Als im Jahr 2001 Christophe Gans‚ PAKT DER WÖLFE (2001) seine Premiere feierte, muss das eine ganz besondere Seherfahrung für alle Zuschauer gewesen sein, handelt es sich bei der französischen Produktion doch um einen ungewöhnlichen Mix aus verschiedenen Strömungen, die sowohl Creature-Feature, Historiendrama als auch Martial-Arts-Film umfassen. Herausgekommen ist ein eigenwilliges aber nicht minder faszinierendes Werk, das unter Genrefans Kultstatus genießt. Studiocanal und Arthaus spendierten dem Film eine überfällige 4K-Restauration im Director’s Cut, der hierzulande nun erstmals vollständig synchronisiert im Heimkino erschien. Ob sich das Ganze lohnt? Das erfahrt ihr in unserer Kritik.
Originaltitel: Le pacte des loups
Drehbuch: Stéphane Cabel, Christophe Gans
Regie: Christophe Gans
Darsteller: Samuel Le Bihan, Vincent Cassel, Mark Dacascos, Monica Bellucci, Émilie Dequenne, Jérémie Renier…
Artikel von Christopher Feldmann
Ich persönlich bin nicht allzu firm, was das französische Kino (besonders nach der Jahrtausendwende) angeht und auch PAKT DER WÖLFE (2001) stand lange Zeit auf meiner Watchlist, ohne jemals die Lust oder Notwendigkeit zu verspüren, den Film zu sichten. Das lag vor allem an der zeitlichen Verortung, da ich immer einen trägen Historienfilm vor Augen hatte. Mit der Neuveröffentlichung des Films als 4K-Version war es aber nun endlich mal an der Zeit, diese Bildungslücke zu schließen, immerhin genießt Christophe Gans‚ Genre-Mash-Up, das sogar auf wahren Begebenheiten basiert, einen gewissen Ruf und wird gerne als einer der besten Auftritte von Actionrecke Mark Dacascos bezeichnet, den ich seit jeher äußerst gerne sehe. Nach üppigen zweieinhalb Stunden Laufzeit muss ich wenig überraschend wie viele andere Filmfans in dasselbe Horn stoßen, denn PAKT DER WÖLFE ist trotz einiger Alterserscheinungen ein unglaublich sehenswertes Stück Kino, das besonders durch seine prunkvolle Ausstattung und die großartige Atmosphäre punktet.
Handlung:
Der Naturwissenschaftler Grégoire de Fronsac (Samuel Le Bihan) wird im Jahr 1767 ins südfranzösische Gévaudan entsandt, mit dem Auftrag, eine dort wütende Bestie zu erlegen. Man geht davon aus, dass es sich um ein wolfsähnliches Geschöpf handelt, das immer mehr Menschen auf grausame Weise umbringt. In Begleitung seines Freundes Mani (Mark Dacascos) macht er sich auf in die Provinz, um den rätselhaften Ereignissen vor Ort nachzugehen. Dabei decken die beiden Stück für Stück ungeheuerliche Machenschaften auf.
PAKT DER WÖLFE basiert lose auf der wahren Geschichte der „Bestie des Gévaudan“, der zwischen 1764 und 1767 mehr als 100 Menschen in Südfrankreich zum Opfer fielen. Die Fälle konnten nie aufgeklärt werden, was natürlich eine Art Steilvorlage für eigene Interpretationen darstellt. Regisseur und Autor Christophe Gans, der bereits mit der Mangaverfilmung CRYING FREEMAN (1995) auf sich Aufmerksam machte und damit für einen weiteren kleinen Kultfilm im Actiongenre verantwortlich ist, ging bei dem hier vorliegenden Werk mit größeren Ambitionen vor und inszenierte einen virtuosen Mix verschiedenster Genres, die auf den ersten Blick gar nicht richtig zusammenpassen wollen aber schlussendlich eine ganz besondere und auch ergiebige Symbiose ergeben. In ihren Grundzügen erzählt der Film die Geschehnisse aus dem 18. Jahrhundert nach und zeichnet dabei ein griffiges Bild der damaligen politischen Verhältnisse. Ein mächtiges Regime unter Ludwig XV., das jegliche Form von Unruhen ahndet und nur darauf bedacht ist, das Fußvolk klein und ruhig zu halten, um die eigene Macht zu festigen. Besonders wird dabei der Kontrast zwischen dem betuchten Leben in Paris und dem Dasein in der Provinz veranschaulicht. Die Machtverhältnisse und das Gebaren zwischen der oberen Schicht und dem kleinen Volk sind ein zentrales Thema des Films, ganz in der Tradition bekannter Historienfilme, was besonders durch die dramaturgische Klammer unterstrichen wird, die zu Beginn der französischen Revolution angesiedelt ist.
