Das Regie-Duo Alexandre Bustillo und Julien Maury gehörten zu den Hoffnungsträgern des europäischen Horrorkinos, lieferten die beiden Kollaborateure doch mit INSIDE (2007) einen der intensivsten Genrefilme der 2000er Jahre ab. Mit dem Unterwasser/Haunted-House-Schocker THE DEEP HOUSE (2021) meldeten sich die Filmemacher zuletzt hoffnungsvoll zurück und vereinen in ihrem bis Dato letzten Werk zwei Subgenres, die eigentlich gar nicht zusammenpassen. Turbine Medien spendierte dem Streifen eine edle Mediabook-Veröffentlichung in drei verschiedenen Covervarianten vor einigen Monaten – jetzt folgt die Keep Case-Variante für den normalen Handel. Ob es sich bei dem Tauchgang des Schreckens um einen echten Nägelkauer handelt, verraten wir Euch in unserer Kritik.
Originaltitel: The Deep House
Drehbuch: Alexandre Bustillo, Julien Maury, Julien David, Rachel Parker
Regie: Alexandre Bustillo, Julien Maury
Darsteller: Camille Rowe, James Jagger, Eric Savin…
Artikel von Christopher Feldmann
In den 2000er Jahren feierte die „new wave of French horror“ ihren Siegeszug unter Genrefans. Im Kontrast zum Mainstreamkino aus Hollywood zeigten Filmemacher aus Europa und dem Begriff nach insbesondere aus Frankreich den Amerikanern, wo der Frosch die Locken hat. Angefangen mit Alexandre Ajas HIGH TENSION (2003), der neben einer bedrohlichen Atmosphäre auf zünftige Gore-Effekte setzt, kam zeigefreudiges, französisches Horrorkino schwer in Mode und auch Nachfolger wie FRONTIER(S) (2007) von Xavier Gens und MARTYRS (2008) von Pascal Laugier genießen mittlerweile Kultstatus unter Fans der härteren Gangart. Auch Alexandre Bustillo und Julien Maury setzten mit INSIDE (2007) ihre Duftmarke und wurden zu jener Zeit ebenfalls als Hoffnungsträger des neuen Horrors gehandelt. So richtig in Schwung kam die Karriere allerdings nicht, denn sowohl LIVID (2011), als auch AMONG THE LIVING (2014) blieben eher Randnotizen. Erst mit der Verpflichtung für das Kettensägenmassaker-Prequel LEATHERFACE (2017) wurde den Beiden größere Aufmerksamkeit zu teil, doch Fans wie auch Kritiker zeigten sich eher enttäuscht von dem in Bulgarien runtergekurbelten Schlachtfest. Mit THE DEEP HOUSE (2021) versuchten sich die Franzosen nun erstmals an einem klassischen Haunted-House-Gruselfilm, allerdings in ungewöhnlichem Setting, spielt der Streifen doch zum größten Teil unter Wasser. Das ist gleichzeitig auch dessen größte atmosphärische Stärke, ist der Tauchtrip ins Geisterhaus doch ansonsten sehr nach Schema F gestrickt.
Handlung:
Tina (Camille Rowe) und Ben (James Jagger), Urban Explorer aus New York, erkunden auf ihrer Europareise verlassene Orte und Gebäude. Ein besonderes Highlight: In den 1980er-Jahren wurde in Südwestfrankreich ein Dorf den Fluten geopfert, um fortwährende Überschwemmungen für die Region zu vermeiden. Auf dem Grund des so entstandenen Sees steht angeblich eine seitdem perfekt erhaltene Villa. Was die beiden Taucher zuerst für einen einzigartigen Fund halten, entwickelt sich zum Albtraum. Sie erkennen, dass das Haus ein grausames Geheimnis hat. Gefangen und mit gefährlich schwindenden Sauerstoffreserven, stellen sich Tina und Ben die erschreckende Frage: Sind wir wirklich allein im Haus?
Laut eigener Aussagen, kam Bustillo und Maury die Idee zum Film bei einem Spaziergang durch Paris, als beide darüber diskutierten, welche Elemente am schwierigsten zusammenzuführen wären. Sicher, Unterwasserhorror und Geisterhausgrusel sind auf den ersten Blick keine Subgenres, die sich auf dem Papier leicht kombinieren lassen, allerdings ließ die Spinnerei die beiden Regisseure nicht mehr los, woraufhin das Skript Formen annahm.
