Busch Media hat mit ihrer jüngsten Veröffentlichung einen vermeintlich besonderen Leckerbissen für Trash-Liebhaber auf den deutschen Heimkino-Markt geworfen. In BULLETS OF JUSTICE (2019) wird ordentlich aufgedreht, vereint der bulgarisch-kasachische Endzeit-Exploitationfilm doch so ziemlich jede Geschmacklosigkeit, die sich der lechzende Grindhouse-Fan wünscht. Ob das einen guten Film zur Folge hat, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Originaltitel: Bullets of Justice
Drehbuch: Valeri Milev, Timur Turisbekov
Regie: Valeri Milev
Darsteller: Timur Turisbekov, Doroteya Toleva, Danny Trejo, Yana Marinova, Neli Andonova…
Artikel von Christopher Feldmann
Das Modell des Crowdfunding ist eigentlich eine gute Sache. Mittels entsprechender Kampagnen ist es Filmemachern aus dem Low-Budget-Sektor möglich, ihre Herzensprojekte direkt von den potenziellen Fans kofinanzieren zu lassen, wenn es am Budget hapert. Filme wie IRON SKY (2012) oder jüngst SKY SHARKS (2021) beweisen, dass besonders aberwitzige und gewollt trashige Konzepte besonders beliebt sind und sich perfekt dafür eignen, Geld von der Zuschauerschaft zu generieren. Mit BULLETS OF JUSTICE (2019) erscheint nun der neue Streifen des bulgarischen Regisseurs Valeri Milev, der bereits Reißer wie RE-KILL (2015) mit Scott Adkins und das Backwood-Splatter-Sequel WRONG TURN 6: LAST RESORT (2014) verbrochen hat, und kann dabei auf eine ähnliche Historie zurückblicken. Ursprünglich als Kurzfilm konzipiert und präsentiert, kratzte der Regisseur und Drehbuchautor fehlendes Budget über spendable Trash-Fans zusammen, um seine wilde Idee zu einem Spielfilm aufzublasen. Dass sich derartige Geschichten vielleicht doch eher für eine kurze Laufzeit eignen, beweist der günstig produzierte Endzeit-Horror-Action-Mix ganz hervorragend, denn wem einzelne abgefahrene Absurditäten zu wenig sind, um sich 80 Minuten berieseln zu lassen, der sollte dieses Werk am besten links liegen lassen!
Handlung:
Während des Dritten Weltkrieges, als die Spannungen und Kämpfe in ihren Höhepunkt gipfelten – insbesondere durch Russland und den USA – entschloss sich die Supermacht USA für ein ultra-mega-geheimes Projekt mit dem Namen “ArmyBacon”. Übersoldaten. Die genetisch überlegende Kreuzung zwischen Mensch und Schwein. Doch der Übersoldat war in der Tat überlegen. Innerhalb von nur 25 Jahren kämpften und mampften sich die weiterentwickelten “Muzzles” an die Spitze der Nahrungskette. So verkümmerte der Mensch zur Nahrungsquelle und wurde dadurch gehalten. Nur eine kleine Gruppe stellt sich den Muzzles entgegen – eine Untergrundrebellion und das Bountyhunter-Geschwisterpaar Justice. Rob Justice (Timor Turisbekov), gesegnet mit dem zweithübschesten Hintern der Welt, geht mit seiner schnurrbarttragenden Schwester Nina Justice (Yana Marinova) auf Muzzle-Jagd, um die Mutter aller Schweine ausfindig und ihr ein für alle Mal den Gar auszumachen.
Ihr merkt schon, BULLETS OF JUSTICE bohrt dicke Bretter und macht schon gleich bei seinem Auftakt klar, dass hier mit Allem zu rechnen ist. Schweinemutanten, die sich vor dem Kopfschuss in die Hose scheißen oder auch mal mit Jet-Pack und Gatling-Gun bewaffnet das Feuer aus der Luft eröffnen. Auch im weiteren Verlauf spielt das Drehbuch, für das sich der Regisseur Milev und sein Hauptdarsteller Timor Turisbekov verantwortlich zeichnen, zahlreiche abgefahrene Ideen aus. Egal ob inzestuöser und ungewohnt expliziter Sex oder Kreaturen, die den Allerwertesten am Kopf tragen und passenderweise „Asshole“ genannt werden, während ihnen beim kommunizieren der Kot aus der Öffnung sifft, dieser Film ist sich für nichts zu schade und stellt seine offenkundig bekloppte Prämisse mit viel Energie zur Schau.