Eine nette Zugabe, die allerdings schnell für die eigentliche Geschichte Platz macht, denn unsere Hauptfigur wird in die Provinz entsandt, um eine geheimnisvolle Bestie zu erlegen, die unschuldige Menschen tötet. Daraus entfaltet sich ein Creature-Feature, irgendwo zwischen Horror- und Fantasyfilm, sowie Elementen eines klassischen Krimis, ermittelt unser Duo doch nach allen Regeln der Kunst, was es mit der Bestie auf sich hat und wer oder was dahinter stecken könnte. Das ist durchaus spannend erzählt und gerade auf dieser Ebene mischen sich die Elemente, denn immer wieder wird es politisch. So werden dutzende Wölfe erlegt, was einem regelrechten Blutbad gleicht, nur um die Krone und das Volk zu beruhigen. Dass sich die Menschen somit nicht weniger grausam als das „Monster“ verhalten, ist nur eines der zentralen Motive des Films. PAKT DER WÖLFE ist spannend erzählt, wenn auch an manchen Stellen etwas zu lang geraten. Es gibt immer wieder Szenen, die den Fluss der Geschichte ausbremsen, beispielsweise die Liebschaft zwischen „Grégoire“ und „Marianne“, die nicht so wirklich funktionieren möchte. Richtig stark ist das Ganze besonders in seinen düsteren und vor allem actionbetonten Momenten, die dem schaurigen Historienkrimi eine ganz besondere Note verleihen.
Dass Christophe Gans, der später auch die Videospielverfilmung SILENT HILL (2006) inszenieren sollte, bekennender Fan von Horror und Martial-Arts ist, wird auch in PAKT DER WÖLFE deutlich. Grégoires Begleiter „Mani“ wird nämlich von Actionstar Mark Dacascos verkörpert, der zu Genüge seine Kampfkunst präsentieren darf, was einige stilistisch sehr ansprechende Szenen zur Folge hat, die nicht nur gut choreographiert sind, sondern auch erhaben gefilmt und mit dem Einsatz von Zeitlupen veredelt wurden. Generell ist die Ästhetik und Ausstattung des Films über jeden Zweifel erhaben. Egal ob Sets oder Kostüme, der Film sieht zu jedem Zeitpunkt absolut hochwertig aus, mit der entsprechenden Liebe zum Detail. Einzig die digitalen Effekte haben etwas Staub angesetzt, denn spätestens wenn sich Mensch und Bestie im Kampf gegenüberstehen, erkennt man sofort, dass sich die Darsteller das Ganze vorstellen mussten und der tierische Antagonist später am Rechner generiert wurde. In der neuen, restaurierten Fassung sieht man deutlich, dass man versucht hat, diese Momente etwas aufzupolieren, damit der Zuschauer nicht ganz herausgerissen wird, allerdings ist es schon ein Störfaktor. Ich will darüber nicht allzu viel meckern, immerhin wurde der Film 2001 veröffentlicht aber trotzdem sieht das Alles manchmal etwas trashig aus. Immerhin setzt PAKT DER WÖLFE ansonsten auf handgemachte Effekte.
Auch die Besetzung weiß zu überzeugen. Samuel Le Bihan war nach dem Film keine allzu große Kinokarriere vergönnt, doch auch er macht seine Sache richtig gut und überzeugt vor allem in den actionorientierteren Momenten, auch wenn seine Skills angesichts seiner Profession nicht wirklich glaubwürdig sind. Der größte Störfaktor ist lediglich Émilie Dequenne, die als „Marianne“ wenig Ausstrahlung besitzt und hinter den restlichen Akteuren verblasst. Mit Vincent Cassel und Monica Bellucci sind immerhin noch zwei Schauspielschwergewichte zu Gegen, die ihre Rollen perfekt ausfüllen, auch wenn Bellucci verhältnismäßig wenig Screentime hat. Der heimliche Star ist für mich allerdings Mark Dacascos, der hier nicht nur seine beeindruckenden Fähigkeiten unter Beweis stellt, sondern auch als Schauspieler ziemlich gut funktioniert und jede Szene mit seiner charismatischen Präsenz adelt.
Kommen wir zur Neuauflage aus dem Hause Studiocanal und Arthaus. Uns lagen zur Rezension die 4K UHD- Scheibe und die Blu-ray-Variante vor, die in Sachen Bild und Ton erstklassig sind. Satte Farben und eine detailreiche Schärfe lassen PAKT DER WÖLFE in neuem Glanz erstrahlen. Der 5.1-Sound hat indes richtig Druck und sorgt für ein tolles Erlebnis. Erstmals liegt der Director’s Cut sogar in einer vollständig synchronisierten Fassung vor. Dazu gibt es auf einer zusätzlichen Blu-ray zahlreiche Extras, nämlich einen Audiokommentar von Christophe Gans, einen Audiokommentar von Vincent Cassel und Samuel Le Bihan. Ein neues Interview mit Christophe Gans und Jean-Baptiste Thoret, die Dokumentation DAS INNERE DER BESTIE, einen Blick hinter die Kulissen, Deleted Scenes, ein Interview mit Michel Louis über die Bestie von Gévaudan, Kinotrailer, TV-Spots, den Trailer zur 4K-Restaurierung, sowie der restaurierte Originaltrailer.
Fazit:
PAKT DER WÖLFE (2001) ist zu Recht ein Genre-Kultfilm, der besonders durch seine Mischung verschiedenster Elemente und seine großartige Atmosphäre, sowie die hervorragende Inszenierung punktet. Auch wenn das Ganze etwas zu lang ist und manche Effekte schlecht gealtert sind, ist immer noch genug vorhanden, an dem sich der Zuschauer ergötzen kann. Definitiv eine Bereicherung für die heimische Sammlung.
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