Berliner Zeitkolorit pur! Und es ist einer der wenigen Filme, die kommentarlos den Absturz und Drogenkonsum von Menschen begleiten. Hier wird dreckig gefixt, hier wird beim kalten Entzug gekotzt, Ulli Edel hält drauf und verfolgt die hoffnungslose Liebe zwischen Detlef und Christiane, beide fixend im Elend dreckiger WCs am Bahnhof Zoo gefangen. Der Film bewertet das Geschehen nicht, er zeigt es einfach nur, denn hier gibt es nichts zu bewerten, der Ritt auf Heroin ist selbstredend und selbst zersetzend. Dazu noch David Bowie, der in diesem Film einen sehenswerten, minutenlangen Konzertauftritt hat. Berlin, Bowie, Heroin – EUROVIDEO bringt den deutschen Filmklassiker nun in bester Qualität (4K remastered) inklusive brandneuem Bonusmaterial heraus und spendiert Euch gleich noch zwei Blu-ray-Exemplare.   

Regie: Ulrich Edel

Darsteller: Natja Brunckhorst, Jens Kuphal, Thomas Haustein, David Bowie

Artikel von Kai Kinnert

Die 13-jährige Christiane F. lebt zusammen mit ihrer Mutter und Schwester in einer trostlosen Hochhaussiedlung in Berlin-Gropiusstadt. Um wenigstens zeitweilig den Familienproblemen zu entkommen raucht sie Hasch und wirft Trips. Doch dann steigt sie auf harte Drogen um und nimmt Heroin. Sie wird süchtig. Morgens geht sie in die Schule und nachmittags auf den Kinderstrich am Bahnhof Zoo, um sich das Geld für ihre Sucht zu beschaffen. Immer weiter gerät Christiane in den Sog aus Drogen und Prostitution. Und statt der vermeintlichen Freiheit bringt der Stoff nur Verfall und Tod, der auch einige ihrer engsten Freunde nicht verschont.

Der Film war nie tot zu kriegen. In meinen 19 Jahren als Mitarbeiter in einer der besten Videotheken der Welt, wurde ich immer wieder mal nach dem Titel gefragt. Meist von Frauen. Der Titel ist seit jeher populär, der Name stand für ein Schicksal und ist aufgrund seiner Inszenierung wahrscheinlich einer der ehrlichsten Drogenfilme überhaupt. Eigentlich ist die Nummer sogar unerträglich hart, folgt Ulli Edel doch nur der Spirale nach unten und beschönigt dabei nichts. Hier spritzt sich eine 13-jährige mit einer dreckigen Nadel Heroin, hier geht jemand vor die Hunde. Einen Ausweg zeigt der Film dabei nicht auf, da gibt es nichts, was den Absturz irgendwie auffängt, die Kamera ist eben dabei und leistet so Exploitation pur, wobei Ulli Edel seinen Streifen geschickt zusammenhält und die authentische Besetzung und Drehorte beinahe schmerzhaft wirken lässt.

Filmisch zeitlos wurde der Film allerdings erst durch den Einsatz von David Bowie. Seine Musik passt wie die Faust aufs Auge, in die Zeit der 1970er und auf Berlin sowieso. Im Sinne der Popkultur konnte man niemanden besseres als David Bowie für das Projekt gewinnen, der auch gleich voll einstieg. Da die echte Christiane 1976 ein Bowie Konzert in Berlin besuchte und Bowie Musik zu dem Film beisteuern wollte, konnte Ulli Edel mit Natja Brunckhorst die Szene mit dem Song Station to Station auf einem Bowie Konzert in New York nachdrehen. Drogen hin oder her, der Musikeinsatz von David Bowie ist fantastisch und sein Auftritt auf der Bühne, hautnah gefilmt, brillant. Wer Fan von Bowie ist, sollte bei diesem Film unbedingt seine Ohren spitzen. 

Doch ist dies nun ein guter Film? Musikalisch in jedem Falle. Bowie und Berlin sind eine natürliche Symbiose, Christiane ist Bowie-Fan und die Discothek, in der sie abhängt, spielt ihn ständig. Christiane F. bebildert ein Zeitgefühl des Herumtreibens, irgendwo zwischen Berliner Mauer, U-Bahn und Strich. Bowie ist der gefährliche Geniestreich in diesem Film. Denn der Sound passt so gut unter die Bilder des Films, das die Tendenz der Verherrlichung einer Drogenhölle zumindest in der Luft liegt. Aber diese Tendenz erfüllt sich nicht, Bowie bleibt in diesem Film ein erzählerisches Element, stark und mysteriös, er ist Teil des Absturzes.

Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo ist ein schnörkelloses Filmdrama, welches gerade durch seine Filmmusik und seine authentisch-schmutzige Inszenierung überzeugt. Auch nach 40 Jahren ist die Nummer noch immer hart. Freunde des stringenten Dramas kommen hier voll auf ihre Kosten, David Bowie Fans sowieso.

Das Bild der uns vorliegenden Sichtungs-Blu-ray ist makellos, satt und klar, der Ton ebenso. Als Extras gibt es einen Audiokommentar von Uli Edel, ein Interview mit Natja Brunckhorst, einen Einblick ins Casting und den Originaltrailer. Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte sind ebenfalls vorhanden.

Gewinnspiel:

EuroVideo spendiert zwei Blu-ray Exemplare für Euch. Um eine der Scheiben zu gewinnen, müsst Ihr lediglich eine Mail mit dem Betreff „Bahnhof“ an christian@die-medienhuren.de schreiben und darin folgende Gewinnspielfrage beantworten:

Welchen David Bowie Song sieht Christiane F. live auf der Bühne?

Die Antwort findet Ihr übrigens in der Kritik. Einsendeschluß ist der 06. April 2022 um 18 Uhr. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Amazon-Links:

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