„Und täglich grüßt der Slacker-Typ!“. Bill Murray ist längst nicht mehr der einzige, der sich in einer Zeitschleife zurechtfinden musste, denn über die Jahre hinweg wurde diese zur beliebten Thematik für allerlei Filme in den unterschiedlichsten Genres. Mit PALM SPRINGS (2020) erscheint nun die neueste Variation der „Murmeltier-Mechanik“ über Leonine im Heimkino und konnte schon im Vorfeld durch zahlreiche Vorschusslorbeeren von sich reden machen. Ob die romantische Komödie diesen gerecht wird, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Palm Springs

Drehbuch: Andy Siara, Max Barbakow

Regie: Max Barbakow

Darsteller: Andy Samberg, Cristin Milioti, Meredith Hagner, Camila Mendes, Tyler Hoechlin, J.K. Simmons, Peter Gallagher…

Artikel von Christopher Feldmann

Stellt euch vor, ihr müsstet den heutigen Tag immer und immer wieder durchleben. Das wäre auf der anderen Seite ganz lustig, also zu wissen, dass rein gar nichts Konsequenzen hätte aber auf Dauer wahrscheinlich auch ziemlich eintönig. Dass man die Eintönigkeit clever variieren und somit unterhaltsam gestalten kann, haben in der Vergangenheit diverse Filme bewiesen, die sich das Thema „Zeitschleife“ zu Nutze gemacht haben. An vorderster Front steht natürlich Harold Ramis‘ legendärer Komödien-Klassiker UND TÄGLICH GRÜßT DAS MURMELTIER (1993) mit Bill Murray, der als zynischer Wetteransager den meistgehassten Tag im Jahr immer wieder aufs Neue erleben muss. Dass sich diese Prämisse auch gut auf andere Genres übertragen lässt, bewiesen Filme wie RETROACTIVE (1997) mit James Belushi oder der Science-Fiction-Kracher EDGE OF TOMORROW (2014), in dem es Tom Cruise mit Aliens aufnehmen muss, immer und immer wieder. Erst kürzlich haben wir euch BOSS LEVEL (2020) mit B-Recke Frank Grillo vorgestellt, der überraschend gezeigt hat, dass man das Konzept sogar in eine launige Actionkomödie verpacken kann. Mit PALM SPRINGS (2020) bekommen wir nicht nur den zweiten Zeitschleifenfilm des Jahres, sondern auch zur Abwechslung mal wieder eine romantische Komödie serviert. Wer jetzt mutmaßt, dass dieses spezifische Subgenre seinen Zenit überschritten hat und man nur wenig Innovation erwarten kann, befindet sich auf dem falschen Dampfer. PALM SPRINGS ist einer hervorragend leichtfüßige, witzige, clevere und herzliche Romanze, die gänzlich frei von Kitsch zu begeistern weiß und vermutlich eine der besten Komödien darstellt, die es in diesem Jahr zu sehen gibt.

Handlung:

Seit Nyles (Andy Samberg) eines Abends eine mysteriöse Höhle betreten hat, ist er in einer Zeitschleife gefangen. Jeden Tag wacht er in Palm Springs auf, um dort mit seiner nervigen Freundin Misty (Meredith Hagner) an der Hochzeit von Tala (Camila Mendes) und Abe (Tyler Hoechlin) teilzunehmen. Der Hochzeitstag verläuft immer gleich und nach einer gefühlten Ewigkeit hat Nyles es aufgegeben, einen Ausweg zu finden und sich mit seinem Schicksal arrangiert. Mittlerweile trägt er nicht mal mehr einen Anzug, sondern kreuzt nur noch im Slacker-Outfit bei den Feierlichkeiten auf, die Bierdose immer am Mann. Eines Abends startet er einen Annäherungsversuch bei Sarah (Cristin Milioti), der Schwester der Braut, die durch einen nicht ganz schmerzfreien Zwischenfall selbst in besagter Höhle landet und von nun an ebenfalls in der Zeitschleife gefangen ist. Während Nyles dem verwirrten Neuankömmling die Vorteile seiner Situation aufzeigt, beschließt Sarah sich nicht damit abzufinden, sondern einen Ausweg zu suchen.

Die Frage aller Fragen: Bietet PALM SPRINGS tatsächlich etwas Neues? Im Grunde genommen nicht, haben wir es hier doch mit einer klassischen Selbstfindungsgeschichte zweier Charaktere zu tun, die erst den eigenen Sinn des, ihrerseits dahin dümpelnden, Lebens ergründen müssen, um natürlich später zueinander zu finden. Eine Geschichte, die man in der Filmgeschichte schon häufig zu erzählen vermochte, allerdings noch nicht in dieser speziellen Form. Dass man der Hauptfigur in ihrem Zeitschleifen-Dilemma einen passenden Konterpart zur Seite stellt, erweist sich als einfacher wie auch genialer Kniff. Während Nyles schon einer Art Profi darstellt, was das Leben im Time-Loop betrifft, wird Sarah der Posten des Frischlings zu Teil, der sich erst einmal zurecht finden muss und die obligatorischen Phasen des Unverständnisses und der Wut durchlebt. Das führt zu großartigen wie auch lässigen Pointen, die das Drehbuch in akuter Regelmäßigkeit auf den Zuschauer loslässt.

