Der isländische Regisseur Baltasar Kormákur scheint im Genre des Survival-Thrillers seine persönliche Nische gefunden zu haben. Während er in THE DEEP (2012) einen Fischer in eisigen Fluten ums Überleben kämpfen ließ, schickte er in EVEREST (2015) eine ganze Bergsteigertruppe auf den höchsten Berg der Welt. In BEAST – JÄGER OHNE GNADE (2022) geht es nun in die Weiten der südafrikanischen Wildnis, in der sich Hollywood-Star Idris Elba gegen einen blutrünstigen Löwen zur Wehr setzen muss. Universal Pictures Home Entertainment hat den kurzweiligen Thriller nun im Heimkino veröffentlicht und ob es sich hierbei um einen echten Nägelkauer handelt, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Originaltitel: Beast
Drehbuch: Ryan Engle
Regie: Baltasar Kormákur
Darsteller: Idris Elba, Sharlto Copley, Iyana Halley, Leah Jeffries…
Artikel von Christopher Feldmann
In den letzten 70 Jahren hat Hollywood so ziemlich jedes Tier als filmischen Antagonisten verwurstet. Egal ob Spinnen, Ameisen, Schlangen, Bären, Affen oder den obligatorischen Haien, kein tierisches Lebewesen war davor gefeit, als „Monster“ im Horrorbereich herzuhalten. Und in einer Zeit, in der mittlerweile Filme wie ZOMBIBER (2014) oder SHARKTOPUS VS. WHALEWOLF (2015) entstehen, scheint das Genre des Creature-Features weitestgehend abgegrast, zumindest wenn man sich nicht nach kalkuliertem Trash, sondern ernsthafter Unterhaltung sehnt. Zwischen all den bereits genannten Erdenbewohnern fristen die Löwen allerdings ein eher wenig beachtetes Dasein, zumindest in filmischer Hinsicht, ist mir seit dem Abenteuerthriller DER GEIST UND DIE DUNKELHEIT (1996) doch kein wirklicher Hollywoodfilm geläufig, in dem das majestätische Raubtier zum erbarmungslosen Kille mutiert. Diese Lücke bedient nun BEAST – JÄGER OHNE GNADE (2022), der immerhin mit einer tollen Kulisse und guten Schauspielern punktet, als spannender Survivalthriller jedoch nur Mittelmaß bietet.
Handlung:
Nach dem tragischen Tod seiner Frau reist Dr. Samuels (Idris Elba) mit seinen Töchtern in ein Wildreservat nach Südafrika. Er möchte an den Ort zurückkehren, wo er die Mutter seiner Kinder einst kennenlernte, um die Trauer zu verarbeiten. Was als Reise zur Heilung beginnt, wird zu einem verzweifelten Überlebenskampf, als eine rachsüchtige Bestie gezielt Jagd auf Menschen macht. Doch Dr. Samuels nimmt es mit dem Löwen auf, der seine Position als König der Savanne aufs Blutigste unter Beweis stellt.
Dass es BEAST – JÄGER OHNE GNADE auf die Kinoleinwände dieser Welt schaffte, dürfte wahrscheinlich einzig und allein Hauptdarsteller Idris Elba zuzuschreiben sein, denn obwohl der Film hochwertig produziert ist, handelt es sich hierbei doch eher um die Sorte von Genrefilm, die man heutzutage eher bei einem prominenten Streaminganbieter vermuten würde. Eine Familie, bestehend aus einem Vater und zwei Töchtern, werden während des Südafrikaurlaubs von einem blutrünstigen Löwen bedroht, der auch schon mal ein ganzes Dörfchen niedermetzelt. Fertig ist die Laube und viel mehr hat BEAST auch eigentlich nicht zu bieten, es sei denn man gibt sich mit dem Duell zwischen dem LUTHER-Star und dem König des Dschungels zufrieden, das zugleich den stärksten Aspekt dieses Streifens darstellt.
