Dass ich das noch erleben darf. Einer der letzten, großen Würfe von Regisseur Brian De Palma erhält endlich auch hierzulande seine HD-Auswertung – und mehr noch: Sogar eine Mediabookvariante mit 4K UHD-Disc wurde zeitgleich veröffentlicht. STUDIOCANAL / ARTHAUS haben diesen langersehnten Fanwunsch erfüllt und das kultige Gangster-Ausstiegsepos endlich mit dem gebührenden Respekt behandelt, den dieser Film verdient hat. Ihr seht schon, ich mag den Streifen, in dem die Hollywoodstars Al Pacino und Sean Penn eine ihrer besten Karriereleistungen abliefern. Warum das so ist, erfahrt Ihr in meiner Kritik.

Regie: Brian De Palma

Darsteller: Al Pacino, Sean Penn, Penelope Ann Miller, John Leguizamo, Luis Guzmán, Viggo Mortensen

Artikel von Christian Jürs

Hier kommt der Schmerz“ – aggressive Worte eines verzweifelten Ex-Gangsters in einer scheinbar ausweglosen Situation. Und doch ist es lediglich der erste, kleine Gewaltausbruch in dieser Gangsterballade, in der ein rehabilitierter, Ex-Häftling versucht, seiner Vergangenheit zu entfliehen, um in seinem ganz eigenen Paradies Autos zu vermieten. Eine Geschichte des tragischen Scheiterns.

Nein, diese Worte sind kein Spoiler, der Film macht uns in den ersten Sekunden bereits klar, dass Carlito (Al Pacino) das Ziel seiner Träume niemals erreichen wird. In traurigen Schwarzweiß-Bildern werden wir Zeuge, wie ein Traum zerplatzt, ehe wir die ganze Geschichte des Niedergangs von der Titelfigur aus dem Off erzählt bekommen.

Dabei fängt alles so gut an. Nach nur fünf Jahren wird der, eigentlich zu dreißig Jahren Haft verurteilte, Drogengangster Carlito Brigante aufgrund eines Ermittlungsfehlers von Staatsanwalt Norwalk (James Rebhorn), den Winkeladvokat David Kleinfeld (Sean Penn) für seinen Mandanten und Freund Carlito aufgedeckt hat, wieder auf freien Fuß gesetzt. Auf der Straße wird der legendäre Gangster von seinen puerto-ricanischen Freunden mit offenen Armen aufgenommen und an jeder Ecke bietet man ihm neue, illegale Geschäfte an. Doch Carlito ist geläutert und versucht fortan auf ehrliche Art und Weise sein Geld zu machen. Sein Ziel ist es, 75.000$ auf möglichst schnellem Weg zu verdienen, mit denen er sich in der Autovermietung eines Freundes auf Paradise Island, Bahamas einkaufen möchte. Dort plant er seinen friedlichen Lebensabend, fernab der Gewalt und der Verbrechen auf den Straßen New Yorks.

Doch bereits eine Spazierfahrt mit seinem Cousin Guajiro (John Ortiz) bringt den ehemaligen Häftling wieder in die Bredouille, da dieser einen Laufburschengang für einen Drogendealer unternehmen muss. Dieser endet in einem Blutbad, dem Carlito nur mit Mühe und Not entkommen kann. Guajiro hat da weniger Glück und endet mit aufgeschnittener Kehle. Die 30.000$ aber, die er eigentlich übergeben sollte, heimst sich Carlito ein und kauft sich damit in den gutlaufenden Nachtclub El Paraiso ein, mit dem er das nötige Kleingeld für den Autoverleih verdienen möchte.

Fortan hat Carlito wieder Oberwasser. Die Geschäfte laufen gut und sogar die Beziehung zu seiner großen Liebe, der Tänzerin Gail (Penelope Ann Miller), die er einst aus Selbstschutz verließ, keimt wieder auf. Auch als der junge Schmalspurganove Benny Blanco (John Leguizamo) Carlito in seine schmutzigen Geschäfte einbeziehen möchte, kann dieser widerstehen.

Die Regenwolken, die sich langsam am Horizont aufziehen, stammen stattdessen von seinem guten Freund und Anwalt Kleinfeld, der nicht nur ein massives Kokainproblem hat, sondern auch vom im Gefängnis sitzenden Mafiaboss Taglialucci (Joseph Siravo) unter Druck gesetzt wird. Diesem entwendete Kleinfeld eine satte Million Dollar. Um nicht als Fischfutter zu enden, wird der Anwalt von dem Mafioso gezwungen, ihm bei der nächtlichen Flucht aus dem Gefängnisschiff zu helfen. Da Carlito sich in der Schuld von Kleinfeld sieht, erklärt er sich bereit, bei der Nacht und Nebelaktion behilflich zu sein. Dabei kommt es allerdings zu einer Katastrophe, die Carlitos guten Lauf jäh beendet.

Carlitos Way vereinte das Erfolgsteam des Gangsterfilmklassikers Scarface zehn Jahre später nochmals, um eine weitere Geschichte vom Aufstieg und Fall zu erzählen. Doch entgegen der Figur des Tony Montana ist Carlito Brigante kein hitzköpfiger, drogensüchtiger und machthungriger Psychopath, sondern ein besonnener und geläuterter Krimineller, der, etwas altersmüde, lediglich seinen Frieden sucht. Auch wenn Scarface zweifelsohne ein zeitloser Klassiker ist, so gefällt mir der reifere Carlitos Way deutlich besser. Die beiden Hollywoodgrößen Al Pacino und Sean Penn, die hier und da innerhalb ihrer Karriere auch mal zum Overacten tendierten, spielen zum Niederknien gut. Auch Penelope Ann Miller, Luiz Guzmán (als Freund und Gehilfe Carlitos), John Leguizamo und der in einer kleinen Rolle auftretende Viggo Mortensen sind einfach grandios. Brian De Palma verstand es damals noch, absolut elegant zu inszenieren und reiht hier eine toll gefilmte Plansequenz an die nächste – ein optischer Genuss. Im Finale darf er dann nochmal seinen Klassiker The Untouchables – Die Unbestechlichen zitieren, wenn es zum großen Shootout in einem Bahnhof kommt. Eine beeindruckende und, trotz des stetig gewissen Ausgangs, wahnsinnig spannende Sequenz.

Mir lag zur Rezension die Blu-ray-Variante vor und die sieht bereits fantastisch aus und klingt auch so. Der englische Ton kommt im DTS-HD Master Audio 7.1 Format daher, die deutsche Tonspur gibt sich mit selbigem in 5.1 zufrieden – und auch die klingt großartig, als wäre der Film brandneu und hätte keine 30 Jahre auf dem Buckel. Im Bonusbereich findet man ein 35-minütiges Making-of, Deleted Scenes, eine Promotion Featurette, De Palmas Worte zum Film und Trailer. Das Mediabook soll zudem über ein 32-seitiges Booklet verfügen.

Von mir gibt es hier – egal in welcher Variante – eine absolute Kaufempfehlung.

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