Alle Wege führen nach Hollywood! Das dürfte sich mit Sicherheit auch Privatdetektiv „Charlie Waldo“ denken, der es inmitten der Traumfabrik mit einem Mordfall, einer verschwundenen Ex-Liebe und einem durchgeknallten TV-Star in Gestalt von Mel Gibson zu tun bekommt. Zutaten, die eine spaßige Krimikomödie und pointierte Noir-Hommage im Geiste Shane Blacks versprechen. Ob LAST LOOKS (2021), den Leonine hierzulande im Heimkino veröffentlichte, die Erwartungen erfüllen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Last Looks

Drehbuch: Howard Michael Gould; nach dem gleichnamigen Roman von Howard Michael Gould

Regie: Tim Kirkby

Darsteller: Charlie Hunnam, Mel Gibson, Lucy Fry, Rupert Friend, Morena Baccarin, Jacob Scipio, Clancy Brown…

Artikel von Christopher Feldmann

Als großer Fan von Hollywoodstar und Skandalnudel Mel Gibson, freue ich mich regelmäßig, wenn ein neuer Film mit dem kernigen LEATHAL-WEAPON-Star erscheint. Seitdem dieser allerdings mit einer Reihe von schlecht überlegten Äußerungen negativ auffiel, dümpelt dessen Schauspielkarriere vornehmlich im DTV-Sektor dahin. Zwar gelang Gibson mit dem Kriegsdrama HACKSAW RIDGE (2016) ein vielbeachtetes und auch preisgekröntes Regie-Comeback, vor der Kamera muss er sich allerdings mit Nebenrollen in eher unterdurchschnittlichen Actionfilmen zufrieden geben. Aus dieser Schaffensphase, die Gurken wie FORCE OF NATURE (2020), DANGEROUS (2021) oder PANAMA (2022) beinhaltet, stammen aber auch durchaus genießbare B-Streifen wie GET THE GRINGO (2012) oder BLOOD FATHER (2016) und nicht zu vergessen herrlich skurrile Auftritte in DADDY’S HOME 2 (2017) und dem Zeitschleifen-Action-Kleinod BOSS LEVEL (2020). Mel Gibson ist immerhin weit davon entfernt, in den Untiefen eines Bruce Willis zu wandern, vor allem weil durchaus Sinn für Selbstironie besitzt. Diese spielt der Altstar auch in der Krimikomödie und Literaturverfilmung LAST LOOKS (2021) aus, in der einen durchgeknallten, dauerbetrunkenen TV-Richter mimt, der unter Mordverdacht steht. Das hört sich erstmal nach einer genialen Idee an, der Film an sich, in dem SONS-OF-ANARCHY-Star Charlie Hunnam den abgerockten Ermittler geben darf, kann die Erwartungen allerdings nicht wirklich erfüllen. Trotz gutem Material und netten Momenten, hat man es hier mit viel verschenktem Potenzial zu tun.

Handlung:

Charlie Waldo (Charlie Hunnam) ist ein junger, in Ungnade gefallener Polizist, der einst an Reality-TV-Shows über Cops mitgearbeitet hat. Nachdem er einen unschuldigen Mann ins Gefängnis gebracht hat, schottet er sich voller Reue von der Außenwelt ab und lebt jahrelang ein einsames Leben als Einsiedler. Als Waldo erfährt, dass seine Ex-Freundin Lorena (Morena Baccarin) ermordet wurde, will er der Sache auf den Grund gehen und beschließt den Fall, an dem sie zuletzt gearbeitet hat, zu untersuchen. Dabei stößt er auf den berühmten Filmstar Alastair Pinch (Mel Gibson), dessen Frau vor Kurzem tot aufgefunden wurde. Schließlich wird Waldo von einem Filmstudio gebeten, Alastairs Unschuld zu beweisen und den wahren Mörder von Lorena und Alastairs Frau zu finden.

LAST LOOKS (2021) basiert auf dem gleichnamigen Roman von Howard Michael Gould und bildet den Auftakt zu einer Reihe von skurrilen Kriminalgeschichten, in denen der Privatdetektiv „Charlie Waldo“ ermittelt. Auch wenn die Figur hierzulande nahezu unbekannt erscheint, erfreut sie sich in den USA einiger Beliebtheit, was Produzenten dazu veranlasst haben dürfte, daraus eine Filmversion zu schneidern. Für diese engagierte man auch Gould persönlich, um seinen Roman als Drehbuch zu adaptieren. Auch wenn das für eine gute Idee halten mag – denn wer könnte besser eine werkgetreue Adaption garantieren als der Urheber selbst? -, ein guter Romanautor ist nicht immer auch ein guter Drehbuchschreiber.

