Das Haustier ist des Menschen bester Freund. Jene, die eine starke Bindung zum hauseigenen Vierbeiner aufgebaut haben, können schon mal aus der Bahn geworfen werden, wenn dieser das Zeitliche segnet. Langfilm-Debütant Dave Jackson treibt dieses Gefühl in seinem Low-Budget-Sicko CAT SICK BLUES (2015) in ungeahnte Höhen, wenn der Protagonist im Katzenkostüm zum extremen Serienkiller mutiert. Busch Media Group hat den verstörenden, surrealen Horror-Trip nun hierzulande ungeschnitten veröffentlicht und ob es sich hier um einen neuen Geheimtipp für Freunde des abseitigen Kinos handelt oder doch nur um ein geschmackloses Exploitation-Fest, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Cat Sick Blues

Drehbuch: Andrew Gallacher, Dave Jackson

Regie: Dave Jackson

Darsteller: Matthew C. Vaughan, Meg Spencer, Jeni Bezuidenhout, Danae Swinburne, Rob Alec…

Artikel von Christopher Feldmann

Jeder, der ein Haustier besitzt oder mal eines besessen hat weiß nur zu gut wie sehr einem das Tierchen ans Herz wachsen kann. Nicht nur Hunde können zum fest akzeptierten Familienmitglied werden, auch Katzen haben ihre Daseinsberechtigung. Auch in meinem Haushalt tummeln sich zwei Fellknäule (die eigentlich meiner Freundin gehören) und ich möchte beide nicht mehr missen. Irgendwann kommt dann aber der Tag der Tage, denn auch Tiere leben nicht ewig, ist ihnen doch im Vergleich zum Menschen nur ein kurzes Dasein vergönnt. Der australische Low-Budget-Film CAT SICK BLUES (2015) beschäftigt sich im Kern mit dem Verlust der liebgewonnen Hauskatze und nutzt dies als Set-Up für einen, wenn nicht sogar DEN verstörendsten Film, den es in diesem Jahr im Heimkino zu ergattern gibt. Denn auch wenn interessante Zwischentöne vorhanden sind, insgesamt ist der experimentelle und exzentrische Schocker nur etwas für die hartgesottene Fraktion.

Handlung:

Als Teds (Matthew C. Vaughan) geliebte Katze Patrick stirbt, erleidet der junge Mann einen Nervenzusammenbruch. In dem Irrglauben, durch den Tod von neun Menschenleben das Haustier wieder zum Leben erwecken zu können, begibt er sich auf einen blutigen Raubzug. Ausgestattet mit Katzenmaske, XXL-Phallus und messerscharfen Krallen metzelt sich Ted durch das nächtliche Melbourne. Eine Frau nach der anderen wird auf bestialischste Weise ermordet. Geht es Ted wirklich um die Wiedergeburt seiner Katze oder ist das Töten schon längst zu einer perversen Obsession geworden? Als auch noch die junge Claire (Meg Spencer) in Teds Leben tritt, die ebenfalls über den Verlust ihrer Katze trauert, spitzt sich die Situation dramatisch zu.

Regisseur und Co-Autor Dave Jackson zeichnet in seinem Langfilm-Debüt die Psychose und Obsession eines Mannes, Ted, der nach dem Ableben seiner Hauskatze einen Nervenzusammenbruch erlitten hat und nun in der Wahnvorstellung lebt, er könne durch neun Menschenopfer sein liebstes Schmusetier wieder auferstehen lassen. Das ist natürlich absoluter Quatsch aber im Kern ähnlich entrückt und abseitig wie das kultige Slasher-Psychogramm MANIAC (1980) von William Lustig, der sich unter der Oberfläche eines blutigen Gewaltrauschs auch mit dem gestörten Geist eines Frauenmörders auseinandersetzt. Man könnte behaupten, CAT SICK BLUES sei eine Hommage an den ehemaligen 131er-Klassiker, allerdings schaltet der Regisseur nochmal drei Gänge hoch. Ted ist nämlich nicht nur ein geisteskranker Psychopath, der auf bestialischste Art und Weise Frauen abschlachtet, sondern tut dies auch noch mit sexuell motivierter Brutalität, und das mit (zu kurzem) rotem T-Shirt, Katzenmaske, Krallen-Handschuhen und einem, mit Widerhaken versehenen, XXL-Katzenpenis, den er sich als Dildo umgeschnallt hat. Das sieht auf den ersten Blick etwas lächerlich aus und auch das erste Opfer kann sich ein Lachen beim Anblick des schlaksigen Katzenliebhabers nicht verkneifen, dennoch erreicht der Film seine Wirkung, denn die Gewaltausbrüche sind schonungslos und verstörend.