Auch auf mich verübte das Konzept einen gewissen Reiz, auch wenn Spukhäuser neben Exorzismusfilmen die so ziemlich langweiligste Form des Horrorkinos darstellt. Der Unterwasseraspekt rief aber meinerseits genug Interesse hervor, um mir den Film auf die Watchlist zu packen. Nun, dank der schönen VÖ von Turbine Medien, kam ich endlich mal dazu, die Sichtung nachzuholen, die mich mit sehr gemischten Gefühlen zurückließ. Man muss den Regisseuren allerdings zu Gute halten, mit dem Unterwasserszenario eine spannende Idee entwickelt zu haben, ist dieses doch die große Stärke des Films. Die Atmosphäre auf dem Grund des Sees und in dem Haus ist sehr gut gelungen, die Aufnahmen erzeugen immer wieder ein klaustrophobisches Gefühl, was dem Treiben in der Tiefe eine besondere Note verpasst, die bei verwandten Titeln, die von alten Gemäuern mit böser Vergangenheit handeln, eher weniger zum Tragen kommt. Die Tatsache, dass die beiden Hauptfiguren nicht nur mit dem Schrecken umgehen müssen, sondern natürlich auch nur begrenzt Sauerstoff zur Verfügung haben, gibt dem Ganzen noch eine zusätzliche Dynamik. Zudem sieht der Film von vorne bis hinten sehr gut aus und schafft es, die Angst der Protagonisten glaubhaft zu transportieren. Gerade die Sets sind sehr stimmungsvoll gestaltet und sorgen somit für einige optische Bonbons, was angesichts der Tatsache, dass es sich hierbei (durch die zahlreichen GoPro-Aufnahmen der Protagonisten) in Teilen fast schon um eine Art Found-Footage-Film handelt.
Der Elefant im Raum ist aber ganz klar das Drehbuch, das der beste Beweis dafür ist, dass eine interessante Prämisse noch lange kein Garant für einen guten Film ist. Es gibt hier und da Momente, die Spannung erzeugen können, diese sind aber eher der Inszenierung geschuldet als dem Skript. Dieses bleibt nämlich ziemlich formelhaft und bewegt sich auf ausgetretenen Pfaden. THE DEEP HOUSE frühstückt so ziemlich jedes Versatzstück ab, das man aus ähnlich gelagerten Spukhaus- oder auch PARANORMAL-ACTIVITY-Filmen kennt, inklusive den schon mit Ansage dummen Verhaltensweisen der Protagonisten, die man aufgrund ihrer Handlungen hin und wieder gerne schütteln möchte. Überraschungen sucht man hier zudem vergebens, kann man Plotentwicklungen doch meilenweit vorhersehen und auch das Ende erahnt man schon relativ früh. Das sorgt dann auch dafür, dass der Film den Zuschauer relativ kalt lässt, auch wenn beide Hauptdarsteller sich redlich Mühe geben und das beste aus den Rollen machen, die ihnen das Skript vorgibt. Viel erfahren wir zwar nicht über die Beiden aber das ist angesichts der straffen Laufzeit auch gar nicht so wirklich, denn der Fokus liegt eindeutig auf dem Nervenkitzel. Auch die mysteriösen Vorgänge unter Wasser und die schlussendliche Eskalation wird nur vage erklärt bzw. ausgearbeitet, was dem Film zwar nicht unbedingt schadet aber das Potenzial wird somit auch nicht ausgeschöpft.
Uns lag die Mediabook-Variante aus dem Hause Turbine Medien vor. Diese ist mal wieder eine liebevoll gestaltete Sammleredition, standesgemäß hochwertig produziert. Der Film liegt sowohl in 4K Ultra-HD als auch in Full-HD als Blu-ray vor. Die Bildqualität ist entsprechend gut und holt insbesondere aus den GoPro-Shots noch eine Menge an Schärfe heraus. Der Ton liegt nicht nur 5.1, sondern im Atmos-Sound vor und ist wunderbar wuchtig. Technisch bewegt sich die VÖ auf dem gewohnten Niveau des Labels. Die Extras setzen sich aus einem sehr interessanten Making-Of, Deleted Scenes, sowie Trailern zusammen. Ein 36-seitiges Booklet von Tobias Hohmann rundet die Edition ab. Die Keep Case-Variante ist, bis auf das Booklet, identisch zur Mediabook-Version, verfügt aber zusätzlich über ein Wendecover mit anderem Motiv.
Fazit:
THE DEEP HOUSE (2021) ist ein atmosphärischer Horrorfilm mit einer spannenden Idee, guten Bildern und beklemmenden Szenen, leidet allerdings unter seinem formelhaften Drehbuch, das lediglich bekannte Genre-Motive beackert. So bleibt ein insgesamt mittelmäßiger Film, der sich allerdings für seine optischen Reize lohnt. Der nächste große Wurf ist dem französischen Regie-Duo damit aber nicht gelungen.
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