Das macht sich schon in der eigentlichen Geschichte bemerkbar. LAST LOOKS ist bevölkert von skurrilen, fast schon karikaturesken Figuren wie etwa einer Femme Fatal in Gestalt einer Kindergärtnerin, einem jovialen, völlig überkandidelten Produzenten oder eben einem Schauspieler, der in den Drehpausen Stuntmen verprügelt, um sich bei Laune zu halten. Somit ist die Krimikomödie mehr eine waschechte Hollywoodsatire, denn spannender Rätselkrimi. Der eigentliche Fall rückt auffallend in den Hintergrund und erscheint zum Ende hin wenig logisch, vor allem weil er immer weiter zerfasert, in dem noch mehr Charaktere ins Geschehen geworfen werden und ein Handlungsstrang um eine prekäre Datei auf einem USB-Stick ins Leere läuft, da er mit einem deplatzierten Gag aufgelöst wird und somit nur Ballast für die zentrale Geschichte darstellt. Der Erzählfluss ist somit sehr unausgegoren, auch wenn das Drumherum durchaus zu gefallen weiß. Es werden schnell Erinnerungen an Shane Black wach, der mit Filmen wie KISS KISS BANG BANG (2005) und THE NICE GUYS (2016) bewiesen hat wie man gute und pointierte Noir/Detective-Komödien schreibt und auch in Szene setzt. LAST LOOKS kann in dieser Hinsicht leider nicht an die beiden Werke anknüpfen und am Ende hat man dieses eindrückliche Gefühl, dass man es so viel hätte besser machen können. Auf dem Papier mögen auch die Charaktere wie eine Art Geniestreich wirken, doch dem Skript fehlt es an richtigem Timing und guten Dialogen, um diese wirkungsvoll in Szene zu setzen.

Das ist insofern schade, da gerade die Schauspieler hier wirklich Spielfreude an den Tag legen. Insbesondere Mel Gibson ist fast schon eine Paradebesetzung für den dem Alkohol zugeneigten, freidrehenden TV-Star unter Mordverdacht, der am Set hofiert wird, sich aber zuhause liebevoll mit seiner Tochter beschäftigt. Allerdings holt das Drehbuch zu wenig aus der Figur heraus und Gibson wird nie wirklich von der Leine gelassen und verschwindet immer wieder aus dem Film, was darauf schließen lässt, dass er nur für wenige Drehtage zur Verfügung stand. Charlie Hunnam bekommt als minimalistisch lebender und leicht schusseliger Privatdetektiv mit Rauschebart schon deutlich mehr Zugeständnisse, dennoch nutzen sich Running Gags wie seine Philosophie, nur hundert Dinge zu besitzen und seine Strecken mit dem Fahrrad zu bewältigen schnell ab. Außer „Charlie Waldo“ bekommt keine Figur wirklich Raum zur Entfaltung, Dominic Monaghan als schmieriger Anwalt mit Satin-Fliege verschwindet beispielsweise nach nur einer Szene aus dem Film und DEADPOOL-Star Morena Baccarin gibt lediglich zu Anfang und zum Ende hin ein Gastspiel. Den weiblichen Main-Part übernimmt stattdessen Lucy Fry, die als Promi-Kindergärtnerin die zu erwartende Femme Fatal mimt aber in dieser Rolle sehr blass bleibt.

Regisseur Tim Kirkby schafft es nicht, dem Film den richtigen Flow zu verpassen und verliert sich immer wieder in wenig vorteilhaft getimten Szenen, die wenig zur Komik und auch wenig zum Plot beitragen. Immerhin ist besitzt LAST LOOKS eine nette Optik und das, obwohl das Budget vermutlich nicht sonderlich üppig ausfiel. Ein Blick auf die involvierten Produktionsfirmen verrät schon, dass hier kein großes Studio hinter dem Projekt stand, sondern Gelder aus mehreren Ecken zusammengetrieben wurde. In die Kinos kam der bereits 2019 gedrehte Film, nachdem er bei Testvorführungen durchfiel, nur begrenzt und wurde schnell für Blu-ray, DVD und VOD ausgewertet.

Die Scheibe aus dem Hause Leonine, die uns freundlicherweise zur Sichtung zur Verfügung gestellt wurde, punktet mit sehr guter Tonqualität, das Bild ist auch gut, auch wenn der Film hin und wieder mit Unschärfen zu kämpfen hat, was aber anscheinend auf die Produktion und die dabei verwendeten Kameraobjektive zurückzuführen ist. In den Extras sind lediglich der Trailer und eine Trailershow enthalten.

Fazit:

Gemessen an dem Ausgangsmaterial und dem Trailer ist LAST LOOKS (2021) leider enttäuschend geraten. Zwar sorgen die spielfreudigen Darsteller und die satirischen Elemente immer mal wieder für ein nettes Schmunzeln, die Gags sind jedoch größtenteils fad und der eigentliche Fall erschreckend uninteressant. Kein Totalausfall aber einfach zu viel verschenktes Potenzial.

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