, wie etwa der neongrüne Wiederbelebungscounter, die überzeichneten Tötungen oder ein Besuch in einer Spielhalle, in der Roy beim Zocken versucht, endlich mal ein guter Vater zu sein. Hier versucht Regisseur und Co-Autor Carnahan allerdings etwas zu gewollt, dem Ganzen eine emotionale Note zu verpassen, die schnell in oberflächlichem Kitsch endet und den Film unnötig ausbremst, zumal der herzliche Aspekt schnell verpufft weil die Nebenfiguren zu wenig Screentime haben, um ihn glaubhaft darzustellen.

Naomi Watts, die hier als Love-Interest und Damsel in Distress agiert, dient eigentlich lediglich dazu, dem Helden irgendeine Motivation zu geben und mal kurz den Erklärbär zu spielen, viel mehr hat die Schauspielerin nicht zu tun. Das Gleiche gilt leider auch für LETHAL-WEAPON-Star Mel Gibson, der die meiste Zeit nur Zigarre qualmend auf seinem Stuhl sitzt und seinen schicken Vollbart präsentiert. Bis auf das Aufsagen eines Gleichnisses zwischen einer Python und einem Wildschwein, hat der Melraiser kaum erwähnenswertes zu tun, trotz seiner Funktion als Obermufti. Gerade weil der Film sich BOSS LEVEL schimpft, ist Gibsons schmale Präsenz etwas ernüchternd. Klar, das Ganze folgt auch irgendwo dem Gaming-Prinzip und bei beispielsweise SUPER MARIO BROS. hatte die Prinzessin auch nicht mehr zu tun und Bowser war auch nie sonderlich vielschichtig angelegt. Allerdings bricht der Film dies nicht ironisch oder gar parodistisch auf, so dass Beide eher Wegwerffiguren bleiben, was besonders bei Gibson schade ist, denn der geht eigentlich immer. Auch Martial-Arts-Queen Michelle Yeoh ist nur für einen kleinen Gastauftritt zu sehen und am Ende auch überflüssig. Hier hätte man sich etwas mehr Mühe geben können, dennoch freut es mich, dass Frank Grillo endlich mal seinen großen Auftritt bekommen hat. Zwar hat der Schauspieler bisher bereits mit dem Netflix-Vehikel WHEELMAN (2017), den beiden Sequels THE PURGE: ANARCHY (2014) und THE PURGE: ELECTION YEAR (2016) und seiner Rolle als Brock Rumlow im Marvel Cinematic Universe für mehr empfohlen, allerdings dümpelt und prügelt er vorzugsweise durch kostengünstige Grabbeltisch-Titel. Hier kann er nun endlich mal zeigen was er kann und macht dabei eine ziemlich gute Figur. Die Rolle des abgefuckten Bad-Ass meistert Grillo mit jeder Menge Lässigkeit und guter Physis oder es mit seinen Worten zu sagen: „Liam Neeson spielt nur den harten Kerl, Ich bin der harte Kerl!“

Auch das Produktionsvolumen ist ausreichend. Zwar sieht man BOSS LEVEL an, dass sich dahinter kein Multimillionen US-Dollar Budget verbirgt, die Schauwerte sind, trotz einiger mittelmäßiger CGI-Einsätze, doch zufriedenstellend, vor allem, da das Tempo so hoch ist, dass man kaum Zeit hat darüber nachzudenken. Alle, die nun Lust auf den Film haben, können sich ihn ab sofort Digital auf den Bildschirm holen. Die Blu-ray erscheint bei Leonine Studios und bietet, bis auf den Trailer, leider keine Extras.

Fazit:

Don’t fuck with Frank Grillo! BOSS LEVEL (2021) bietet dem versierten Action-Recken die längst überfällige Bühne, auf der er mit Leichtigkeit besteht. Der flotte Zeitschleifen-Actioner ist unterhaltsames, temporeiches und extrem spaßiges Jungskino mit wenig Tiefgang aber der nötigen Portion Kreativität. Wahrscheinlich der beste Actionfilm, der in diesem Jahr bisher erschienen ist!

Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen

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