Das wurde aber auch Zeit. Bislang hierzulande nur als schäbiges Bootleg erhältlich (welches erschreckenderweise bei den Amazonen ganz schamlos angeboten wird), hat HANSESOUND MUSIK UND FILM GMBH ein Einsehen gehabt und endlich diese nett-harmlose Vampirkomödie mit Schönling George Hamilton nun offiziell ins digitale Zeitalter gewuchtet. Ob der Film heute noch Spaß bereitet oder im Abgang schmeckt wie eine ausgekochte Proletariersocke? Ich verrate es Euch.
Originaltitel: Love at First Bite
Regie: Stan Dragoti
Darsteller: George Hamilton, Susan St. James, Arte Johnson, Richard Benjamin, Dick Shawn
Artikel von Christian Jürs
Der Graf ist nicht das, was er mal war
Ja, der Graf wirkt heut‘ seltsam und bizarr
Ja, der Graf lebt von Blutkonserven, Ratten und Getier
Ja, der Graf ist kein Punkrocker, er ist Vampir
Die Ärzte
Damals, ja, damals, da erstarrten die Bewohner Transsylvaniens (aka Siebenbürgen) noch in (Ehr-)Furcht vor dem blutsaugenden Grafen Dracula (George Hamilton). Im ausgehenden, zwanzigsten Jahrhundert jedoch, waren die Menschen bereits abgeklärter und der Vampirfürst auch weit weniger bedrohlich. So haust er, zusammen mit seinem ihm ergebenen Diener Renfield (Arte Johnson), als trauriger Single in seinem Schloß, wo er Blut serviert in einem Weinglas genießt (keinesfalls gekühlt…brrrr).
Seine Gefolgschaft, die nächtlich heulenden Wölfe, gehen dem Grafen mittlerweile gehörig auf die Nerven („Hört Ihr mich, Kinder der Nacht? Hört auf!“) und seine Jahrhunderte andauernde Lebenszeit, die er tagsüber allein im Sarg verbringen muss, verwandelte die einstige Schreckensgestalt nach und nach in eine melancholische Kopie seiner selbst. Als ihm dann auch noch die Stadtverwaltung mitteilt, dass er binnen 24 Stunden seine Behausung räumen muss, da dort ein Fitnessstudio für Frauen entstehen soll, ist die Verzweiflung groß. Wohin soll er nun ziehen?
Die Antwort ist schnell gefunden: New York ist das Ziel seiner Umquartierung, denn dort lebt das bekannte Model Cindy Sontheim (Susan St. James), die Dracula in einem Modemagazin erblickte und die ihn frappierend an seine alte Liebe Mina Harker erinnert. Sie soll seine Auserkorene werden, um mit ihm eine über die Jahrhunderte andauernde Liebschaft zu führen. Zum Abschied wirft er dem Pöbel, der vor dem Schloß auf ihn wartet, noch die mahnenden Worte entgegen: „Ohne mich wird Transsylvanien ungefähr so aufregend sein wie eine politische Diskussion im Fernsehen!“, ehe er seine alte Heimat hinter sich lässt. Punkt, Satz und Sieg – Der Graf (nicht die Steffi).
Die Ankunft im modernen New York bringt allerdings bereits das erste Chaos mit sich. Am Flughafen wird der Sarg, den Renfield als Reisegepäck mit in den Flieger nahm, verwechselt. Und so schleppt der Diener des Grafen einen toten Farbigen mit sich, während Dracula die Trauerfeier dessen Hinterbliebenen sprengt, als er unvermittelt aus seinem Bett steigt und eigentlich das Hilton Hotel erwartet. KREISCH!
Immerhin gestaltet sich die Suche nach seiner Herzallerliebsten nicht als sonderlich schwierig – die Kontaktaufnahme jedoch schon. Verwandelt in einen streunenden Dobermann, nähert sich Dracula dem Model, welches sich gerade bei einem nächtlichen Fotoshooting im Central Park befindet. Dieses Unterfangen entpuppt sich jedoch als Fehler und so landet der arme Kerl im Hundezwinger.
Auch die Nahrungssuche gestaltet sich schwieriger als gedacht. Mutiert zur Fledermaus, macht eine arme, hungrige Familie Jagd auf den Blutfürsten, in der Annahme, er sei ein fettes, schwarzes Huhn. Da bleibt nur das Blut eines betrunkenen Bettlers, welches einen schweren Kater zur Folge hat.
