I wanna be daylight in your eyes, I wanna be sunlight only warmer… Es ist schon verflucht. Jedes Mal, wenn ich an das vorliegende Stallone-Vehikel denke, summt diese Todesmelodie in meinem Kopf. Dabei gibt es einen gravierenden Unterschied. Während es sich bei „Daylight in your eyes“ um einen katastrophalen Song einer zusammengewürfelten Hupfdohlenkombo handelt, ist Rob Cohens Actionstreifen ein Katastrophenfilm – ein gewaltiger Unterschied. Zum 25 jährigen Jubiläum erschien nun ein qualitativ aufgepimptes Update mit zahlreichen Extras aus dem Hause TURBINE MEDIEN GMBH.

Regie: Rob Cohen

Darsteller: Sylvester Stallone, Amy Brenneman, Stan Shaw, Viggo Mortensen, Dan Hedaya, Danielle Harris, Sage Stallone

Artikel von Christian Jürs

Es ist eigentlich ein stinknormaler Abend in Manhattan. Die Straßen sind überfüllt in der Rush Hour, auf denen die Menschen gewohnt gestresst unterwegs sind. Zwei Ereignisse jedoch überschneiden sich, die schließlich zur großen Katastrophe führen werden, die als dramatische Ausgangsposition von Daylight dienen wird. So befinden sich mehrere Laster mit illegalem Giftmüll beladen auf der Straße, während zeitgleich eine dreiköpfige Gruppe Punks (oder das, was Hollywood anno 1996 für Punks hielt) einen Juwelenhändler ausrauben und ihm das Auto klauen. Von der Polizei verfolgt, rasen die Diebe in den Holland Tunnel, der unter dem Hudson River hindurchführt. Dort krachen sie in einen der Laster und lösen damit eine Kettenreaktion aus, die zu einer gewaltigen Explosion führt, bei der es hunderte Tote und Verletzte zu beklagen gibt. Die Enden der Tunnel stürzen dabei ein. Nur eine kleine Gruppe von Menschen befindet sich noch unversehrt im Inneren des Tunnels. Doch das eindringende Wasser und die knapp werdende Luft scheinen ihr Schicksal besiegeln…

…wäre da nicht Taxifahrer Kit Latura (Sylvester Stallone) – der richtige Mann am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Der erreicht den Tunnel nicht nur zum Zeitpunkt der Explosion, er war sogar bis vor Kurzem noch Einsatzleiter des Katastrophenschutzes. Als dieser leitete er einst eine Übung innerhalb des Tunnels, für den unwahrscheinlichen Fall, dass eines Tages ein solcher Unfall stattfinden würde. Die Welt ist in Hollywood halt ein Dorf. Blöd natürlich, dass er einst eine falsche Entscheidung traf, die einige seiner Kollegen das Leben kosten sollte, woraufhin er zum Taxifahrer degradiert wurde. Blöd auch, dass der jetzige Einsatzleiter (Mark Rolston) ein arrogantes Arschloch ist, der keinen Pfifferling auf die Meinung Laturas gibt. Pech für den Einsatzleiter, denn so gibt er fix den Löffel ab und bringt Latura somit wieder ins Spiel. Der sieht nur einen Weg, die Gefangenen aus dem Inferno zu retten. Er muss selbst durch den Lüftungsschacht hinein gehen…

Natürlich ist dies eine Ausgangsposition nach dem Drehbuch-Einmaleins des Katastrophenfilmszenarios, welches man aus den Siebzigern zuhauf kennt. Selbiges gilt übrigens für die eingeschlossenen Figuren im Tunnel, die das Flammeninferno überstanden haben. Da hätten wir die erfolglose Theaterautorin Madelyne Thompson (Amy Brenneman), die dem Big Apple enttäuscht den Rücken zukehren möchte und in den folgenden knapp zwei Stunden über sich hinauswachsen muss. Dann wäre da noch der erfolgreiche und extrem arrogante Extremsportler und Geschäftsmann Roy Nord (Viggo Mortensen), der nur auf eine Person hört: sich selbst (was seine Lebenserwartung logischerweise enorm schmälert). Außerdem haben wir die Familie Crighton, bestehend aus dem einst untreuen Papa Steven (Jay O. Sanders), seiner nervlich schnell belasteten Frau Sarah (Karen Young) und der Teenagertochter Ashley (Danielle Harris), die durch das Unglück wieder zusammenhalten müssen. Des weiteren befindet sich das alternde Ehepaar Eleanor (Claire Bloom) und Roger Trilling (Colin Fox) samt Hund im Tunnel, die einst ihren Sohn auf tragische Weise verloren. Auch ein Gefangenentransport mit einer Gruppe Kleingangster darin (darunter u.a. der leider nicht mehr unter uns weilende Sohn des Hauptdarstellers Sage Stallone) und zuletzt der Tunnelwachposten George Tyrell (Stan Shaw), dessen große Liebe Grace (Vanessa Bell Calloway) im Kontrollzentrum des Tunnels, zusammen mit dem besonnenen Leiter Norman Bassett (Barry Newman), arbeitet. Eine illustre Truppe halt, von denen selbstredend nicht alle das rettende Daylight wiedersehen werden.

