Eat this, Katness Everdeen! – Ganze acht Jahre bevor die US-Schriftstellerin Suzanne Collins den ersten Roman ihrer Tribute von Panem-Reihe auf den Markt brachte, kam aus Japan diese bitterböse FIlmsatire mit erstaunlich ähnlicher Handlung und ohne angezogene Handbremse heraus. Auch Battle Royale basiert auf einem Roman. Beide Werke unterscheiden sich in einem Punkt gravierend von den anderen, bekannten Manhunt-Geschichten, denn hier sind es Kinder und Jugendliche, die sich gegenseitig massakrieren müssen. Aufgrund seiner expliziten Gewaltdarstellungen hatte der Film damals keine Chance bei FSK und Juristenkommission. Er erschien lediglich in einer Fassung, die trotz höchster Freigabe verstümmelter war als die Teenager, die darin auftraten. Kurzzeitig kam der Film sogar auf die Liste der beschlagnahmten Filme, doch CAPELIGHT PICTURES wehrte sich erfolgreich gegen die staatliche Zensur und erkämpfte dem Kultfilm schließlich sogar ungekürzt den Segen der Jugendschützer. Nun folgt hierzulande die Veröffentlichung in Ultra-HD, damit wir das Schlachtfest in voller Pracht genießen können. Mögen die Spiele beginnen und die Messer, Klingen und Knarren so scharf aussehen, wie niemals zuvor. Fight!
Originaltitel: Batoru rowaiaru
Alternativtitel: Battle Royale – Survival Program / Battle Royale – Nur einer kann überleben!
Regie: Kinji Fukasaku
Darsteller: Tatsuya Fujiwara, Aki Maeda, Takeshi Kitano, Ko Shibasaki, Chiaki Kuriyama
Artikel von Christian Jürs
Wisst Ihr noch, wie es uns damals vor dem Jahrtausendwechsel graute? Das Millenium sollte alle Computer crashen lassen und Big Brother stand auch noch in den Startlöchern. Heute kann man, mit Blick auf die aktuelle Lage, über derartige Probleme wohl nur noch schmunzeln. Battle Royale bildet da ein deutlich düstereres Bild aus der Zeit anno 2000. In der fiktiven Welt stehen Jugendkriminalität und Arbeitslosigkeit ganz oben auf der Sorgenliste. Japan droht vor die Hunde zu gehen. Sowas kann sich die Regierung natürlich nicht leisten und ruft daher das „BR-Gesetz“ ins Leben, welches den aufmüpfigen Jugendlichen, denen die Erwachsenen die Schuld an der Misere geben, wieder Marnieren beibringen soll.
Dieses Gesetz besagt, dass die Regierung jährlich eine Schulklasse willkürlich auswählen darf, die an einem schrecklichen und brutalen Spiel teilnehmen muss, bei dem es nur einen Gewinner, bzw. Überlebenden geben kann. Eine furchtbare Art, ein Exempel zu statuieren. Dieses Jahr trifft es die Klasse 9b der Shiroiwa-Mittelschule, die sich, dank einer gemeinsamen Schulschwänzaktion und einem tätlichen Angriff auf ihren ehemaligen Lehrer Kitano (Takeshi Kitano), die Teilnahme am Battle Royale quasi verdient haben. Doch davon ahnen die Kids nichts. Ihnen wird stattdessen ein Schulausflug vorgegaukelt. Doch auf der Fahrt zu Spaß und Spiel werden die Kids betäubt, mit explosiven Halsbändern der Marke Running Man bestückt und auf eine evakuierte Insel deportiert. Kitano, jetzt ein desillusionierter Pauker mit privaten Problemen, lässt es sich nicht nehmen, höchstpersönlich die Spielleitung für seine damaligen Schützlinge zu übernehmen. Rache ist halt Blutwurst – und von Blutwurst gibt es hier eine Menge.
Die Spielregeln werden den verängstigten Jugendlichen per Video von einer fröhlich grinsenden Präsentatorin (Yûko Miyamura) vorgestellt und sind denkbar simpel: Die leerstehende Insel wurde in mehrere Zonen unterteilt, durch die sich die Kids gegenseitig kämpfen müssen. Ziel ist es, innerhalb von drei Tagen sämtlichen Konkurrenten (sprich: Klassenkameraden) das Lebenslicht auszublasen, bis nur noch ein Teilnehmer übrig ist. Sollte dies nicht gelingen, explodieren die Halsbänder sämtlicher noch lebender Schüler. Bei Mitspielern, die gegen die Regeln verstoßen, explodieren ebenfalls die Halsbänder. Alle paar Stunden werden zudem einzelne Zonen zu Gefahrengebieten. Wer sich zu diesem Zeitpunkt dort aufhält – Ihr ahnt es – bei dem platzt ebenfalls der Schädel.