Wenn einem Opfer das Gesicht zertrümmert wird, hält die Kamera gnadenlos drauf und wenn Ted im Schlafraum eines Hostels wütet, dann lässt Jackson das Kunstblut literweise spritzen, bis hin zu einem Blowjob der besonders fiesen Art. CAT SICK BLUES suhlt sich wirklich in exploitativer Gewalt und versucht seinen Zuschauern so viel wie möglich abzuverlangen, sind es doch nicht nur die harten Gore-Momente, die herausstechen, sondern auch die fast schon surreal anmutende, dreckige Atmosphäre, die der Streifen erzeugt. Auch die sexuelle Komponente spielt eine entscheidende Rolle. Nicht nur masturbiert Ted zu einem Cam-Girl, das sich als eine Art „Catwomen“ inszeniert, auch generell scheinen ihn Katzen oder auch nur Gespräche über Katzen zu erregen. Besonders die Begegnung mit Claire, deren Vierbeiner, der übrigens ein Internet-Star war, von einem psychopathischen Vergewaltiger aus dem Fenster geworfen wurde, entfesselt einen der weirdesten Trips, die ich jemals gesehen habe und mündet in einem wirklich ekligen Finale, das kurz vor Schluss nochmal einen irren Haken schlägt.

Das klingt jetzt ziemlich übel aber CAT SICK BLUES ist auch kein Film für zartbesaitete Gemüter, sondern nur etwas für abgebrühte Genrekenner, die gerne in den abseitigen Gefilden stöbern. Dave Jackson lotet sichtlich Grenzen aus, obwohl er es eigentlich gar nicht müsste, ist seine Geschichte im Kern doch eigentlich tief traurig und gerade die letzte Szene zeigt, dass hier so etwas wie HENRY: PORTRAIT OF A SERIAL KILLER (1986) drin steckt, was aber aufgrund der derben Exploitation-Keule, mit der hier zu Werke gegangen wird, nicht so richtig herausgearbeitet werden konnte. Weniger wäre vermutlich mehr gewesen und ich dachte mir nach gut zwei Dritteln des Films, dass er zwar seinen Zweck als Sicko erfüllt, als Serienkiller-Drama aber hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt. Es gibt Szenen, die eine wirkliche Nähe zum Protagonisten aufbauen, andere wiederum machen diese zunichte, einfach weil das Drehbuch Ted mit seinen perversen Obsessionen und seinen Zitter-Anfällen wirken lässt, als sei ein geistiger Defekt nicht von der Hand zu weisen. Das hätte der Film überhaupt nicht nötig gehabt, allerdings überwiegt einfach das verstörende Horror-Element, was auch dazu führt, dass Claire nicht so sehr zur Geltung kommt, obwohl ihre Geschichte ebenfalls tragische Züge an den Tag legt. CAT SICK BLUES bewegt sich zwischen den Stühlen, schlägt manchmal abwechselnd in beide Richtungen aus, ist schlussendlich aber mehr ein abartig an die Substanz gehender Schlag auf die eigenen Synapsen des guten Geschmacks. Dazu passt auch, dass die Darsteller oft in Richtig Over-Acting abdriften, auch wenn sie ihre Sache recht ordentlich machen.

Für den Film sammelte Jackson via Crowdfunding rund 14.5000 US-Dollar ein, viel mehr wird die Produktion auch nicht verschlungen haben. Und dennoch hat CAT SICK BLUES optische Qualitäten. Gerade in den surrealen Sequenzen offenbart sich das Talent des Regisseurs für geschickte Montagen, einprägsame Bilder und stimmungsvolle Momente. Die Szene, in der Ted im Hostel zu Werke geht, ist zwar schon ziemlich krass aber inszenatorisch beeindruckend, gerade wenn man bedenkt wie wenig Geld hier zur Verfügung stand. Auch die Gore-Effekte sind ziemlich gelungen, dafür gibt es aber auch Szenen, gerade die, die in Claires Wohnung spielen, die aussehen, als hätte sie jemand schnell mit dem Camcorder gefilmt. Es ist eben nicht alles Gold was glänzt, trotzdem ist das Herzblut sichtbar, mit dem jemand versucht hat, seine, nennen wir es mal „Vision“ umzusetzen.

Busch Media Group spendierte dem Streifen nun eine aufwendige Veröffentlichung. Neben der einfachen Blu-ray- und DVD-Variante hat sich das Label nicht lumpen lassen und auch ein schönes Mediabook gestaltet, das neben einem 18-seitigen Booklet auch ansprechendes Bonusmaterial wie etwa ein Behind-the-Scenes-Featurette, Musikvideos und den zu Grunde liegenden Kurzfilm zu bieten hat. Bild- und Tonqualität sind gut, wobei die Originalversion etwas rückständig klingt, was auch den geringen Mitteln geschuldet sein dürfte. Die deutsche Synchro klingt da schon professioneller. Zudem ist die VÖ ungeschnitten und mit einem SPIO-Kennzeichen versehen.

Fazit:

CAT SICK BLUES (2015) ist ein interessanter Film, allerdings auch nur für ein verträgliches Publikum geeignet. Zwar haben die psychologischen Ansätze etwas das Nachsehen, zu Gunsten der abstrusen und verstörenden Gewaltexszesse, insgesamt ist Dave Jackson jedoch ein Werk gelungen, das man sicher nicht so schnell wieder vergisst und das ist immerhin auch eine Leistung. Die Meisten werden den Film entweder lieben oder abscheulich finden, wer auf derartiges Futter steht, wird jedoch ausreichend bedient.

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