Am nächsten Abend hat sein treuer Diener Renfield erstmals gute Nachrichten für Dracula, da er die Stammdiscothek von Cindy Sontheim ausgemacht hat, in der sie die Abende verbringt. Sogleich macht sich der Verliebte auf, seine Herzensdame zu treffen und landet eine Punktlandung. Noch am gleichen Abend nimmt die Gute ihn mit in ihr Appartment, um mit dem Casanova zu schlafen. Dabei entpuppt sich die Dame allerdings als trinkende und kiffende Lebefrau, die von Reinlichkeit in der eigenen Behausung wenig hält. Immerhin, der Liebesbiss des Grafen bescherrt ihr eine noch nie dagewesene, sexuelle Erfahrung. Es ist Liebe auf den ersten Biss.
Doch ganz so leicht gestaltet sich die Sache natürlich nicht. Dreimal muss Dracula sein Opfer beißen, damit sich Cindy ebenfalls in eine Kreatur der Nacht verwandelt. Dies versucht ihr Ex-Lover und behandelnder Analytiker Jeffrey Rosenberg (Richard Benjamin) jedoch mit aller Macht zu verhindern. Der ist nämlich der Enkel von Dr. van Helsing, Fritz van Helsing (lol), dem einstigen Erzfeind des Grafen Dracula. Selbstverständlich glaubt ihm zunächst niemand, was Rosenberg einen Aufenthalt in der Klapsmühle verschafft. Erst, als es einen Überfall auf die Blutbank durch Renfield und Dracula gibt, hat der ermittelnde Lieutenant Ferguson (Dick Shawn) ein Einsehen und stellt sich auf die Seite des Psychiaters…
Lediglich sechs Filme und eine Serienfolge inszenierte Regisseur Stan Dragoti und legte sich dabei auf Komödien fest, die allesamt ganz ordentlich, jedoch nie sensationell gerieten (u.a. Hände weg von meiner Tochter). Auch Liebe auf den ersten Biss ist mit Sicherheit kein Meisterwerk seiner Zeit, geriet aber zu einer launigen Slapstickkomödie, die niemals zotig daher kommt und deutlich sympathischer geriet als das spätere Mel Brooks Fiasko Dracula – Tot aber glücklich. Zu verdanken ist dies den sympathischen Schauspielern wie Richard Benjamin und Susan St. James. Vor allem aber ist es das köstliche Zusammenspiel von Arte Johnson und George Hamilton, welches diesen Film zu etwas Besonderem macht. Hier stimmt die Chemie einfach. Kein Film der großen Lacher, aber der angenehmen Schmunzler ist es geworden.
Dankenswerterweise hat die HanseSound Musik und Film GmbH ganze Arbeit geleistet. Die mir vorliegende Blu-ray-Variante besticht durch eine gute Bildqualität (1,85:1 / 1080p), punktet vor allem aber im Bereich des Tons. Der Film liegt nämlich nicht nur einfach in deutscher- und englischer Sprachfassung vor, es befinden sich auch noch gleich zwei Synchronfassungen an Bord. Zum Einen die TV-Synchronisation, die mit Michael Brenneke auf George Hamilton punkten kann, den wohl jeder als Clark Griswold bestens im Ohr hat. Sie bietet zudem den großartigen Arne Elsholtz auf Richard Benjamin. Diese Version liegt im sauberen Stereoton vor. Die Nase vorn, wenn auch nicht klanglich, hat allerdings die etwas dumpfere Mono-Kinosynchro, bei der Elsholtz einst für Dialogbuch und die Synchronregie verantwortlich war und die schlichtweg einfach stimmiger wirkt. Zwar bestritt der sympathische Sprecher hier nur zwei kleinere Nebenrollen, der Wortwitz funktioniert aber wesentlich besser und er verpasste Arte Johnson den phantastischen und unvergessenen Wolfgang Spier, der sich herrlich frotzelnd mit Claus Wilke auf George Hamilton ergänzt. Die englische Sprachfassung gibt´s in Mono obendrauf. Im Bonusbereich befinden sich diverse Trailer und ein Wendecover mit alternativem Motiv und ohne FSK-Flatschen.
Liebe auf den ersten Biss funktioniert auch heute noch als herrlich-harmlose Slapstickkomödie mit bestens aufgelegten Schauspielern. Kein Meilenstein der Filmgeschichte, sollte der Streifen trotzdem nicht in Vergessenheit geraten. Danke an HanseSound Musik und Film GmbH für die Rettung des Films ins 21. Jahrhundert.
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