2002 landete Steven Spielberg mit der Gaunerkomödie CATCH ME IF YOU CAN einen weltweiten Kinoerfolg. Der Film erzählt auf leichtfüßige Art und Weise die wahre Geschichte des von Leonardo DiCaprio verkörperten Hochstaplers und Scheckbetrügers Frank Abagnale. Einen ähnlichen Fall greift auch der hierzulande von SquareOne Entertainment im Vertrieb von Leonine erst kürzlich veröffentlichte Film BANDIT (2021) auf, der für den deutschen Markt passenderweise den Titel des geistigen Vorbilds in minimal abgeänderter Form als Zusatz bekam. Ob die ebenfalls auf wahren Ereignissen basierende Komödie mit LAS-VEGAS-Star Josh Duhamel und dem mittlerweile im DTV-Bereich arg umtriebigen Mel Gibson auch ähnlich gut geraten ist, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Bandit

Drehbuch: Kraig Wenman; basierend auf dem Buch The Flying Bandit von Robert Knuckle und Ed Arnold

Regie: Allan Ungar

Darsteller: Josh Duhamel, Elisha Cuthbert, Nestor Carbonell, Mel Gibson, Swen Temmel…

Artikel von Christopher Feldmann

Gilbert Galvan Jr., der sich ab Mitte der 1980er Jahre auch Robert Whiteman nannte, zählt zu den produktivsten Bankräubern in der Geschichte Kanadas. Seine Methode war dabei so abgewichst wie genial, denn der charmant auftretende Kriminelle spazierte lediglich in wechselnden Verkleidungen in die Filialen und schob den jeweiligen Bankangestellten einfach einen Zettel zu, nur um ihnen dann eine Waffe zu präsentieren, von der er allerdings nie Gebrauch machte, um nur wenige Minuten später mit dem erbeuteten Geld wieder zu verschwinden. Der große Trick, mit dem es Galvan Jr./Whiteman jahrelang geschafft hatte, rund 60 (!) Banken und mehrere Juweliere zu erleichtern, war lokale Flughäfen als quasi Drehkreuz zu verwenden, um die großen Flughäfen zu erreichen, weshalb auch sein Gepäck direkt zu den jeweiligen Anschlussflügen transportiert wurde, ohne von den Sicherheitskontrollen überprüft zu werden. 1988 wurde er zu 20 Jahren Haft verurteilt, allerdings kam 1998 wieder auf freien Fuß und fiel in alte Muster zurück, was ihm weitere 15 Jahre im Gefängnis einbrachte. Seine Raubzüge brachten ihm den Spitznamen „The Flying Bandit“ ein, der auch zum Titel jenes Buches wurde, welches seine Lebensgeschichte nacherzählt. Über 25 Jahre sollte es dauern, bis jemand diese verfilmen würde, was uns somit auch zu BANDIT (2022) bringt, der zwar durchaus zu unterhalten vermag aber letztendlich doch nur CATCH ME IF YOU CAN in der Sparversion ist.

Handlung:

Dem inhaftierten Gentleman-Gauner Gilbert Galvan Jr. (Josh Duhamel) gelingt die Flucht aus dem Gefängnis. Daraufhin taucht er in Kanada unter, nimmt eine neue Identität an und verliebt sich alsbald in die patente Sozialarbeiterin Andrea (Elisha Cuthbert). Um ihr und sich ein besseres Leben bieten zu können, beginnt Galvan dann jedoch, Banken auszurauben, und entdeckt dabei sein außergewöhnliches Talent für diese Art von Verbrechen. Elektrisiert von Gefahr und Erfolg wendet er sich an den berüchtigten Gangster und Kredithai Tommy Kay (Mel Gibson), um mit dessen Hilfe noch größere Coups landen zu können.

Der Vergleich mit dem Film von Steven Spielberg mag zwar etwas unfair sein, schon aus dem Grund weil BANDIT wesentlich günstiger produziert und in nur 21 Tagen abgedreht wurde, allerdings muss er sich ihn gefallen lassen, beinhaltet die Gaunerkomödie doch diverse Elemente, die sich bereits im Kinohit von 2002 finden lassen. So ist auch die Geschichte von „Robert Whiteman“ eher biografisch angelegt und als Zuschauer erfährt man nach dem zu Beginn gezeigten Raubzug (von dem man direkt weiß, dass er die dramaturgische Klammer darstellen wird) erst einmal den Werdegang der Hauptfigur. Diese flieht nach einer Verurteilung wegen Betrugs aus dem Knast und taucht in Kanada unter, in der Banken so gut wie keine Sicherheitsvorkehrungen zu haben scheinen und schon beginnt das fröhliche „Geld verdienen“.