Natürlich ist der Film von vorne bis hinten klischeebehaftet und erinnert an die Soap Operas der Traumfabrik. Auch der Weg in den Tunnel, den Stallone beschreiten muss, ist alles andere als realistisch. So muss er, nachdem sein Ex-Kollege Frank Kraft (Dan Hedaya) reumutig einen Fehler eingesteht, als er damals gegen Kit Latura (was für ein Name!) aussagte, seinen Weg durch den Lüftungsschacht erkämpfen. Dieser besteht aus vier Ventilatoren, die selbstredend nicht manuell gesteuert werden können. Stattdessen starten diese, sofern man sie einmal gestoppt hat, nach kurzer Zeit im 15 Sekunden Intervall nacheinander wieder neu. Netterweise haben die Konstrukteure extra für Stallone und den Zuschauer einen fetten, roten Digitalcounter in die Wand eingebaut, der die herunterlaufenden Sekunden mahnend anzeigt. Im Tunnel angekommen, muss sich unser Held dann mit den stereotypen Figuren herumschlagen, während eine Todesfalle nach der anderen auf dem Weg nach draußen auf die Truppe wartet.

Ich gebe zu, es liest sich alles recht doof, was uns hier geboten wird und genau dies war wohl auch der Grund, warum Daylight an der Kinokasse hinter den Erwartungen zurückblieb und Stallones Karriere, die sich auf einem absteigenden Ast befand, einen für viele Jahre bleibenden Schaden verpasste, den er auch mit dem im Folgejahr veröffentlichten Cop Land, der von den Kritikern hochgelobt wurde, nicht mehr ausbügeln konnte. Das Publikum war Stallone-müde und so gelang ihm erst zehn Jahre später, mit dem großartigen Rocky Balboa, ein weiteres Comeback.

Dabei hat Daylight diese Schelte gar nicht verdient, denn meist wesentlich erfolgreicheren Mitbewerber im Bereich Katastrophenfilm zu dieser Zeit, waren inhaltlich nicht gehaltvoller. Egal ob Dantes Peak, Armageddon, Volcano oder Twister – sie alle bestachen nicht durch ihr oscarwürdiges Drehbuch. Müssen sie auch nicht, denn hier steht der Spaß an den Nägelkau-Situationen an erster Stelle. Und genau da kann Daylight einige Punktlandungen verbuchen. Es ist ständig was los im Holland Tunnel, der in den Cinecitta Studios in Rom genial nachgebaut wurde. Das Setting, inklusive losgelöster Tanks, platzender Wände und von überall hereingepusteter Feuerwände ist eine Wucht, zumal hier weitestgehend alles in Handarbeit entstand. Lediglich bei der finalen Sprengung gibt es einen mittelprächtig aussehenden Digitalsog im Wasser, der Rest ist tricktechnisch erstaunlich sehenswert.

Regisseur Rob Cohen war 1996 ein fleißiges Lieschen, inszenierte er zu dieser Zeit ebenfalls den kürzlich hier besprochenen Dragonheart, den Turbine Medien GmbH ebenfalls mit einer wundervollen Neuauflage zum 25 jährigen Jubiläum bedacht hat. Wie auch bei dem Fantasyabenteuer, ist auch hier die Neuanschaffung absolut lohnenswert und degradiert die alte Blu-ray aus dem Hause Universal Pictures zum besseren Bierdeckel. Das neue HD-Master (1,85:1 / 1080p24 Full HD) sieht fantastisch aus und der neue Tonupmix (wahlweise in Dolby Atmos 7.1.4 oder in AURO-3D 11.1) ist auch hier eine Wucht, die eher nach aktuellem Hollywoodblockbuster, denn nach Klassiker von vor einem viertel Jahrhundert klingt. Absolut großartig.

Natürlich gibt es auch hier wieder reichhaltiges Bonusmaterial. Neben einem Audiokommentar von Regisseur Rob Cohen (The Fast and the Furious) gibt es ein 33 minütiges Making-of, zwei weitere Featurettes, ein Interview mit Make Up Artist Giannetto De Rossi (Woodoo – Schreckensinsel der Zombies / Dune – Der Wüstenplanet), eine Bildergalerie, Teaser und Trailer und ein fettes Booklet von Autor Tobias Hohmann, inkl. Vorwort und Interview mit Rob Cohen.

Daylight ist bestes Popcornfutter aus vergangenen Kinojahren, das effektetechnisch, dank vieler handgemachter Bauten und nur zaghaft eingesetzter Digitaltechnik (hinter der immerhin Industrial Light and Magic steckt), immer noch recht frisch wirkt. Die tolle Bild- und Tonqualität verstärkt diesen Eindruck. Wer Katastrophenfilme mag, der wird hier bestens bedient.

Trailer:

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