Wem diese Elemente genügen, um 80 Minuten anspruchslosen Spaß zu haben, der dürfte bei BULLETS OF JUSTICE gut aufgehoben sein, alle anderen werden besonders in Bezug auf die mangelhafte Dramaturgie mit der Stirn runzeln, denn abseits der Absurditäten hat die Geschichte, die wie ein Mix aus ANIMAL FARM (1954), MAD MAX (1979) und den derbsten Elementen des Grindhouse-Kinos daherkommt, recht wenig zu bieten. Es wirkt fast so, als hätten die Macher bei allen Ideen vergessen, eine zumindest halbwegs kohärente Geschichte drumherum zu schustern. Szenenabfolgen wirken willkürlich und immer wieder scheint es, als wisse der Film nicht, ob er nun witzig oder ernst sein möchte. Natürlich muss man bei solch einem Genre mit einem anderen Maß messen, kommt es doch lediglich auf den Unterhaltungswert und die Crazyness an und nicht auf ein tiefschürfendes Drehbuch oder Charakterdarsteller. Allerdings brauch auch guter Trash ein wenig Herzblut und die besten Trashfilme sind eben jene, die von vorneherein ernst gemeint sind aber in ihrer künstlerischen Umsetzung scheitern. Hier haben wir nun mal die Kategorie „kalkulierter Trash“, der mit derart viel Schwachsinn und Extremitäten versucht, ein Publikum zu bedienen, die auch den neuesten Stinker aus dem Hause The Asylum abfeiern oder beim Trailer zu SKY SHARKS schon ein feuchtes Höschen bekommen. Ein Publikum, zu dem ich nicht gehöre, weshalb auch BULLETS OF JUSTICE so gar nicht meine Tasse Tee ist, in erster Linie, weil ich aus dem Alter heraus bin, in dem solche Ideen ein Kaufargument darstellen.
Der ganz große Schwachpunkt, der dafür sorgte, dass ich BULLETS OF JUSTICE fast nicht durchgehalten habe, ist der Look und die Inszenierung. Gemessen am niedrigen Budget muss man Abstriche machen, keine Frage, aber wer zur Hölle hielt es für eine gute Idee, den ganzen Film mit diesem entsättigten Instagram-Filter nachzubearbeiten? Allein schon die Optik ist wirklich hässlich und war dafür verantwortlich, dass mir die Lust auf diesen Quatsch schnell abhanden kam. Dazu gesellen sich schlechte Kameraarbeit und ein völlig wirrer Schnitt, der dafür sorgt, dass diverse Szenen völlig wirr wirken. Natürlich gibt es auch diverse CGI-Effekte aber auch praktisches zu bewundern. Die Güte jener Tricks ist meistens eher unterirdisch, teilweise aber auch für solch einen Streifen ganz okay. Abgerundet wird die Nummer von einem hanebüchenen Twist, der völlig deplatziert ist. Die Schauspieler agieren auf Amateur-Niveau, das einzige bekannte Gesicht ist lediglich Danny Trejo. Allerdings sollte man das blinzeln vermeiden, sonst läuft man Gefahr den MACHETE-Star zu verpassen, der seine zwei Minuten umfassenden Szenen vermutlich an einem Nachmittag abgedreht hat. Warum sich der Kult-Mexikaner und C-Movie-Recke hierfür nach Bulgarien begeben hat, ist nicht überliefert aber Trejo scheint sowieso alle Anfragen anzunehmen, sofern der Terminkalender nicht vollends gefüllt ist.
Busch Media haben sich nicht lumpen lassen und dem Film eine aufwendige Veröffentlichung spendiert. Trash-Fans dürften mit dem Mediabook glücklich werden, welches neben der Blu-ray noch eine Bonus-Disc beinhaltet, auf der der zu Grunde liegende Kurzfilm PIGS, sowie ein Behind-the-Scenes-Clip und zwei Musikvideos zu finden sind. Ein Booklet gibt es noch obendrauf. Für den schmalen Geldbeutel gibt es aber dankenswerterweise noch die Keep-Case-Variante, die neben einer Trailershow leider keine Extras bietet.
Fazit:
Filmliebhaber, denen es ausschließlich um möglichst wilde Ideen und ordentlich explizite Effekte geht, können an BULLETS OF JUSTICE (2019) ihren Spaß haben. Der Rest der Zuschauerschaft, die sowieso kein Faible für kalkulierten Trash haben und schon bei der grauen Ostblock-Optik entnervt aufstoßen, sollte besser zu einem anderen Film greifen.
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