Tatsächlich hat man sich auch dem Tonfall von CATCH ME IF YOU CAN angepasst, denn auch BANDIT erzählt seine Geschichte eher auf die leichtfüßige Art, bei der unserer Hauptfigur auch gerne mal die vierte Wand durchbrechen darf. So richtig ernst nimmt sich der Film nicht, was aber schlussendlich den Unterhaltungswert etwas steigert, da der Plot an sich doch recht flach bleibt. Die Raubzüge Whitemans verlaufen immer nach demselben Muster, was auf Dauer doch sehr redundant wirkt, weshalb sich das Drehbuch auch noch anschickt die Liebesgeschichte zwischen ihm und seiner späteren Ehefrau „Andrea“ zu erzählen. Diese verläuft nach erwartbaren Motiven und lässt wenig Klischees aus, was dazu führt, dass BANDIT immer wieder die Puste ausgeht und mit gut zwei Stunden Laufzeit gerade im Mittelteil erhebliche Längen aufweist. Ab einem gewissen Punkt tritt das Ganze merklich auf der Stelle, weshalb mir der Film wirklich länger erschien, als er es schlussendlich war.

Allerdings schaffen es die Darsteller, dies etwas abzufedern, agieren diese doch durchweg sympathisch. Josh Duhamel ist vielleicht nicht der prägnanteste Schauspieler unter der Sonne, passt aber hervorragend auf den charmanten Gentleman-Gauner, der um kein Späßchen verlegen scheint. Tatsächlich erinnert die Art der Performance sehr an Ryan Reynolds, was in der deutschen Fassung noch stärker zum Tragen kommt, da sich Duhamel und Reynolds mit Dennis Schmidt-Foß denselben Synchronsprecher teilen

Aber auch der Rest der Besetzung weiß zu überzeugen, gerade Elisha Cuthbert spielt ihre Rolle mit viel Herz, während Nestor Carbonell den Ermittler verkörpert, der es sich zur Aufgabe gemacht hat Whiteman zur Strecke zu bringen. Zwar bekommt man mit ihm keinen neuen „Carl Hanratty“ geboten (dafür bekommt seine Figur einfach viel zu wenig Profil), dennoch macht er einen guten Job. Das Gleiche gilt auch für Mel Gibson, der seit ein paar Jahren erstaunlich produktiv im B-Film-Sumpf unterwegs ist und bei dem ich schon Angst hatte, er würde völligst darin versacken. Zwar bekleidet er auch hier nur eine Nebenrolle, jedoch kann er dabei sein unwiderstehliches Charisma ausspielen, was ohnehin eine Bereicherung für jeden Film darstellt.

Dass es sich auch bei BANDIT um eine eher preiswertere Produktion handelt, die ihr Zuhause in der VOD-Ramschkiste fristen wird, ist nicht zu übersehen, allerdings ist der Film auch wesentlich besser, als man erwarten würde (wenn zu Beginn schon Produktionsfirmen wie Bondlt Media Capital eingeblendet werden, weiß man direkt, dass man es höchstwahrscheinlich mit einer minderbudgetierten Reißbrett-Nummer zu tun hat). Generell sieht man ihm an, dass hier schnell und effizient gedreht werden musste, sind die Set-Pieces doch eher unspektakulär und auch Statisten werden spärlich eingesetzt. Tatsächlich wurden Regisseur Allan Ungar die Drehtage von 32 auf 21 gekürzt, weshalb er gleich drei Units gleichzeitig leiten musste und dabei von Darsteller Nestor Carbonell unterstützt wurde. Gedreht wurde auch nicht in Kanada, sondern aus Kostengründen in Georgia. Auch die Tatsache, dass BANDIT in den 1980er Jahren angesiedelt ist, kommt tatsächlich kaum zum tragen und wenn der Film nicht ab und an die jeweilige Jahreszahl einblenden oder einen passenden Song aus jener Dekade verwenden würde, würde es gar nicht so wirklich auffallen. Das ist schade, da hier wirklich Potenzial für einen ziemlich spaßigen Film drinsteckt, der hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt.

Zur Sichtung lag uns die Blu-ray aus dem Hause SquareOne Entertainment vor, deren Bild- und Tonqualität den gegenwärtigen Standards entsprechen. Auf Bonusmaterial muss man hingegen verzichten.

Fazit:

Wer mal wieder Lust auf eine leichtfüßige Gaunerkomödie hat, kann hier durchaus einen Blick wagen, denn auch wenn BANDIT (2022) kein Must-See ist, liefert der auf wahren Begebenheiten basierende Film solide Unterhaltung. Sieht zwar alles etwas günstig aus und gerade im Mittelteil herrscht Leerlauf, allerdings macht die sympathische Besetzung einiges wett. Ein zweites Mal werde ich ihn mir mit Sicherheit nicht ansehen, allerdings war es auch keine Zeitverschwendung und das ist doch auch mal positiv.

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