Die beiden Protagonisten erweisen sich als ganz wunderbare Figuren, mit denen man gerne abhängt und deren Gefühlswelt für einige herzerwärmende aber auch tragisch komische Szenen sorgen. Das Drehbuch von Andy Siara ist relativ clever und spielt gekonnt mit der Zeitschleifen-Thematik, holt sogar ganz neue Facetten aus dem Stoff heraus. So muss sich Nyles immer wieder mit dem aggressiven Roy auseinandersetzen, der durch Nyles Verschulden den Tag ebenfalls immer wieder durchleben muss und aus diesem Grund seinen Frust an diesem abarbeitet, indem er ihn regelmäßig tötet. Weil dies aber schon eine ganze Ewigkeit her ist, kommt Roy nur alle paar Wochen vorbei. Eine wirklich witzige Komponente, die auch nochmal schwarzen Humor in die Geschichte einbringt. Auch darüber hinaus streut Siara den ein oder anderen Twist ein, der den Plot, insbesondere die Beziehung der beiden Protagonisten auf eine harte Probe stellt, so dass man, trotz aller Lacher und Feel-Good-Vibes, mit ihnen mitfühlt. Hier hat man wirklich die Kernelemente des Genres genutzt, um sie clever zu brechen und zu variieren, ein Umstand, den man heutzutage selten vorfindet.

Mit gerade einmal 90 Minuten Laufzeit ist PALM SPRINGS auch dankenswerterweise knackig geraten. Der Plot kommt schnell auf den Punkt und verstrickt sich nicht in ausgedehnten Nichtigkeiten, die den Erzählfluss unnötig ausbremsen. Ganz hervorragend sind zudem die Darsteller, die einen großen Teil dazu beitragen, dass der Film so wunderbar funktioniert. Comedian und THE-LONELY-ISLAND-Frontmann Andy Samberg, der seit 2013 in der Sitcom BROOKLYN NINE-NINE zu sehen ist, verkörpert mit Perfektion den Slacker vom Dienst, der sich mit einer positiven Gleichgültigkeit dem Lauf der Dinge untergeordnet hat. Samberg besitzt ein hervorragendes Timing und weiß den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Gleiches gilt für Cristin Milioti, die die meisten Zuschauer noch als titelgebende Mutter in der Sitcom HOW I MET YOUR MOTHER (2005-2014) kennen dürften. Sie bildet das perfekte weibliche Pendent zu Samberg, was in einer nahezu unwiderstehlichen Chemie mündet, die so authentisch ist, dass man am liebsten selbst in den Film springen möchte, um mit den Beiden abzuhängen. Die restliche Besetzung bleibt, trotz bekannter Namen wie Tyler Hoechlin, Peter Gallagher oder Meredith Hagner, eher im Hintergrund. Den denkwürdigsten Part abseits der Hauptfiguren legt allerdings J.K. Simmons aufs Parkett. Als dem Kokain zugeneigter Familienvater Roy sorgt der 66-jährige Schauspieler für das Sahnehäubchen.

PALM SPRINGS erntete bei seiner Premiere auf dem Sundance Film Festival begeisterte Reaktionen von Zuschauern und Kritikern und wurde als neuer Geheimtipp gehandelt. Leider verhinderte die Corona-Pandemie einen breiten Kinostart und so wanderte die Komödie in das Programm des Streaming-Anbieters Hulu. Eigentlich schade, denn die charmante Zeitschleifen-Romanze hätte das Zeug zum Hit gehabt. Nach der hiesigen Erstaufführung beim letztjährigen Fantasy Film Fest, erscheint sie nun im deutschsprachigen Raum als Heimkino-Premiere. Immerhin ist der Termin im Juli angesetzt, denn PALM SPRINGS ist der perfekte Sommer-Film, kreiert Regisseur Max Barbakow doch eine wohlig warme, sowie losgelöste Atmosphäre, die sich direkt auf den Zuschauer überträgt. Wer in der Lage ist, im heimischen Garten mit Leinwand und Beamer einen Filmabend unter freiem Himmel zu veranstalten, dem sollte gesagt sein: Das ist euer Film!

Die Blu-ray erscheint über Leonine im Heimkino. Uns lag eine DVD-Version vor, die mit guter Bild- und Tonqualität überzeugen konnte. Extras sind leider keine vorhanden.

Fazit:

PALM SPRINGS (2020) ist mittlerweile kein Geheimtipp mehr, wird die Komödie doch überall positiv hervorgehoben. Zu Recht, gewinnen die Macher der bekannten Zeitschleifen-Thematik doch einige neue Facetten und Kniffe ab und liefern eine schwer unterhaltsame, clevere und angenehm herzliche Rom-Com, die als idealer Crowdpleaser funktioniert. Der Sommerfilm 2021!

Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen

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