Das zu Grunde liegende Drehbuch ist hingegen erwartbar dünn und hat sichtlich Mühe und Not, den Film mit Leben zu füllen, weshalb auch gerne mal Handlungsstränge aufgemacht werden, die eigentlich kaum von Belangen sind. Sei es der Krebstod von Nates Ex-Frau, der die Beziehung zwischen ihm und seiner ältesten Tochter belastet oder die Wilderer, die illegal Jagd auf Tiere machen, so richtig sinnig wirken diese Elemente nicht. Auch die Charakterzeichnungen profitieren kaum davon, da beides für die eigentliche Bedrohung so gar keine Rolle spielt. Man hätte diese Ideen auch getrost streichen können, um sich viel mehr dem eigentlichen Spannungsbogen zu widmen. Natürlich erfindet auch BEAST das Rad nicht neu und bedient so ziemlich alle Kernkompetenzen des klassischen Survival-Creature-Features, sprich der Antagonist wird durch die Auswirkungen seiner Attacken aufgebaut, um später von der Leine gelassen zu werden. Was folgt, ist der beständige Versuch der im Zentrum stehenden Familie, nicht als Löwensnack zu enden und irgendeinen Ausweg zu finden. Wenn man als Zuschauer die typischen Drehbuchkniffe wie nicht vorhandener Handyempfang oder ein nicht wirklich funktionstüchtiges Funkgerät verschmerzen kann, dann bekommt man altbewährte Kost mit der man Spaß haben kann, sofern man sich nicht allzu sehr an Ungereimtheiten stört.
So muss man schon darüber schmunzeln, wie leicht sich ein ausgewachsener Löwe mit einem einfachen Fußtritt abschütteln lässt oder wie sich dieser manchmal verhält, denn manchmal scheint er seinen Geruchssinn einfach zu verlieren und seine potenziellen Opfer gar nicht mehr wahrzunehmen. Auch die Dialoge sind sehr klischeehaft und beschränken sich hauptsächlich auf einfache Sätze wie „Bleibt im Wagen!“ oder „Vertraut mir!“ und andere Plattitüden, mit denen dem Zuschauer aufgezeigt werden soll, dass das jetzt so richtig gefährlich ist. Zwar versucht der Film den Löwen nicht inflationär zu zeigen und ihn oftmals auch im Schatten zu präsentieren, jedoch fehlt es an wirklich guten Spannungsmomenten. Szenen wie in DER WEIßE HAI (1975), wenn Roy Scheider, Richard Dreyfuss und Robert Shaw mit ihrem Boot auf die Jagd gehen und von dem Raubfisch bedroht werden, vermitteln unfassbar viel Spannung. BEAST hat nicht eine derart intensive Szene zu bieten, sondern macht nur Dienst nach Vorschrift ohne wirklich in die Vollen zu gehen. Zwar wird es nie so wirklich ärgerlich, bei einem Film dieser Art mit einer knackigen Laufzeit von rund 90 Minuten hatte ich aber mehr Schmackes erwartet.
Lediglich Baltasar Kormákur erweist sich als verlässlicher Handwerker und wertet das Ganze mit schönen Bildern der südafrikanischen Savanne auf. Der Löwe, der natürlich gänzlich am Rechner generiert wurde, sieht indes durchaus gelungen aus, auch wenn es manchmal mit der Physik etwas hapert. Das größte Plus sind aber die Schauspieler, die das mäßige Skript wirklich aufwerten. Auf Idris Elba ist eigentlich immer Verlass, schafft es der Brite doch so ziemlich Alles mit seiner Präsenz zu veredeln. Auch Sharlto Copley macht als dessen Kumpel eine sehr gute Figur, auch wenn er weit weniger zu tun bekommt. Elbas Filmtöchter Leah Jeffries und Iyana Halley funktionieren ebenso und machen ihren Job sehr solide, ohne den Zuschauer zu nerven.
Die DVD, die Universal Pictures Home Entertainment zur Sichtung bereitstellte, überzeugt mit guter Bild- und Tonqualität, die Extras beinhalten Deleted Scenes, mehrere Featurettes und den Trailer. Ein Wendecover ohne FSK-Flatschen ist ebenfalls vorhanden.
Fazit:
BEAST – JÄGER OHNE GNADE (2022) enthält so ziemlich alle Elemente des Survival-Tierhorror-Thrillers, ohne aber so richtig abzuliefern. Gute Darsteller, gute Location, ansehnliche Effekte aber ein mittelmäßiges, überraschungsfreies Drehbuch zeichnen diesen Genre-Vertreter aus, der reine Durchschnittskost serviert. Insgesamt solide Unterhaltung, wenn man die Erwartungen senkt.
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