Ausgestattet werden die Kids für den Kampf ihres Lebens mit Nahrungsmitteln und Waffen. Allerdings entpuppen sich Letztere als höchst unterschiedlich. Von der Armbrust bis hin zum Topfdeckel ist alles vorhanden (eine Abweichung zur Romanvorlage, in der kein Schüler mit einfachen Haushaltsgegenständen abgespeist wird). So kommt, was kommen muss: Harmlose Kinder mutieren mit dem Startschuss zu mordenden Bestien. Jedoch nicht alle. Manche von ihnen wählen den Freitod, andere versuchen einen Fluchtweg aus der ausweglosen Situation zu finden und so mancher fleht um Gnade. Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, wer sich wie verhält, um die Spannung für diejenigen aufrecht zu halten, die Battle Royale noch niemals gesehen haben.
Doch statt zu spoilern, möchte ich Euch dieses Kleinod aus Japan dringend ans Herz legen, auch den weniger hartgesottenen Lesern. Denn Battle Royale mag splattrig und brutal daherkommen. Die satirische Erzählweise, die immer wieder durchblitzt, lässt den Film letztlich gar nicht mehr so hart erscheinen. Natürlich gibt es Blutfontainen, doch eklig wird es eigentlich nie. Wer auf diese Art von Unterhaltung hofft, der sollte lieber zum kürzlich erschienenen The Sadness greifen. Stattdessen dominieren hier Gesellschaftskritik und Satire. Letztere erleben wir beispielsweise in Form der fröhlichen Spielansagerin oder etwa durch Takeshi Kitano, der immer wieder süffisant die neuesten Todesmeldungen über die Lautsprecher verkündet. Auch die mit schmalziger (und hin und wieder sogar klassischer) Filmmusik unterlegten Abschiede zwischen sich teils liebenden Teenagern, die in einer normalen Welt eher im Bereich der romantischen Komödie daheim gewesen wären, Regisseur Kinji Fukasaku wusste genau, wie er sein Publikum mit bitterbösen Seitenhieben bei Laune halten konnte. Kein Wunder, dass Quentin Tarantino hier auf Chiaki Kuriyama aufmerksam wurde. Die spielt eine besonders garstige Rolle und durfte ihren Part quasi in Kill Bill Vol. 1 & 2 nochmal aufleben lassen. Es gibt eine ganze Reihe liebenswerter Charaktere, mit denen man mitfiebert, aber auch Figuren, denen man die Pest an den Hals wünscht. Hier kann man wirklich gratulieren – Alles richtig gemacht, Kinji Fukasaku. Selbst die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, die damals empört die Freigabe verweigerte, hat mittlerweile die großartige Satire als Solche erkannt und ließ Capelight Pictures schließlich freie Bahn mit Marzipan (oder auch mit „Keine Jugendfreigabe“).
Und so konnte sich der Verleiher bereits 2017, dem Jahr der Indizierungsaufhebung, ordentlich austoben und brachte den Film sogar kurzzeitig ungekürzt ins Kino. Gelaufen ist damals der Extended Cut, der ca. 8 Minuten mehr Inhalt mit sich bringt. Diese Version stellt allerdings nicht den Directors Cut dar, diesen finden wir stattdessen in Form der normalen Kinofassung. Trotzdem bietet der Extended Cut einen gewissen Mehrwert, da uns in diversen (nachgedrehten) Rückblicken viele Personen deutlich näher gebracht werden, was die Tragik und Dramatik noch erhöht. Auch Blutzoll gibt es ein wenig mehr, doch das ist eher unerheblich, gibt doch die ungekürzte Kinofassung bereits mächtig Gas.
MIr lag zur Rezension die brandneue Mediabook-Variante vor, die quasi ein Rundum-Sorglospaket für Fans des Streifens bietet. Beide Filmversionen liegen wahlweise auf einer Blu-ray oder zwei UHD-Scheiben vor. Während die Blu-ray-Variante mit einer sehr guten, aber etwas milchigen Bild- und einer hervorragenden Tonqualität daher kommt, legen die 4K-Scheiben ordentlich einen drauf. Das Bild ist gestochen scharf, der Ton gefällt ebenso. Des weiteren liegt noch eine Bonus-DVD bei, die vollgepackt mit Featurettes, Trailern, Interviews und vielem mehr ist. Ein Booklet mit Texten, Bildern und Interviews rundet das Gesamtpaket ab.
Battle Royale war vor zwanzig Jahren ein echtes Brett, welches bis heute weder von seiner Intensität, noch vom Unterhaltungswert etwas verloren hat. Die Fortsetzung Battle Royale II gibt es ebenfalls im Hause Capelight Pictures. Diese ist ebenfalls unterhaltsam, aber weit entfernt vom Kultstatus des Originals.
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